Elfenzeit 5: Schatten des Totenreiches - Schartz, S: Elfenzeit 5: Schatten des Totenreiches
Wohnung nicht versiegelt, für die ist der Fall schon erledigt. Sie wollten nicht mal was von mir wissen, als ich sie anrief. Für sie war er nur ein alter Spinner, der niemanden hatte. Ein Ausländer und nicht weiter von Bedeutung ... so handhaben die das eben. Kein Zeichen von Gewaltanwendung, kein Raub, gar nichts, und sein Herz ist stehen geblieben, Punkt. Wonach sollten sie da noch suchen? Du brauchst in der Hinsicht also keine Sorge zu haben, die wissen deinen Namen nicht, auch nicht von mir.«
Nadja schossen tausend Dinge durch den Kopf, doch nichts wollte ihr über die Lippen kommen. Tom seufzte am anderen Ende der Leitung, und es klang ungeduldig, resignierend. »Ich habe keine Ahnung, was da passiert ist«, fuhr er fort, »aber irgendetwas kommt mir oberfaul vor. Zum einen behauptest du, dass er dich nach seinem Tod angerufen hat. Außerdem habe ich nie bemerkt, dass Abes Herz schwach gewesen wäre; soweit ich weiß, nahm er nicht einmal Tabletten. Er war robust wie ein Pferd. Und der Whisky, der neben ihm lag, ist gar nicht bei uns erhältlich, soweit ich das beurteilen kann – aber ich werde nicht nachforschen. Das ist nicht meine Art, und es würde auch zu nichts führen. Ich konzentriere mich jetzt auf mein Buch, und basta! Das ist Mysterium genug.«
»Was genau willst du mir sagen?«, fragte sie und wusste es doch schon. Sie unterdrückte ein Schluchzen.
»Es ist aus mit uns, Nadja. Ich schulde dir nichts mehr. Und ich halte es für besser, wenn wir diese Freundschaft nicht fortsetzen. Ich sehe da keine Basis. Alles Gute für dich. Ich lege jetzt auf.«
Nadja hielt sich die Hand vor den Mund und schloss die Augen. Eine oder zwei Minuten weinte sie still, bis sie sich wieder einigermaßen gefasst hatte. Sie nestelte ein Taschentuch hervor, wischte die Tränen ab und putzte sich die Nase, dann setzte sie sich gerade hin. Die Gäste an den Nebentischen hatten inzwischen gewechselt, niemand beachtete sie; im Gegenteil, die Leute waren eher bemüht, nicht versehentlich in ihre Richtung zu blicken.
Die Kellnerin allerdings kam näher, mit freundlich besorgtem Ausdruck. »Alles in Ordnung?«
Nadja nickte stumm. »Geht schon wieder. Ein Bekannter ist unerwartet gestorben, das hat mich jetzt etwas durcheinandergebracht.«
»Mein Beileid.« Sie sammelte die leeren Teller ein. »Soll ich den Rest stehen lassen?«
Nadja nickte. Sie musste jetzt unbedingt noch etwas essen, ihr war völlig flau.
»Unglücksrabe! Unglücksrabe!« Sie tanzten um sie herum, zogen sie an den Haaren und lachten sie aus
.
»Bin ich gar nicht!«, rief sie zornig
.
»Bist du doch! Bist du doch!«
Sie konnte nichts dafür. Die große geografische Karte war nicht richtig eingehängt gewesen, deswegen krachte sie nach unten. Dass der Lehrer in dem Moment davorstand und von der herabstürzenden Leinwand begraben wurde, war einfach Zufall. Sie hatte nichts falsch gemacht. Sie hatte die Karte geholt, wie ihr aufgetragen war, nichts weiter. Aufgehängt hatte sie der Lehrer selbst. Er hatte ihr auch nicht die Schuld gegeben, sondern sie nur ein wenig seltsam angesehen. Aber daran war sie ja schon gewöhnt
.
Was mit dem Auto des Deutschlehrers passiert war, dafür konnte sie auch nichts. Er hatte vergessen, den Gang einzulegen, und so war der Wagen eben losgerollt und in ein anderes Auto hineingekracht. Sie hatte nur in dem Auto gesessen, weil der Lehrer sie und Petra mitgenommen hatte. Dann waren sie ausgestiegen und in den Unterricht gegangen
.
Und auch für all die anderen Sachen konnte sie nichts. So etwas passierte, das sagte Papa auch immer, und es stimmte einfach nicht, dass sie jedes Mal darin verwickelt sein sollte
.
Es war gemein, was die anderen mit ihr machten
.
Sie war kein Unglücksrabe. Sie brachte niemandem Pech. Sie
...
»Entschuldigung«, drang eine Stimme in ihre Gedanken. »Ich habe jetzt Feierabend, darf ich vorher noch kassieren?«
Nadja fuhr hoch und blickte die Bedienung für einen Moment verstört an, bis sie sich gesammelt hatte. Dann griff sie nach dem Geldbeutel. »Natürlich, Entschuldigung. Ich muss auch los.«
»Sie können sich ruhig Zeit lassen ...«
»Nein, nein.« Nadja raffte ihre Tüten zusammen. Am liebsten hätte sie sie stehen lassen, denn sie passten nicht mehr zum Verlauf des Tages. Alles hatte so fröhlich angefangen, es war ein wunderbarer Vormittag gewesen, und sie hatte sich so über die neuen Sachen gefreut. Aber zu welchem Preis ...
Nein. Du kannst nichts dafür. Es ist nicht
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