Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes
Dunkelsäule geschleudert. Seine Nase brach, die Rippen krachten laut.
Blut lief in seinen Mund, und dennoch lachte Gofannon lauthals auf. Er war zurück in seinem Körper!
Stierköpfige Wesen machten auf sich aufmerksam, indem sie laut durch ihre Nüstern bliesen. Sie verbreiteten animalischen Gestank. Auf dem fleischigen Nacken sprangen Flöhe fröhlich auf und ab.
Eines der Geschöpfe packte ihn und richtete ihn unwirsch auf. »Bdie Königin bwartet auf bdich!«, sagte es undeutlich. Ein schwerer Ring, der durch Nüstern und Maul getrieben war, behinderte es beim Sprechen.
Gofannon wollte sich mit dem Handrücken das Blut aus seinem Gesicht wischen – und verpasste dabei seltsamerweise sein Ziel. Die Körperkoordination war ihm verloren gegangen; kein Wunder nach all der langen Zeit in diesem fragilen Menschenwesen.
Er folgte dem Stierköpfigen. Während seiner Abwesenheit hatte sich einiges getan. Die Zitadelle der Königin war abermals verändert. Weitere architektonische Lösungen, die aus der Vorstellungskraft der Königin hervorgegangen waren, hatten aus dem einst einfachen schwarzen Monolithen einen Platz mit Charakter geformt. Gänge, Schächte, Abwasserkanäle, Kühlgruben – dies alles bekam er während des kurzen Weges zu Gesicht. Säulen. Brücken. Arkaden. Erker. Ruhenischen. Stukkaturen mit Dämonenfratzen im Zentrum. Raffiniert angelegte Gespinste, die die Sinne zu verwirren drohten. Strafbänke und Folterinstrumente, die wohl zur Belustigung der Königin dienten. Ein überdimensionaler Kochtopf, aus dem grässliches Schreien gellte. Windräder, von laut im Kreis stampfenden Riesenmäusen angetrieben; sie verursachten weithin durch die Räume hallende Echos, deren Verzerrungen sich wie Panikschreie anhörten.
Bandorchu war zweifelsohne dabei, ihr neues Reich in ihrem Sinne zu kultivieren. Viel Dunkelheit sprach aus diesen architektonischen Feinstlösungen. Viel Bitterkeit und auch viel Hass.
»Hbier rein!«, schnaufte der Stierköpfige. Er trieb Gofannon vor sich her, schubste ihn unwirsch durch den schmalen Spalt zweier riesiger Tore.
»Sieh mal einer an!«, ätzte Bandorchu. »Unser kleiner, göttlicher Freund beehrt uns endlich mal wieder.«
Gofannon warf sich zu Boden und berührte ihn mit seiner Stirn. Schmerzstaub wirbelte hoch.
Worte, die er sich während des Weges hierher in den Thronsaal zurechtgelegt hatte, wollten nicht aus seinem Mund. Sie steckten fest. Die Präsenz der Königin war zu stark, war zu schmerzhaft.
»Steh auf und tritt näher«, sagte sie mit einer Sanftmut, die er selten zuvor an ihr bemerkt hatte. »Bevor ich ein Urteil über dein offensichtliches Versagen fälle, möchte ich deine Geschichte hören. Wir sind neugierig ...«
Wir?
Gofannon erhob sich zögerlich und blickte in Richtung der Königin.
Ihre ätherische Schönheit hatte an Qualität gewonnen. Sie wirkte reifer und gefasster. Jene Züge der Ungeduld, die sie früher in sich getragen hatte, waren verschwunden. Dort vorne saß eine Schwarze Witwe, die haargenau wusste, wann sie zupacken musste, um sich mit ihrem Gegenüber in einem Moment der Ekstase und des Todes zu vereinigen.
Eine prickelnde Aura hüllte sie ein, drängte ihre körperlichen Vorzüge noch weiter in den Vordergrund. Sie war atemberaubend. So unglaublich attraktiv, dass sein eigener, eben erst zurückgewonnener Körper vor Verlangen schier zerschmelzen wollte.
Hinter ihr jedoch, im breiten Schatten des Throns, lauerte etwas abartig Böses. Ein anderes Wesen. So albtraumhaft schlecht, dass es keine Worte, keine Superlative dafür gab. Seine Essenz wurde nicht wie die der Königin durch Schönheit in eine Form gegossen; es war unantastbar, ungreifbar, unbegreifbar.
Dieser da stellte das perfekte Werkzeug in den Händen Bandorchus da. Er nahm jene Rolle ein, die Gofannon so gerne für sich beansprucht hätte.
»Erzähle!«, forderte ihn die Königin ein zweites Mal auf. Ihre Ungeduld war nicht zu überhören. Sie schlug ihre Beine übereinander und überstrapazierte für einen grässlichen Moment seine Fantasie.
»Während ich durch das Portal reiste«, begann Gofannon zögernd, »verlor ich meinen Körper. Nur meinem Bewusstsein gelang es, ins Reich der Menschen vorzudringen. Und dort war ich gezwungen, Fanmórs Fluch nachzukommen ...«
Mit spröden Worten schilderte er seine Erlebnisse. Die Gefühle der Hilflosigkeit, die ihn dabei begleitet hatten. Das Wissen, wie eine Marionette gesteuert zu werden, keinerlei Einfluss mehr
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