Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig - Schartz, S: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig
schließlich, hangelte sich bis zum Türdrücker hoch und schnippte mit den dünnen Fingern. Die Tür schwang knarrend nach innen auf. Fabio betrat das Gebäude als Erster, gefolgt von Nadja und Rian. Grog schleppte ächzend Koffer und stauchte den Pixie zusammen, ihm gefälligst zu helfen.
»Finster«, stellte Nadja fest. Seltsamerweise roch es nicht unangenehm, nur ein wenig muffig und verstaubt, etwas feucht natürlich, aber ansonsten fast wie in einem Museum.
Fabio öffnete nacheinander die grünen Läden; die Decke war wirklich sehr niedrig. Hier unten sowie im Zwischenstock fanden sich nur Wirtschaftsräume, Vorratslager, Rumpelkammern und dergleichen mehr. Überall hingen Spinnweben, dicker Staub lag auf alten Möbeln und Regalen und jede Menge Krempel, der sich im Lauf der Jahrzehnte angesammelt hatte. Ein Paradies für Kinder, zum Stöbern und Geheimnisse aufdecken.
Über eine schmale Treppe ging es nach oben ins eigentliche Wohnhaus. Hier öffnete sich eine großzügige Empfangshalle mit einer breiten Treppe ins letzte Stockwerk und vielen Türen ringsum. Gegenüber lag der Haupteingang, mit schwerer, von kunstvoll gedrechselten Holzsäulen umrahmter Eichentür. Fabio ging voran in den Hauptwohnraum, dessen Tür als einzige offenstand, und öffnete auch dort die Fenster und Läden. Die alte Luft strömte mit einem befreiten Seufzen hinaus, und im Gegenzug fiel Sonnenlicht herein.
»Das ist ja eingerichtet!«, rief Rian entzückt.
Auch Nadja sah sich staunend um. Die Möbel waren ein wenig viktorianisch, ein wenig Barock, vermischt mit Moderne. Rote Samtpolster, bunte Teppiche, schiefe Sekretäre und Sideboards, aber aus edlem Holz, mit fein geschnitzten Verzierungen. Der niedrige Tisch hatte eine völlig zerkratzte Glasplatte, aber einen golden lackierten Rahmen und geschwungene Füße. An der Wand hingen Ölbilder mit verschiedenen Landschaften, scheußlich bunt und ohne jegliche Berücksichtigung von Perspektiven. Ein paar Heilige durften nicht fehlen. Von der Decke herab hingen Kristalllüster mit bunten Blüten aus echtem Muranoglas.
Eine einzige Geschmacksverirrung, aber so typisch italienisch, dass Nadja gerührt war. Ein großer Bogen führte ins Esszimmer, wo ein riesiger Eichentisch mit acht großen, schweren Stühlen stand. Die Stühle hatten hohe, geschwungene Lehnen und dicke Lederpolster. Von dort aus ging es in die Küche, durch eine weitere Tür in die Speisekammer. Gegenüber dem Essbereich teilte sich der großzügige Hauptraum in Büro und Bibliothek auf, deren Regale nahezu vollständig leer waren. Auch dort wiesen weitere Türen auf andere Räume.
»Die Möbel«, erklärte Fabio, »stammen zum Teil aus dem Nachlass, zum Teil sind es Hinterlassenschaften der ehemaligen Mieter. Ich hätte nicht geglaubt, dass tatsächlich bis zu unserer Ankunft alles da ist.«
Pirx sauste begeistert die Treppe herunter. »Ich war schon oben!«, rief er. »Schlafzimmer für alle, und zwei Bäder! Alles eingerichtet! Sogar neue Bettwäsche ist da, und Handtücher, Seife, das ganze Zeug!«
Nadja betrachtete ihren Vater misstrauisch. »Hast du nicht nur das Haus, sondern auch Bargeld geerbt?« Fabio Oreso war nicht arm, aber einfach so aus dem Ärmel schütteln konnte er das Geld auch nicht.
»Kann man so sagen«, brummte er.
Nadja stieß den Atem zischend aus. Der Zeitpunkt war nicht mehr fern, an dem ihre Zurückhaltung endete. Der Ballon ihrer Geduld hatte die größtmögliche Ausdehnung erreicht. Noch ein wenig mehr Luft, und er würde platzen. Aber sie zwang sich zur Ruhe.
Nicht vor den Elfen
, nahm sie sich fest vor. In den nächsten Tagen würde sich eine Gelegenheit ergeben, sich unter vier Augen mit ihrem Vater auseinanderzusetzen.
»Sogar der Kühlschrank ist gefüllt!«, jubelte Pirx aus der Küche. Gleich darauf kam er geräuschvoll schmatzend mit einem Milchglas zurück. Von Übelkeit keine Spur mehr.
Grog stemmte die Hände in die Seiten und sah sich um. »Ich werde mich dann an die Arbeit machen. Putzen und auspacken. Und du hilfst mir, Pirx!«
»Och, menno … wir sind doch gerade erst … autsch!« Der Igel verzog das Gesicht, als Grog ihn am langen, haarigen und spitzen Ohr packte und mit sich zog.
»Such dir dein Zimmer aus, Nadja«, sagte Fabio. »Wir verteilen uns dann auf die restlichen. Ich glaube, es gibt genug Auswahl.«
»Sehen wir es uns gemeinsam an«, schlug sie vor.
Die Holztreppe knarzte, als sie nebeneinander nach oben stiegen. An den Klebekanten und von der
Weitere Kostenlose Bücher