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Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes

Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes

Titel: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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es, die Erinnerungen
daran
mit jemandem zu teilen.
    »Erzähl es mir«, wiederholte sie, sanft drängend. »Sag mir, was dich bedrückt.«
    Annes Augen entwickelten eine Art Sog. Sie fesselten ihn, ließen ihn alles andere vergessen. Die Umgebung des King’s Arms trat vollends in den Hintergrund. Gelächter, Gemurmel und Geschrei verschwanden. Selbst Roberts Geruchsempfinden endete. Da waren nur noch diese Augen; hinter schmalen, sich stetig verändernden hellen Streifen in der Iris befand sich der Zugang zu einer anderen Welt. An einen Platz, an dem alles viel einfacher und friedlicher war. Dorthin, wo Robert losgelöst und bar jeglicher Sorge zu leben und zu ... sprechen vermochte.
    »Ich kann nicht«, sagte er mit zitternder Stimme.
    Annes Finger streichelten wieder über sein Gesicht. Von den Wangen kommend über die Mundwinkel hinauf zur Nase, dann zu den Schläfen. Sie tat dies mit unglaublich anmutender Vertrautheit. Als würde sie jeden Quadratzentimeter seiner Haut kennen und wüsste ganz genau, wo und wie er Zärtlichkeiten benötigte ...
    »Lass dich fallen!«, flüsterte sie.
    Robert war, als zöge sie die Worte aus ihm heraus, um sich an ihm zu laben. Wiederum spürte er diese unbestimmbare Gier, die von ihr ausging ...
    Er atmete tief durch und stützte sich schwer auf Annes Hand. Sie war so weich, so angenehm, so verheißungsvoll.
    Dann kamen die Worte. Spröde und sperrig zuerst, jede Silbe eine Qual. Wie bei einem Dammbruch wurde es leichter, je länger er redete. Und schließlich sprudelte es aus ihm heraus. Nicht mehr zu stoppen. All das, was ihn seit so vielen Jahren quälte.
    »Es war in London«, sagte er. »Am fünften November. Heute vor fünfzehn Jahren. Der Tag, an dem Sandra, meine kleine Tochter, und meine Frau Lisa starben ...«

11 Gofannon
Die Mühen der Ebene
    Es war kein bewusstes Marschieren. Es war wie ein Dahintreiben in zäher Flüssigkeit, in ewiger Qual, mit dem Wissen im Hintergrund seines Bewusstseins, dass es niemals enden würde. Und dennoch ging er weiter. Um Buße zu tun für einen Fehler, den er nicht begangen hatte. Um Königin Bandorchu zu beweisen, dass er alle Mühsal auf sich zu nehmen bereit war, um ihre Gunst erneut zu erringen.
    Weite, glasierte Flächen mit wenigen runden Formen machten irgendwann einem schroffen Gebirge Platz. Es bestand aus tausendfach geschliffenen Facettenblöcken, die übereinandergelegt und -geschmissen schienen. Als hätte ein Riese mit seinen Murmeln gespielt.
    Feinster diamantener Sandabrieb wurde vom Wind über das Vorland getragen. Er schmirgelte die Haut ab, verstopfte die Nasenlöcher, sorgte für entzündete Augen. Die einst durch sein Gottsein geschützte Körperlichkeit machte schreckliche Metamorphosen durch. Blutende, eiternde Geschwüre; entzündete, faulende Zähne; nässende Hautflechten; Brechreiz und Schwindel. Dies alles formte ihn, brachte eine neue Dimension des Schmerzbewusstseins mit sich. Die Folter in den Kerkern Fanmórs geriet in Vergessenheit, erschien ihm bloß noch als unbedeutender Traum. Als Spiel, das mit der jetzigen Wirklichkeit nichts zu tun hatte.
    Gofannon erreichte das Prismengebirge. Er wusste, dass er es überwinden musste. Dahinter mochten sich weitere Ansiedlungen von Verbannten befinden. Solche, deren Wissen und Geschick die Königin möglicherweise benötigte.
    Also begann er zu klettern.
    Er wickelte Tücher um seine Finger, um sie vor den scharfen Kanten des Steins zu schützen. Und dennoch färbte sich der Stoff bald rot, während er seinen ausgemergelten Körper über die seltsamen Hindernisse wuchtete.
    Immer näher, so meinte er, kam er Sonne und Wolkenbändern. Längst hatte er seine Angst vor dem brennenden Gestirn verloren. Ein Schild aus Gleichgültigkeit umgab ihn. Er wusste nicht, ob er ebenso entseelt wie die Elfen und ihre Königin war; diese Dinge waren vergessen. Übrig geblieben war eine unbestimmte Sehnsucht nach dem Früher. Nach der Heimat, nach dem schroffen Land, in dem er über seine Untertanen geherrscht und es vermittels Edikten in seiner Göttlichkeit regiert hatte.
    Er hielt inne und schnappte gierig nach Luft. Immer noch ragten die durcheinandergewirbelten Diamantensteine so hoch, dass er kein Ende des Aufstiegs erkennen konnte. Jeder Schritt musste bewusst gesetzt werden. Überall in den Löchern, Spalten und Schründen lauerte Gefahr. Ein einziger Fehltritt, und er drohte abzustürzen, um irgendwo zu landen, mit zerschmetterten Gliedern. Jahrhunderte würde er dort

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