Elfenzeit 3: Der Quell der Nibelungen - Themsen, V: Elfenzeit 3: Der Quell der Nibelungen
schon Sorgen gemacht.«
»Ich war nur auf der anderen Seite dieses Hügels.« Sie zeigte hinter sich. »Kurz nachdem ihr weg wart, hörte ich aus der Richtung Stimmen und bin nachschauen gegangen, wen es an einem so grauen ersten Novembertag wohl noch hinaustreibt. Der Waldweg, der unten zwischen dem Stein und der Stahlstatue zur Seite weggeht, führt dahinten hoch. Als ich über den Hügel kam, stieg gerade jemand in ein Auto, wendete und fuhr weg. Ich bin dann noch eine Weile dort sitzen geblieben, weil es so herrlich ruhig war.«
»Hast du genauer gesehen, wer in dieses Auto gestiegen ist?«, fragte Rian.
Nina schüttelte den Kopf. »Nicht genau. Ich denke, es war ein Mann, zumindest hat die Stimme männlich geklungen, die ich gehört habe. Aber er trug so etwas wie einen langen Kapuzenmantel. Bestimmt war es kein Waldarbeiter oder Forstmann. Eher jemand, den es hinausgetrieben hat, um Samhain zu feiern.«
»Samhain?« Rian sah Nina verständnislos an. »Wer feiert hier den Herrn der Totenwelt?«
»Heiden«, antwortete Nina mit einem Achselzucken. »Solche Ich-will-wieder-im-Einklang-mit-Natur-und-Kosmos-leben-Typen, die sich aus allerlei mehr oder weniger gut fundiertem Halbwissen über alte Religionen ein Weltbild zusammengebastelt haben, das ihnen passt. Meist sind es harmlose Spinner auf der Suche nach etwas Magie für ihr tristes Leben, Esoteriker und so, aber manche von denen sind auch schon ziemlich heftig drauf. Dieser Kapuzentyp kam mir wie einer von der heftigeren Sorte vor, falls er wirklich dazugehört. Ist nur so ein Gefühl, aber …« Erneut zuckte sie die Achseln.
Rian und David sahen sich an und wussten, dass sie das Gleiche dachten.
Der Getreue war hier gewesen, und er war ihnen einen Schritt voraus.
Graue Wolken zogen tief über den Himmel, und Nebelfetzen hingen im Wald, der den Hügel bedeckte, an dessen Fuß sie einige Zeit später erneut das Auto abstellten. Sie waren nicht die Einzigen, die diesen Parkplatz nutzten, doch das Auto, das Nina beim Lindelbrunnen gesehen hatte, war nicht unter den abgestellten Fahrzeugen.
»Das sind nicht nur Leute aus der Region«, stellte Nina mit einem Blick auf die Nummernschilder fest. »Scheint, als hätte ich mit meiner Vermutung recht gehabt. Hier treffen sich Leute für ein Samhain-Fest, und der vorhin hatte sich wohl nur im Ort vertan.«
Sie sah prüfend zum Himmel. »Wenn ihr die Quelle noch sehen wollt, solange es hell ist und ohne dabei diesen Leuten in die Quere zu kommen, solltet ihr euch beeilen.«
»Kommst du nicht mit?«, fragte Rian überrascht.
Nina schüttelte den Kopf. »Ich habe es nicht so mit Heidentypen. Ich war vor einiger Zeit mal mit einem zusammen, und der hatte seltsame Ansichten über einige Dinge, die unser Zusammenleben betrafen. Jedenfalls habe ich seither beschlossen, dass sie ihr Leben führen sollen und ich meines. Am besten stören wir uns einfach gegenseitig gar nicht.«
Rian entging nicht, dass Nina sich bei dem Gedanken, auf diese »Heiden« zu treffen, sichtlich unwohl fühlte, und daher drängte sie nicht weiter.
»Bleibst du hier beim Auto, oder was hast du noch vor?«
»Ich denke, ich werde mich ein wenig auf der Rückbank hinlegen. Nach der Wegbeschreibung im Internet ist es ab hier ein Fußmarsch von etwa 20 Minuten plus die Zeit, die ihr da oben verbringt – das sollte mir für eine ordentliche Mütze Schlaf reichen. Ich habe das Gefühl, sie im Moment dringend zu benötigen.« Sie lächelte David kurz an. »Wer weiß, was der Abend noch bringt.«
David erwiderte ihr Lächeln und fuhr sich mit der Hand durch das Haar. Nina seufzte und öffnete die hintere Autotür.
»Viel Erfolg euch beiden«, sagte sie und winkte kurz, ehe sie einstieg und die Tür hinter sich zuzog.
Rian machte eine Kopfbewegung auf den Feldweg zu, an dem sie im Vorbeifahren das Schild mit der Aufschrift »Siegfriedsbrunnen» hatten stehen sehen. David warf noch einen kurzen Blick zurück zum Auto, ehe er nickte.
Sie gingen vom Parkplatz hinunter und an einem einsam gelegenen Wohnhaus vorbei auf den ansteigenden Weg zu, der sie zwischen Wiesen hindurch zum Waldrand führte. Dort teilte er sich in zwei Pfade auf, die laut der Schilder beide mit unterschiedlichen Wanderzeiten zum Brunnen führten. Einer war breit und geschottert und wand sich mit sanftem Anstieg am Berg hinauf, der andere ein steiler Waldpfad.
Sie entschieden sich für den steileren, unbefestigten Pfad und gingen zwischen hohen Kiefern und über Wurzeln und
Weitere Kostenlose Bücher