Elfenzeit 5: Schatten des Totenreiches - Schartz, S: Elfenzeit 5: Schatten des Totenreiches
sollen, dort wäre ausreichend Platz gewesen, und es hätte eine große Speisekarte gegeben. Oder in das Weiße Bräuhaus – seit dem Rauchverbot konnte man da wieder hin, und die bayerische Küche war dort einfach am besten. Aber nun war sie hier und würde es schon irgendwie schaffen, eine Zwischenmahlzeit zu sich zu nehmen. Der Weg zum nächsten Wirtshaus stand ihr auch nachher noch offen.
Die Bedienung brachte alles, zog in weiser Voraussicht einen zweiten Tisch heran und machte Vorschläge über die Reihenfolge.
Zuletzt bestellte Nadja neben diversen Dickmachern auch noch Mousse au Chocolat, die frisch angeboten wurde. Die Frauen an den Nebentischen gafften sie unverhohlen an. Nadja grinste breit zurück und sagte in die Runde: »Crème für meine Hüfte, wissen Sie, um sie geschmeidig zu halten.« Daraufhin hatte sie ihre Ruhe und konnte sich vergnügt den Genüssen widmen.
Als dann auch noch das Handy klingelte, war es ganz aus mit ihrem Ansehen. Die Damen zischten missbilligend und fragten sich laut über die Tische hinweg, ob man solche ungezogenen Gäste wirklich dulden müsse.
Nadja drehte sich zum Fenster und hielt die Hand übers Handy. »Tom«, flüsterte sie, »ich sitze hier unter Hyänen, die jeden Moment über mich herfallen und mich zerfleischen, du musst mich retten!«
»Nadja, es ist was passiert«, unterbrach er sie mit zitternder Stimme.
Schlagartig wurde Nadja ernst. »Leg los.«
»Abe ist tot.«
Beinahe hätte sie aufgeschrien, sie riss sich gerade noch zusammen. »Unmöglich! Ich habe heute früh noch mit ihm gesprochen ...«
»Da irrst du dich, Nadja, denn er starb bereits vergangene Nacht. Eine Nachbarin, die für ihn mit einkauft, fand ihn heute Morgen.«
Nadja schüttelte heftig den Kopf, obwohl Tom es nicht sehen konnte. Sie hatte alles um sich herum vergessen. »Aber ich sage dir doch, er rief mich an und verschob den Termin ...«
»Du hattest einen Termin? Warum hast du mir das nicht gesagt?« Tom klang verletzt.
»Weil er ihn verschoben hat!« Sie wollte ihm nicht sagen, dass Abe sie gebeten hatte, ohne Tom zu kommen. Das war ihr auch lieber gewesen, denn der alte Mystiker hatte sie vermutlich durchschaut, und sie konnte mit ihm darüber nur unter vier Augen reden. »Tom, was ist genau passiert?«
»Herzstillstand, vermutet der Arzt, und die Polizei stimmt zu. Er wurde an seinem Schreibtisch gefunden, eine leere Whiskyflasche neben sich. Sein Herz war schon lange schwach, das hat es wohl nicht verkraftet.«
»Unmöglich!«, wiederholte Nadja. »Er war doch so begeistert bei der Sache ...«
»Nadja«, unterbrach Tom, »was spielt denn das für eine Rolle? Er ist tot, verstehst du? In all den Jahren, seit ich ihn kenne, erschien er mir immer als harmloser Gelehrter, der sich dem Mystischen verschrieben hatte. Ich glaube nicht daran, weißt du, aber er tat es, und irgendwie waren wir trotzdem befreundet. Ich hatte ihn sehr gern. Und dann bringe ich dich zu ihm, und auf einmal ...«
Nadja war für einen Moment so geschockt, dass sie keinen Ton herausbrachte. Dann krächzte sie: »Tom, du glaubst doch nicht, dass
ich
etwas damit zu tun habe?«
»Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll«, sagte er müde. »Nach all dem, was in Venedig passiert ist, hätte ich vorgewarnt sein müssen. Mit dir stimmt einfach etwas nicht, und du tust deiner Umgebung nicht gut.«
Tränen stiegen in ihr auf. »Das ist nicht dein Ernst ...«
»Doch, Nadja, und zwar sehr. Du trägst Geheimnisse mit dir herum, das ist deine Sache. Aber ich dachte, wir wären Freunde und du würdest mir vertrauen. Zumindest habe ich dir vertraut. Und jetzt ist Nicholas tot, einfach so, aus heiterem Himmel. Und weißt du, was noch seltsam ist? Ich habe in seinen Unterlagen nach Notizen gesucht, die mit dir zusammenhängen, aber keine gefunden. Eigenartig, nicht wahr?«
»Tom, ich schwöre dir ...«
»Ich weiß, dass du nicht dort warst. Aber wir sind uns doch beide einig, dass Abes Tod mit dir zusammenhängt, oder? Ich meine, du bist bei ihm, er fängt an, etwas für dich zu recherchieren, dann ist er tot, und es gibt keinerlei Spuren oder Hinweise auf dich oder seine diesbezügliche Recherche.«
»O Gott«, flüsterte Nadja. Sie konnte die Tränen jetzt nicht mehr zurückhalten. Sie war fassungslos. »Tom!«, schniefte sie.
»Tut mir leid«, sagte er traurig, aber entschieden. »Die Nachbarin hat mich angerufen, deswegen habe ich davon erfahren. Die Polizei war schon weg, als ich hinkam. Sie haben die
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