Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes
durstige Kehle hinab.
Anne kehrte zurück. Ihr Körper war über und über mit Schweiß bedeckt. Sie lächelte unbestimmt und schlüpfte in ein Hemd.
»Es wird Zeit, dass du gehst.«
Sie scherzte, trieb irgendein Spielchen mit ihm. »Es gefällt mir ganz gut hier.« Robert grinste. »Hast du für mich auch etwas zu trinken?«
»Bediene dich selbst im Kühlschrank. Und dann verschwinde, bitte schön.«
»
Wie
bitte?« Er richtete seinen Oberkörper auf. Sein Herz schlug mit einem Mal schneller.
»Du hast mich schon verstanden, Robert. Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut – aber nicht mehr als das.« Anne schöpfte mit beiden Händen Wasser aus einer Waschmuschel, die sich links neben dem Bett befand, über ihren Oberkörper. Sie trocknete sich ab, ließ das Handtuch achtlos fallen und schlüpfte in ihren Slip. »Ich muss nachdenken. Allein sein, klar? «
»Aber ... aber ...«
»Sieh mal.« Sie setzte sich zu ihm, an die Kante des Bettes, und tätschelte sein Knie. »Ich bin ein Instinktmensch. Ich folge dem, was mir mein Herz sagt, ohne lange darüber nachzudenken. Da war diese Trauer in dir, und ich fand, dass ich dir ein wenig helfen sollte, sie zu überwinden. Alles Weitere, so meinte ich, würde sich ergeben.« Anne zuckte die Achseln. »Der Sex war schön. Ich fühle mich wohl bei dir. Du bist sehr einfühlsam, und du hast gewisse Qualitäten. Aber das allein reicht mir nicht. Ich muss dieses
gewisse Etwas
spüren. Verstehst du?«
Nein, tat er nicht. »Das ist doch nicht dein Ernst!« Robert fühlte Wut in sich wachsen. »Erwartest du etwa, dass bereits nach ein paar Stunden Beisammensein alles in absoluter Harmonie verläuft? Dass wir eine
Seelenverwandtschaft
füreinander entdecken?« Der Zyniker, der den größten Teil seines Lebens beherrschte, drängte sich in den Vordergrund und verscheuchte alle schönen Gedanken, denen er eben noch nachgehangen hatte.
»Das, mein Lieber, am allerwenigsten.« Anne lachte auf, wurde aber gleich wieder ernst. »Es gibt kein Wort dafür, wie und was ich empfinde. Ich spüre, ob etwas passt oder nicht.«
Robert stieß ihre Hand zornig beiseite und rückte an den Rand des Bettes, so weit wie möglich weg von Anne. Er konnte und wollte nicht glauben, was diese Frau plötzlich von sich gab. Sie wirkte wie ausgewechselt. Kühl, unpersönlich, desinteressiert.
»Du musst es nicht verstehen«, sagte sie und drehte ihm den Rücken zu. »Es reicht, wenn du es akzeptierst. Und jetzt geh, bitte.«
Robert fühlte sich wie betäubt. Er stand auf, wusch sich seine Wut aus dem Gesicht, zog sich an. Die antrainierten Automatismen seines Berufslebens griffen. Er tastete nach den beiden Kameras, blickte in die Fototasche und überprüfte die Ausrüstung. Als müsste er sich auf einen neuen Job vorbereiten und den alten gedanklich beiseiteschieben.
»Das war’s also?«, fragte er, ohne Anne anzublicken.
»Du weißt, wo du mich erreichst. Ich hinterlasse eine Nachricht.« Sie blieb auf ihrem Bett sitzen, die Hände im Schoß gefaltet. Wie ein verängstigtes kleines Mädchen. Stimme und Worte straften ihre Körpersprache Lügen.
»Versprochen?« Was bewog ihn dazu, sich so weit zu erniedrigen und nachzuhaken? Er wusste doch, dass sie nicht die Wahrheit sagte.
Anne presste die Lippen aufeinander und nickte.
Robert drehte sich um und ging davon. Den dunklen Gang entlang. Angewidert umrundete er die Stelle, an der sie sich das erste Mal geliebt hatten. Der Boden war hier feucht vom Schweiß und frei von Staub. Er verließ die Wohnung und schmetterte die Tür hinter sich zu, so kräftig er konnte.
Er stürzte die wenigen Stufen hinab und lief davon. Weg von dieser Frau, die ihn in dieser Nacht in lichte Höhen gehoben hatte, um ihn gleich darauf ins tiefste Fegefeuer zu stoßen.
Zornig schritt er voran, einfach drauflos. Es kümmerte ihn kaum. Ihm war egal, wohin sein Weg führte. Hauptsache weg von hier.
Die Umgebung verschwamm vor seinen Augen. Seltsame Bilder überlagerten sich, geboren aus dem Wahnsinn, den er in seinem Leib toben spürte. Schmerzen in der Brust, den Beinen und den Armen ließen ihn stehen bleiben und zwangen ihn zu Boden.
Was geschah mit ihm? Was hatte Anne Lanschie mit ihm gemacht? Er wusste kaum etwas über sie, wenn er darüber nachdachte. Lag er etwa hier, um an gebrochenem Herzen zu sterben?
23 Gofannon
Die Geburt eines neuen Gottes
Er stolperte aus dem Portal, von seltsamem Schwung getragen, und wurde gegen eine fein ziselierte
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