Elfenzeit 3: Der Quell der Nibelungen - Themsen, V: Elfenzeit 3: Der Quell der Nibelungen
Schritte.
Sie wagte erneut einen kurzen Blick durch das Rückfenster. Der Kapuzenmann schritt zügig die Auffahrt hinunter und hielt auf den Feldweg Richtung Siegfriedsbrunnen zu. Wer auch immer bei ihm gewesen war, war entweder zurück zum Auto gegangen oder hatte einen anderen Weg genommen, denn Nina konnte sonst niemanden sehen.
Unschlüssig starrte sie ihm hinterher, bis er den Waldrand erreichte. Er hatte etwas mit David und Rian zu tun, so viel war klar.
Und die Geschwister suchten irgendetwas, auch das hatte Nina begriffen. Sie wusste, dass ihre Begleiter keine Journalisten waren. Sie interessierten sich in keiner Weise für die Geschichten der einzelnen Brunnen, ihre Beziehung zur Nibelungensage oder auch nur die touristischen Aspekte der Rundfahrten, die sie machten. Sie hatten jeden einzelnen Brunnen genau unter die Lupe genommen und auch das Umfeld stets untersucht.
Wilde Gedanken an Agenten, versteckte Akten und Verfolgungsjagden schossen durch Ninas Kopf. War vielleicht wirklich etwas an dem, was die beiden über ihre besondere Herkunft erzählt hatten? Hatte jemand an einem Siegfriedsbrunnen etwas hinterlegt, was ihnen half, wieder in ihre alte Stellung zurückzukehren? Oder waren sie Interpol-Agenten, die den geheimen Übergabepunkt eines Handels zwischen Verbrechern oder Terroristen suchten? Waren sie vielleicht – dieser Gedanke gefiel ihr gar nicht – selbst Kriminelle?
Nina rief sich zur Ordnung. Ihre Fantasie ging nun wirklich mit ihr durch. Vermutlich gab es für all das einen ganz normalen und prosaischen Hintergrund. Wenn David und Rian wieder zurückkamen, würde sie sie einfach nach der Identität des Unbekannten fragen.
Wenn
sie wieder zurückkamen.
Sie schüttelte den Kopf und wollte sich wieder hinlegen, doch etwas hielt sie zurück.
War das hier nicht, worauf sie immer gewartet hatte? Stets sehnte sie sich nach Magie, Spannung, Mystik und Abenteuer in ihrem Leben. Nun, David hatte ihr Magie gebracht. Und leibhaftige Spannung.
Und falls sich am Ende alles in Wohlgefallen auflöste?
Dann hätte sie zumindest in ihrer Fantasie einmal ein Abenteuer durchlebt. Was machte es schon, wenn es nicht der Realität entsprach? Niemand würde es je wissen.
Nina grinste sich selbst im Rückspiegel an, öffnete die Tür und stieg aus.
Rian ging auf dem schmalen und durch die Feuchtigkeit des Nebels etwas schlüpfrigen Weg voran. Der Wald lichtete sich bald, man konnte Sitzbänke sehen sowie einen hohen Gedenkstein mit einem Kreuz darauf und die Siegfriedsquelle selbst. Das Wasser drang an einer mit einem Naturstein geschützten Stelle aus dem Hang und lief über weitere Steine in einem schmalen, von Farnen eingefassten Bett abwärts. Ein kleiner Steg führte etwas unterhalb der Quelle über das Bachbett, und von dort verlief ein Pfad zu einer runden Ruhehütte weiter oben am Hang. Stimmen drangen von dort zu ihnen.
Gerade als Rian am Kreuzstein vorbeiging, erschien auf der anderen Seite des Baches eine junge Frau mit dunkelrot gefärbten Haaren, vor denen lange silberne Ohrringe mit Mondsteinen hingen. Sie trug einen dicken blauen Anorak, unter dem ein bunter Wollrock hervorschaute. Ihre Füße steckten in schwarzen Stiefeln, und in den mit silbernen Ringen und Armreifen geschmückten Händen hielt sie eine kleine Glasflasche.
Die junge Frau nickte Rian und David mit einem freundlichen Lächeln zu, als sie sie bemerkte. Dann folgte sie dem Bachbett, den Blick suchend auf das Wasser gerichtet.
Neugierig trat Rian näher. »Wollen Sie etwas von dem Wasser in die Flasche füllen?«
Die Rothaarige sah zu ihr auf. »Ja, aber es scheint, als wäre das nicht so einfach. Das Wasser läuft einfach zu flach über die Steine, da gibt es nichts, wo man die Flasche hineinhalten könnte.« Ratlos sah sie wieder auf den Bach hinunter. »Wir müssen wohl das Wasser nehmen, das wir mitgebracht haben.«
»Wofür brauchen Sie es denn?«
Die Frau steckte die kleine Flasche in eine ihrer Anoraktaschen und sah zu Rian. Ein vorsichtiger Ausdruck trat in ihre Augen.
»Wir machen hier eine kleine Feier, zu Allerheiligen«, sagte sie. »Dazu nehmen wir gerne frisches, reines Quellwasser.«
»Allerheiligen?«, fragte David nach. »Sie meinen das Samhain-Fest?«
»So nennt man es auch«, antwortete die Frau mit einem leichten Lächeln.
»Ah. Warten Sie, ich glaube, ich kann Ihnen helfen.«
David ging ganz am Bachbett hinauf. Vor der Quelle stellte er sich breitbeinig auf die Steine, sodass das Wasser
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