Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig - Schartz, S: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig
Lord Byron zurück.
»Sei die Hüterin der Zwillinge«, fügte Casanova hinzu. »Ihnen darf nichts geschehen, sonst ist alles verloren, die Welt der Menschen eingeschlossen.«
Sie traten in den Lichtkegel einer Straßenlampe, doch nicht mehr daraus hervor.
Toll
, dachte Nadja wütend und verzweifelt.
Habt ihr gerade das Schicksal beider Welten in meine Hände gelegt?
6 Feuerwerk
Nadja lief, rannte fast; sie ließ den Platz hinter sich, suchte nach der Gesellschaft anderer Menschen. Irgendwo musste es wieder Leben geben, Sorglosigkeit und Unbekümmertheit. Sie musste spüren, dass die Menschen arglos waren, dass sie ein normales Leben führten, ohne allzu große Höhepunkte. Wenigstens für ein paar Sekunden wollte Nadja daran teilhaben und so tun, als wäre sie genau wie alle anderen. Niemand Besonderes. Sie wollte sich der Illusion hingeben, dass sie nur deshalb in Venedig war, weil sie die Stadt besichtigen wollte, weil sie Urlaub hatte und Entspannung suchte.
Und dann sah sie Menschen, zuerst vereinzelt, doch bald immer mehr, und erkannte, dass sie sich Rialto näherte. Für einen Augenblick erleichtert, in die Menschenwelt zurückgekehrt zu sein, blieb sie stehen und nestelte das Handy aus der Tasche. Sie drückte die Wahlwiederholung und wartete auf das Freizeichen.
Als eine Stimme sich am anderen Ende meldete, war sie kurzzeitig versucht aufzulegen, so fremd klang sie. Aber nein, es war die richtige Nummer, aus ihrem Speicher. Trotzdem brachte sie keinen Ton heraus.
»Hallo? Hallo? Jemand dran? Kannst du sprechen? Gib ein Zeichen von dir!«
»Robert?«, fragte sie schließlich zaghaft.
»Nadja?«, kam es gedämpft zurück. »Himmel nochmal, hast du mich erschreckt! Was ist los?«
»Ich bin Lord Byron und Casanova begegnet, vor nicht mal einer halben Stunde.«
»Ja, klar, und ich hatte gerade ein Interview mit Bonnie Prince Charlie.«
Nadja schwieg.
Nach einer Weile sagte Robert: »Du hast sie wirklich getroffen.«
»Ja«, flüsterte sie. Dann brach sie in Tränen aus, konnte sich nicht mehr zurückhalten. »Ach, Robert …«, schluchzte sie, während sie sich hastig in einen Hauseingang drückte.
»Grundgütiger, Nadja, was ist nur passiert?« Seine Stimme klang aufrichtig erschrocken. »Ich setze mich sofort ins nächste Flugzeug und …«
»Nein, nein, ich brauche dich jetzt! Reden wir am Telefon, geht das?« Nadja schniefte und wischte sich mit dem Handrücken über die Nase. Sie schämte sich vor sich selbst. Andererseits hatten sie beide einander schon in ganz anderen Situationen erlebt … wobei das niemals so tief gegangen war wie jetzt.
»Aber natürlich geht das, was redest du da? Ich nehm dich in den Arm. Ganz fest, merkst du das? Und nun leg los.«
Also erzählte Nadja die ganze Geschichte dieses Tages, und sie konnte an Roberts Stimmlage bei seinen kurzen Einwürfen erkennen, wie er zusehends fassungsloser wurde.
»Fabio ist auch ein Elf?«, unterbrach er sie, als sie an diesem Punkt angekommen war. »Na, das zumindest erklärt einiges. Auch bei dir.«
»Aber das ist immer noch nicht alles«, erwiderte Nadja und fuhr fort.
»Großer Gott, Mädchen«, sagte Robert am Ende. »Und das alles innerhalb von zehn Stunden! Das ist ein bisschen zu viel auf einmal. Ich werde kommen.«
»Ich stehe das durch, Robert«, lehnte sie wiederum ab. »Ich musste unbedingt mit dir reden, aber mehr kannst du für mich nicht tun. Wenn du jetzt auch noch hier wärst … das wäre mir wirklich zu viel. Ich brauche Zeit für mich. Und ich muss David finden. Das ist wichtiger als alles andere. Mit meinem Vater setze ich mich ein andermal auseinander.«
»Wenigstens weiß ich nun, von wem du das hast, allem auszuweichen. Hör auf zu verdrängen! Setz dich damit auseinander, Nadja. Setz dich mit ihm auseinander. Du kannst so nicht weitermachen. Wenn es stimmt, was Fabio sagt, und daran zweifle ich nicht, so wie ich euch kenne – aber ich schweife ab. Wenn du Elfenblut in dir hast, bist du etwas ganz Besonderes, wie David und Rian. Darüber musst du dir klar werden. Und du musst herausfinden, was in dir verborgen schlummert. Schieb das nicht vor dir her.«
»Aber David …«
»Darum geht es ja! Du suchst gleichzeitig nach David. Aber während du suchst, kannst du dich mit dir beschäftigen. Lausch mehr nach innen! Ich bin mir sicher, du kannst seine Spur dann umso leichter finden. Wenn überhaupt jemand, dann du.«
Nadja wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. Sie wünschte sich wirklich,
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