Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs - Kern, C: Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs
Fuß an. »Na los, Bruder, aufstehen. Oder willst du hier mit Tamati und den anderen allein bleiben?«
David knurrte noch einmal ungehalten und schälte sich umständlich aus seinem Schlafsack. »Etwas Gutes hatte der Schlaf wenigstens «, sagte er und gähnte herzhaft. »Ich fühle mich schon viel besser. Ich habe auch nicht mehr ständig das Gefühl, dass es Nadja schlecht geht.«
Rian lächelte und spähte aus dem Fenster. Die Natur hatte am vorherigen Tag schon unglaublich unberührt gewirkt, aber nun, im Licht der Morgensonne, sah sie aus wie das reinste Paradies. Sattgrüne Wiesen, flaschengrüne Palmen und Büsche mit rosa und gelben Blütentupfern und dazwischen die herrlich geschnitzten Häuser von Pukearuhe. Über allem spannte sich ein tiefblauer Himmel. In der Ferne konnte Rian durch ein Tal zwischen zwei Hügeln das Meer sehen.
Eigentlich schade, dass wir wieder von hier wegmüssen. Und so bald! Aber ich mag diese netten Leute nicht länger anlügen. Die Gegend ist so schön ... Bestimmt gibt es irgendwo ein Portal. Es ist wirklich ein Jammer, dass uns die Kraft dazu mehr und mehr schwindet und dass wir Tamati und seine Familie nicht fragen können, ob sie uns helfen. Aber wir dürfen sie nicht in unsere Suche und den Kampf gegen Bandorchu hineinziehen, David hat völlig recht
.
Seufzend drehte sie sich um und zog sich an.
Es wunderte David und Rian kaum, dass beim Frühstück wieder die ganze Familie versammelt war. Jimmy Raunga grinste Rian halb frech und halb verlegen an, was Großmutter Maata mit einem missbilligenden Schnauben bedachte. Dennoch stand sie auf und holte für die Zwillinge je eine Tasse Kaffee.
Die beiden sagten diesmal nicht sehr viel, es war die Familie selbst, die sprach. Meist in Maori. Tamati machte einen wesentlich zufriedeneren und entspannteren Eindruck als noch am Abend, wie Rian bemerkte. Mittlerweile hatte sie keine Schwierigkeiten mehr, der Unterhaltung auf Maori zu folgen, doch sie war nicht sehr spannend. Hauptsächlich ging es um das, was an diesem Tag alles zu tun war. Da war von einem
haka
die Rede, vom Instandsetzen der Zäune am Nachmittag und vom Reparieren der Fischnetze unten am Anlegeplatz. Die Zwillinge warfen sich einen kurzen und wissenden Blick zu und bemühten sich auch weiterhin, so zu tun, als verstünden sie kein Wort.
Bald würden sie verschwunden sein und den Waka Nenes nicht länger auf die Nerven fallen. Auch wenn sie noch so freundlich waren, Rian war erleichtert, dass sie dann nicht mehr lügen musste. Seltsam, sonst hatte sie keinerlei Schwierigkeiten damit; Lügen gehörte zu den Charaktereigenschaften der Elfen.
Als Tamati ihr noch eine Tasse Kaffee anbot, nickte sie freundlich, aber halb in Gedanken und bedankte sich.
Auf Tamati Waka Nenes Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. »Es ist schön, dass ihr endlich unsere Sprache versteht«, sagte er zu ihrer grenzenlosen Überraschung. »Dann können wir ja jetzt mit euch über die wahre Geschichte sprechen, die euch hierher gebracht hat.«
Rian und David brauchten einige Sekunden, um sich zu erholen. In der Küche, in der sich die ganze Familie des
tohunga
von Pukearuhe versammelt hatte, hätte man eine Stecknadel fallen hören. Draußen bellte ein Hund.
»Wovon sprechen Sie, Mister Tamati?«, brachte Rian schließlich hervor und versuchte, so auszusehen, als wüsste sie wirklich nicht, was der Schamane meinte.
Doch am Lächeln des stämmigen und großen Mannes änderte sich nichts. Er betrachtete Rian weiterhin so heiter und entspannt, als hätte er gerade ein ganz besonders gutes Frühstück hinter sich. Nur sein Blick wurde bei ihrer Frage ein wenig ernster.
Er beugte sich vor und sah Rian direkt in die Augen. »Du merkst nicht, dass du mit mir gerade in Te Reo Maori sprichst, nicht wahr?«
Rian fuhr zu David herum, der nur eine kurze Geste der Hilflosigkeit machte. Dann wandte sie sich wieder zu Tamati Waka Nene. Es war albern, aber sie stellte sich noch einmal dumm. Sie wollte ein wenig Elfenzauber dazu wirken, aber er funktionierte nicht, was einigermaßen verstörend war.
»Wie könnte ich das?«, fragte sie leichthin und nippte wieder an ihrem Kaffee. »Ich habe eure Sprache bis gestern nie gehört und beherrsche sie nicht. Woher auch? Ich mache hier das erste Mal Urlaub, und ihr sprecht doch alle Englisch, oder nicht?«
Leises Lachen war um den ganzen Tisch herum zu hören.
Nur Jimmy Raunga sah sich stirnrunzelnd um. Er schien nicht zu begreifen, was vor sich
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