Elfenzeit 5: Schatten des Totenreiches - Schartz, S: Elfenzeit 5: Schatten des Totenreiches
trotzdem für Nadja auffällig; sie hatte noch nie Sommersprossen gehabt, und dass sie bereits im Februar auftraten, war sogar noch merkwürdiger.
Auf dem Weg zur U-Bahn rief Abe auf dem Handy an. »Es tut mir sehr leid, aber ich muss unseren Termin verschieben«, erklärte er, wie üblich ohne Vorrede oder Gruß. »Mir ist etwas dazwischengekommen. Ich melde mich bald wieder bei Ihnen, rufen Sie mich nicht an.«
Bevor Nadja etwas erwidern konnte, hatte er schon aufgelegt.
Typisch
, dachte sie.
Jemand, der sich als Mystiker bezeichnet, muss sich wohl möglichst geheimnisvoll in Szene setzen
.
Sie zuckte die Achseln. Es war ihr sogar recht, umso ungetrübter war der Tag. Robert ging es nämlich auch gut! Er hatte ihr um vier Uhr morgens eine Mail geschickt, die sie zu Hause noch abgerufen hatte, wieder mit einem kleinen Romanauszug.
Es tut mir alles so leid, Nadja
, hatte er dazugeschrieben,
ich schreibe wie ein Besessener und vergesse einfach alles um mich herum. Ein mieser Freund bin ich. Ich mach es wieder gut, versprochen! Würde dich gern anrufen, aber nicht um diese Zeit – entweder du schläfst, oder du tust unerhörte Dinge, und bei beidem will ich dich nicht stören! Bis bald, sei umarmt, Robert. (Ich glaube, ich kann dich schnarchen hören ... Ich vermisse dich so.)
Fünfzehn Seiten hatten der Mail angehangen, und Nadja hatte sie noch vor dem Frühstück verschlungen. Antworten würde sie später. Diese Seiten mussten sich erst einmal setzen. Nadja konnte es immer noch nicht glauben, dass ihr bester Freund, der in den letzten Jahren seinen Hintern zu nichts hatte hochbringen können,
so
schreiben konnte.
Der Verdacht schien sich zu erhärten, dass Anne eine Muse war. Oder wurde Nadja allmählich paranoid? Seit jener ersten Begegnung mit Rian und David in Paris sah sie plötzlich überall nur noch Elfen. Selbst ihr eigener Vater hatte sich als ehemaliger Elf geoutet.
Schluss, aus!
, rief sie sich zur Ordnung.
Heute gibt es keine Elfen, keine Magie. Sondern einfach nur gewöhnliches Shoppen und wunderschönes Wetter
.
Zwischenspiel
»Ich hasse es!«, piepste Pirx schrill. »Nur Matsch und Schlamm, es reicht!«
Sie krochen
hindurch
, man konnte es nicht anders nennen. Der »Zwischenboden«, wie Grog ihn nannte, bot kaum Raum zur Beweglichkeit. Es war ein Bereich zwischen den Welten, der noch aus der Urzeit stammte, als alles anfing, seine endgültige Form zu erhalten. Dementsprechend war es auch kein gewöhnlicher Sumpf, sondern so etwas wie Urschleim, der Grundstoff aller Materie.
Der alte Grogoch hatte es ihnen erklärt, aber das Zeug war so widerlich, dass Rian, David und Pirx beim besten Willen kein Gefühl der Erhabenheit oder Ehrfurcht für diesen Ort aufbringen konnten. Alles hier stank, war zäh und schwabbelig und so klebrig wie buntes Gelee. Stellenweise wurde es zu braunem Schlamm mit grober Körnung, manchmal sogar zu schwarzem, öligem Teer, bevor wieder eine Geleeschicht begann. Obwohl sie sich die meiste Zeit
in
der Konsistenz befanden, konnten die Freunde mühelos atmen und sich unterhalten, aber sie fühlten sich von oben bis unten beschmutzt und ekelten sich immer mehr, je länger sie für ihren Weg hindurch brauchten. Immer wieder wurden Blasen aufgeworfen, die in stinkenden Wolken aufplatzten, begleitet von den unterschiedlichsten Blähgeräuschen. Anfangs fand Pirx sie noch witzig, bis er in eine berstende Wolke geriet und sich beinahe übergeben hatte.
Grog hörte nicht auf die Beschimpfungen, die seine Gefährten regelmäßig von sich gaben; sie hatten nun einmal keine andere Wahl.
»Nur so gelangen wir unbemerkt nach München. Das ist das Beste zum Schutz von Nadja – und unserer Mission«, brummelte er ab und zu, wenn es ihm zu viel wurde. »Außerdem solltet ihr mehr Respekt vor diesem heiligen Ort hier haben! Der Zwischenboden ist einzigartig, ein Teil der Schöpfung und Inspiration selbst! Die Götter haben hier drin das erste Mal geatmet ...«
»... und gefurzt!«, vollendete Pirx den Satz, als neben ihm eine Blase platzte, und schüttelte sich. »Wir haben es ja verstanden, Grogoch! Aber Ursuppe hin oder her, das hier wirkt eher wie ein Donnerbalken auf mich, tut mir leid.«
»Ich frage mich, woher du das kennst, Grog«, sagte David. »Und wieso man hier einfach hindurch kann.«
Der alte Kobold seufzte. »In den alten Tagen, wisst ihr ...«, begann er leise, und sein Blick ging in weite Ferne. »Damals war ich noch ein junger Springinsfeld und zweifelte an vielen
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