Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes
lächelte, schmiegte sich an seine Schulter und reichte ihm ihre halb gerauchte Zigarette. Diese einfache Geste erschien ihm als intimer Akt sondergleichen. Als wollte sie sagen, dass sie von nun an alles mit ihm teilen wollte.
Robert blickte sich um. Irgendwie waren sie doch noch im Bett gelandet. Eine staubige Decke wärmte sie, am wackeligen Nachtkästchen brannte ein schwaches Licht.
Anne legte wohl nicht viel Wert auf Einrichtung. Mehrere Keramikvasen mit geschmacklosem Artdéco-Muster standen auf dem Boden. Plastikblumen steckten darin; manche von ihnen waren abgeknickt, andere von der Sonne ausgebleicht. Ein riesiger Glas- Aschenbecher neben dem zentralen, runden Tisch war fast bis zur Hälfte gefüllt. Ein aufgeklappter Pizzakarton, aus dem Überbleibsel einer Mahlzeit hervorlugten, hing über den Rand eines abgenutzten Chippendale-Stuhls, und die Tischplatte war mit Essensresten übersät. Das breite Bett stand in der Mitte des Raumes. Als wäre es das Zentrum von Anne Lanschies Leben.
Und wenn es tatsächlich so war? Würde sie jetzt aufstehen, »Ätsch, reingelegt!« sagen und ihn um hundert Pfund zu erleichtern versuchen?
Na und – sollte sie! Er hätte gerne und bereitwillig gezahlt. Etwas Derartiges hatte Robert noch nie erlebt. Anne verstand sich darauf, alles, was er in sich trug, aus ihm herauszukitzeln. Sie
forderte
und
förderte
. Sie gab und nahm, hielt die Dinge in einem alles erfüllenden Gleichgewicht.
»Wem gehört die Staffelei dort drüben?«, fragte Robert und deutete in eine Nische. »Etwa dir?«
»Nein.« Annes Lippen wurden schmal. »Ein Freund von mir verbrachte einige Zeit hier in York und malte. Ein verrückter New Yorker, der auf einem Selbstfindungstrip war und Ruhe von der Hektik im Big Apple benötigte. Du weißt schon ...«
»Ist das schon lange her?«
»Höre ich da Eifersucht in deinen Worten durchklingen?« Anne richtete sich ein wenig auf. Ihre Brüste – handgroß und handlich – rutschten in Form. Sie legte ihm einen Finger auf die Nasenspitze. »Hör zu, mein Lieber: Was auch immer ich mit wem auch immer getrieben habe, geht dich nichts an. Kapiert?«
»Ist schon gut, Anne. Ich hab’s nicht so gemeint ...«
Sie zog die spitze Kralle ihres Fingernagels von der Nase hinab über seinen Mund, das Kinn und den Hals. Die Bewegung erzeugte prickelnden Schmerz.
»Ich spiele gerne mit offenen Karten, Robbie. Ich hatte in meinem Leben bereits eine Menge Freunde. Ich genieße Sex. – Warum auch nicht? Ist ja eine herrliche Sache, nicht wahr? – Aber ich bin immer treu geblieben. Ich hatte immer nur Platz für einen Menschen im Kopf. Und momentan bist
du
das. Alles klar?«
Robbie ... Niemals zuvor hatte ihn jemand so genannt. Es hörte sich ungewohnt an. Lisa hatte
Rob
gesagt, wenn sie es zärtlich meinte, und
Robert
, wenn sie ungehalten war, mit Betonung auf der zweiten Silbe. Doch dieses
Robbie
– es klang frisch und unverbraucht. Ein neues Wort, ein neuer Lebensabschnitt.
»Alles klar«, murmelte er gedankenlos. »Ich habe verstanden.«
»Sehr brav. Ich denke, du verdienst eine Belohnung.«
Annes Hand glitt noch tiefer hinab. Sie wühlte sich durch seine Brusthaare und tätschelte seinen Bauch. Robert spannte die Bauchmuskulatur an, soweit es ihm möglich war. Er genierte sich für die Speckschwarte, die um seine Leibesmitte hing. Zu viele Biere und Schnäpse hatten Spuren hinterlassen. Sein unruhiges Leben, die vielen Nachtschichten und all die endlosen Besprechungen in verrauchten Redaktionsbüros hatten auch nicht unbedingt geholfen, die körperliche Fitness zu bewahren.
»Entspanne dich«, sagte Anne, als ahnte sie, was ihn bewegte. »Es braucht wohl ein wenig Zeit, um dich in Form zu bringen; aber das kriege ich hin.« Auch ihr Kopf glitt nun an seinem Körper hinab. Tiefer, immer tiefer. »Pass auf die Zigarette auf«, murmelte sie.
Zigarette? Er hatte den Glimmstängel vollkommen vergessen. Er machte ihn aus, schloss die Augen und genoss, was ihm Anne zu bieten hatte.
»Das war unglaublich!«, sagte Robert völlig erschöpft.
»Du wiederholst dich.«
Anne schwang ihre langen, blassen Beine aus dem Bett und marschierte aus dem Zimmer. Ihr herzförmiger Popo, dessen feste Hälften im Takt ihrer Schritte wackelten, fachte Roberts Fantasie erneut an.
Sie geriet aus seinem Gesichtsfeld. Ein vager Lichtschein drang aus der Küche. Er hörte das schmatzende Geräusch einer sich öffnenden Kühlschranktür; dann das Gluckern von Flüssigkeit, eine
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