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Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig - Schartz, S: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig

Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig - Schartz, S: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig

Titel: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig - Schartz, S: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schartz
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sich mit so etwas nicht aus, aber lege dich nie mit der Tochter eines Bastlers an!
    Beinahe hätte sie laut geschrien, als der Schäkel endlich offen war. Sie schleuderte ihn weg und fing an, die Kette durch einen Ring herauszuziehen. Wenn sich das Ding verheddert hatte, war sie aufgeschmissen, denn sie konnte David schlecht durch einen Befestigungsring drücken. Doch der Conte hatte sich selbst einen Gefallen getan, indem er das System so ausgeklügelt hatte, dass die Verschnürung zwar kompliziert, die Auflösung aber sehr einfach war.
    Nadja zog und zog, und hinter ihr türmte sich Meter um Meter ein Berg an rasselnden Ketten auf. Ab und zu warf sie einen Blick zu der Wand. Davids Konturen waren nun schon erkennbar. Der Schatten fing an, sich auf das graue Land zuzubewegen. Viel Zeit blieb ihr nicht mehr.
    Da flutschte ihr endlich der letzte Meter durch die Finger, und sie stürzte zu David, schüttelte ihn und gab ihm schließlich eine Ohrfeige. »Komm endlich zu dir!«, schrie sie ihn an. An den Gliedmaßen und am Hals trug er immer noch Eisenbänder mit Ringen, durch die die Ketten gelaufen waren. Sie untersuchte den Verschluss am Hals, aber den konnte sie ohne Werkzeug nicht öffnen. Um den schmerzlichen Kontakt zur Haut zu lindern, riss sie das Shirt unter Davids Jacke in Fetzen und schob sie zwischen das Metall und seine Haut. Er ließ alles schlaff und reglos mit sich geschehen. Und er war kalt, so unendlich kalt …
    Das Tor war nun weit offen, und der Schatten stand abwartend da. Er wollte los.
    »Nein«, wiederholte Nadja. Sie packte David unter den Achseln und zog ihn ächzend näher zum Licht; sie wusste nicht, was es nützte, aber sie wollte wenigstens irgendetwas tun. Wie brachte man einen sterbenden Elf noch einmal zu sich, bevor er sich als Schatten auflöste? Immerhin, sein Körper war noch ganz da, denn er war schwer, obwohl er so dünn war. Die Tage der Gefangenschaft hatten ihn zusätzlich ausgemergelt, seine Rippen stachen durch die blasse Haut.
    Im Ausschnitt des hereinfallenden Lichts hielt Nadja an und sank schluchzend neben David. »W-was soll ich tun?«, weinte sie. »Sag mir doch, wie ich dir helfen kann!«
    Sie war eine Halbelfe, sie könnte ihm ihre Lebenskraft geben, wenigstens ein bisschen davon. Aber sie wusste nicht, wie das ging. Als sie die Contessa berührt hatte, war etwas von ihr auf die Frau übergesprungen und hatte sie wieder zum Leben erweckt. Kräfte dieser Art ruhten also in Nadja, irgendwo. Aber wie sollte sie diese Energien auf David übertragen?
    Nun – auf die einfachste und simpelste Weise. Was machte man mit einem Bewusstlosen? Einem Ertrinkenden? Einem Herzkranken?
    Und falls es ohnehin Zeit war, Abschied zu nehmen, sollte sie … es auch richtig tun.
    Küss ihn und gib ihm etwas von dir
.
    Wie im Märchen. Und doch erschien es Nadja logisch. Und vor allem war es das Einzige, was ihr in ihrer Verzweiflung jetzt noch einfiel.
Tu es
.
    Sie bettete David in ihren Schoß, beugte sich über ihn und presste ihre Lippen auf seinen Mund. Hauchte ihm ihren Atem ein, stellte sich vor, wie sie ihre Lebenskraft zusammenballte und mit ihrer Luft hinüberschickte. Sie gab ihm alles, was in ihr war, alle Wünsche und Sehnsüchte, ihr Verlangen, ihm am Leben zu erhalten.
    Plötzlich ging ein Ruck durch den Bewusstlosen: Seine Hand fuhr hoch, krallte sich in ihren Nacken und presste sie noch stärker an sich. Nadja geriet zusehends in Panik, als David gierig zu saugen begann, ihr die Luft aus den Lungen zog, und sie spürte, wie etwas Feines, Nebliges, ein hauchzartes Gespinst, aus ihr heraus und zu ihm hinüberglitt.
    Kurz bevor Nadja ohnmächtig wurde, ließ David sie los. Sein Mund löste sich von ihr und pfeifend, nach Atem ringend kam er zu sich, wie ein Ertrinkender, der dem Meer noch einmal entkommen und gerade an Land gespült worden war. Mit aufgerissenen Augen fuhr er hoch und starrte zuerst blind ins Leere, dann Nadja an. In seinen Augen stand langsames Begreifen. Seine Brust hob und senkte sich jetzt in heftigen Atemstößen, und er schwitzte. Die goldblonden, schulterlangen Haare standen wirr um seinen Kopf, und sein Körper zitterte. Nun war er wach und am Leben.
    »Na-Nadja …«, stammelte er und blickte sie immer noch an, als wäre sie ein Gespenst. »Träume ich oder was ist jetzt los?«
    »Du träumst nicht«, sagte sie rau. »Ich bin wirklich da, aber du wolltest gerade gehen.« Sie wies auf das Portal in der Wand. »Ist das Annuyn? Aber wie ist das möglich?

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