Elfenzeit 5: Schatten des Totenreiches - Schartz, S: Elfenzeit 5: Schatten des Totenreiches
Brauen. »Wie meinst du das?« Allmählich nahm ihr Gespräch Fahrt auf, und er war neugierig. Ganz Schriftsteller auf der Suche nach einer guten Szene.
Ein Schwall Bauarbeiter drängte herein und nahm die Theke in Beschlag, sodass sie nicht mehr so intensiv beobachtet oder gar belauscht werden konnten. Die Bauarbeiter lärmten, verteilten überall ihre Sachen und ließen sich geräuschvoll an mehreren Tischen nieder. Pints machten die Runde.
»Gitanes ist französisch, verstehste?«, sagte Pat. »Heißt Zigeunerin.«
»Du kannst Französisch?«
»Bin ein bisschen rumgekommen. Hab’ schon in Marseille gefischt.«
»Wie dem auch sei, was hat eine Zigeunerin damit zu tun?«
»Na, weil Anne doch eine ist.«
Aha, da waren sie also endlich beim Kern angekommen. Um
sie
ging es also, nicht um ihn! Robert musste zugeben, dass Anne tatsächlich etwas Zigeunerhaftes an sich hatte, durch ihr Temperament, ihre Ruhelosigkeit, die wallenden schwarzen Haare und die Glutaugen. »Ich dachte, sie lebt hier?«
»Hier und da, nirgends fest«, antwortete Pat. »Sie ist auch schon ziemlich rumgekommen. Es gibt ’ne Menge Geschichten über sie. Geboren wurde sie wohl in der Nähe des Cahstal yn Ard, in einer Armenhütte. Schon als Kind war sie kaum zu bändigen, haute einmal ab und fuhr als blinder Passagier nach Irland, da war sie erst sechs.«
»Und wann war das? Ich meine, wann wurde sie geboren?« Anne machte aus ihrem Alter immer ein Geheimnis. Robert schätzte sie auf Anfang dreißig, doch sie hatte sich nie festlegen wollen. Ihre diesbezügliche Koketterie hielt Robert allerdings für gespielt, sie musste einen anderen Grund haben.
Und prompt sagte Pat: »Die einen sagen, in den Siebzigern, die anderen, in den Zwanzigern, und einer behauptet sogar, daheim ein Foto von ihr und seinem Ururgroßvater von 1870 zu haben.«
Typisch Ire, das Flunkern lag ihnen in den Genen. Robert grinste, und Pat verzog versöhnlich die Lippen.
Robert schob das Glas beiseite. »Und worum geht’s hier wirklich? Was habt ihr für ein Problem mit Anne und mir?«
»Gar keins«, beeilte Pat sich zu versichern und wirkte plötzlich nervös. »Vor allem nicht mit dir«, fügte er hinzu. »Du scheinst in Ordnung zu sein, trotzdem du ein Deutscher bist. Aber wir haben hier viele Deutsche auf der Insel, die sind auch anständig und fleißig. Vielleicht manchmal ein bisschen zu ehrgeizig, aber, na ja, solange sie uns damit nicht auf die Nerven gehen ...«
»Ihr habt also was gegen Anne, eure Landsmännin.«
»Wir haben nichts gegen sie.«
»Pat, verdammt noch mal, langsam verliere ich die Geduld. Komm zur Sache! Seit ich hier reingekommen bin, starrt ihr mich an und tuschelt wie Waschweiber.« Roberts Unsicherheit war völlig verflogen. Diese Männer wollten ihm keinen Ärger machen, sondern ... Ja, was? Er wollte nicht glauben, dass sie vor irgendetwas Angst hatten, auch wenn ihm Pats Verhalten mehr und mehr diesen Eindruck verschaffte.
Pat räusperte sich. »Im Grunde geht’s mich ja nichts an, weil ich Ire bin. Aber dieses Mädchen ... Anne ... weißt du, sie hat sich auch schon mal an mich rangemacht. Das tut sie bei jedem, der sich hier neu niederlässt, oder selbst wenn er nur Durchreisender ist.«
»Sie war damals Anfang zwanzig, Pat, so lange ist das schon her! Erzähl mir doch nichts. Ich weiß, sie mag Männer, aber ob das immer gleich als Anmache ...«
»Hör einfach mal zu, Robert. Das ist doch dein Name, oder? Du bist schon seit einigen Wochen hier, und wir haben alle festgestellt, dass du ein netter, ordentlicher Kerl bist. Du erzählst witzige Geschichten, das mögen wir hier, und einen Schriftsteller haben wir noch nie gehabt. Das bewundern wir. Aber du hast dich ziemlich verändert. Als du hier angekommen bist, warst du grau und schwammig, aber sieh dich heute an.«
»Eben! Das verdanke ich Anne.«
Pat sah sich um und beugte sich leicht nach vorn. »Das macht sie immer so, wenn sie einen erwählt hat«, wisperte er.
Robert wurde nun wirklich wütend. Annes frühere Bettgeschichten interessierten ihn nicht; vor allem, weil sie ihn tatsächlich eifersüchtig machten. »Also, Pat, ich glaube nicht ...«
Aber der Ire ließ sich nicht mehr bremsen. »Ich hab’s damals gerade noch rechtzeitig geschafft, weil mir irgendwas an ihr eigenartig vorkam. Vor allem fing sie an, mich auf Schritt und Tritt zu bewachen. Nichts durfte ich mehr selbst erledigen, und sie machte einen richtigen Athleten aus mir. Bis ...«
»Ja? Bis?«
Na,
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