Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig - Schartz, S: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig
hatte ihn nicht entdecken können. Aber Nadja war sicher, dass David hier in Venedig war, es gab für sie überhaupt keinen Zweifel. Sie hatte es ganz deutlich gesehen, als er durch das Portal fiel, die Säule mit dem geflügelten Löwen, und Häuser im Wasser. Eine Verwechslung war ausgeschlossen.
»Suche den Goldmacher …«, murmelte sie im Halbschlaf.
Byron hatte ihr Hinweise gegeben, aber wie hilfreich waren Ratschläge eines jahrhundertealten Toten? Und was hatte Casanova über Blei berichtet? Dass es Magie brach? Er hatte die Vermutung geäußert, dass David sich in einem Raum aus Blei befand. Das würde vielleicht erklären, warum das Cairdeas nicht anschlug. Davids Hilferuf kam nicht durch!
Aber was hatte das mit dem Goldmacher zu tun? Ein Goldmacher war ein Alchemist, der versuchte, Gold aus Blei zu gewinnen. Was nie erfolgreich gewesen war, allerdings teilweise zu anderen wissenschaftlichen Erkenntnissen geführt hatte. Viele Goldmacher waren jedoch bitterarm oder auf dem Scheiterhaufen gestorben.
Nadja blinzelte und richtete sich auf. Es war aberwitzig, doch vielleicht tatsächlich die richtige Spur. Es wäre doch möglich, dass ein neuzeitlicher Anhänger spiritueller Künste versuchte, Davids Elfenmagie zu nutzen? Schließlich gab es noch mehr Grenzgänger als Nadja oder Robert, und manche versuchten sicher, einen Vorteil aus dieser Eigenschaft zu schlagen. Zumindest schadete es nichts, wenn Nadja Giorgio morgen über Goldmacher in Venedig ausfragte!
Dieser Gedanke ließ sie endlich ruhiger werden und gestattete der Wärme des Wassers, zu ihrem Inneren vorzudringen. Sie hörte auf zu zittern und entspannte sich.
Nadja erschrak fast zu Tode, als der Wecker ihres Handys losging. Wie hatte sie sich nur darauf einlassen können, Giorgio schon so früh zu treffen? Sie setzte sich auf und rieb sich den Nacken. Geschlafen hatte sie höchstens drei Stunden, und die waren wild bewegt gewesen, ein wirres Durcheinander an Bildern aus Venedig, dem Streit mit Rian und Fabio, und dazwischen immer wieder dieser Tänzer von Rialto. Und David, dessen Bild allmählich verblasste.
Als sie schließlich gähnend nach unten ging, duftete es bereits nach Kaffee. »Seid ihr schon auf?«, sagte sie erstaunt zu Grog und Pirx, die am Tisch saßen. Beide hatten sich mehrere Kissen untergelegt, um über die Tischkante blicken zu können.
»Wer kann hier schon schlafen«, murmelte Pirx. »Nach all den Aufregungen gestern …«
»Tut mir leid.« Nadja stürzte sich hungrig auf Brioches, Butter, Weißbrot, Wurst und Käse. Sie hatte gestern das Essen völlig vergessen, was kaum vorstellbar war. Das passierte ihr sonst nie. Gierig schlang sie das Frühstück hinunter, trank zwei Gläser Orangensaft und drei Tassen Milchkaffee in atemberaubender Geschwindigkeit, was selbst Pirx sprachlos machte.
Grog, der begriff, dass es nicht genug auf dem Tisch gab, watschelte in die Küche.
»Ohhh«, seufzte Nadja und verdrehte beglückt die Augen, als der Duft nach gebratenem Speck und Spiegeleiern hereinwehte. »Grog, du bist unersetzlich!«
Der kleine Igel musterte sie eindringlich. »Soll ich zu den Fischern laufen und einen Wal bestellen? Ich glaub, sonst wirst du nicht satt.«
Nadja lachte. »Scheint mir auch so.« Ihre Augen leuchteten auf, als Grog den Teller brachte, auf dem der Speck noch zischend schmorte. Mit verzückten Lauten widmete sie ihm ihre volle Aufmerksamkeit. Als sie Schritte hörte, sah sie kurz auf.
Fabio kam herein, frisch und ausgeschlafen wie jeden Tag. Er lächelte in die Runde, ging um den Tisch, um Nadja einen Kuss auf die Stirn zu geben, und setzte sich dann ans Kopfende. Grog brachte ihm Kaffee und Fabio nahm sich ein Brioche, das er hineintauchte. Fasziniert sah er Nadja zu, die inzwischen den Teller mit dem Brotkanten auswischte, bis er aussah wie geleckt. »Das ist mir nie aufgefallen.«
Nadja zuckte mit den Achseln und goss sich das dritte Glas Orangensaft ein. »Dir ist einiges nie aufgefallen.«
Die Blicke der beiden Kobolde wanderten zwischen Vater und Tochter hin und her, und sie wussten augenscheinlich nicht, wie sie sich verhalten sollten. Schließlich erbarmte sich Nadja. »Ihr dürft ruhig atmen! Keine Sorge, Fabio und ich werden uns nicht gegenseitig umbringen, sonst hätten wir das gestern schon getan.«
»Dann ist alles gut?«, rief Pirx.
Nadja schüttelte den Kopf. »Keineswegs.« Sie warf ihrem Vater einen halb zornigen, halb belustigten Blick zu. »Ich habe ihn immer noch gern,
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