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Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Titel: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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rannte los und ließ Antonius inmitten des Lagers stehen.
    Mehr als dreitausend Elfen, Menschen und andere Wesen lebten mittlerweile in Tres Porti. Alle schienen sie auf den Beinen zu sein. Orientierungslos kreuzten sie meine Wege, liefen sich gegenseitig über den Haufen und erzeugten ein heilloses Durcheinander. Von irgendwoher hörte ich das Klirren von Schwert auf Schwert – und das Sirren mehrerer Pfeile, die sich von Bögen lösten. Gleich darauf antwortete das dumpfe Ächzen eines Getroffenen.
    Das war nicht der befürchtete Angriff barbarischer Eindringlinge. Wahrscheinlich droschen meine Leute aufeinander ein, aufgeheizt durch die sich immer weiter ausbreitende Panik. Viele von ihnen waren einfache Menschen, die mit den Mechanismen des Kampfes nicht vertraut waren.
    Schnell stürmte ich die eng gewordenen Wege der Ansiedlung entlang, vorbei an Vorratskammern, an der Mühle, dem Dreschplatz und den Latrinen. Ich überquerte einen Heckenweg und stolperte durch das kleine Wäldchen hinab zum Anlegesteg.
    Cassius der Bucklige stand am Fuß seines Wachtturms und drosch nach wie vor wie ein Wahnsinniger auf den blechernen Gong ein. Er hielt kurz inne und sprach mit mehreren Bewaffneten. Und immer wieder deutete er übers Wasser – dorthin, wo rote und gelbe Flammen über den Horizont tanzten.
    Die Angst drang immer tiefer in meinen Leib vor; sie knetete mein Herz so lange, bis ich glaubte, dass es stehen bleiben müsse.
    Dann erreichte ich Cassius und packte ihn am Schlafittchen. »Sprich, Kerl!«, schrie ich ihn an. »Warum machst du diesen Radau? Was ist geschehen?«
    »Die Villa des Römers!«, brachte der Bucklige stockend hervor. »Sie steht in Flammen!«
    Ich stieß ihn von mir und befahl mit dem letzten Rest meiner Selbstbeherrschung den umherstehenden Menschen, augenblicklich Antonius und Barchoil zu informieren. Jedermann, der imstande war, eine Waffe zu tragen, sollte mir nachfolgen.
    Dann stürzte ich hinab zur Steg. Allein, nur mit Guirdach bewaffnet und ohne Brustpanzer und Beinschienen. Cucurr sprang im letzten Moment zu mir ins Schiffchen, bevor ich die Leinen löste und mich abstieß. Der Bluthase hatte sich seit Langem nicht mehr blicken lassen. Seitdem ich Julias Zuneigung genoss ...
    Ich ruderte, so kräftig ich nur konnte. Meine Rücken- und Oberarmmuskeln drohten zu reißen, so sehr legte ich mich ins Zeug. Nichts hatte mehr Platz in meinem Kopf, nur noch Furcht war da; die Angst, die Geliebte erneut zu verlieren, vom Schicksal ein weiteres Mal geprügelt zu werden ...
    Rot und Gelb wurden größer. Heller. Angsterregender. Die Villa Urbana stand in Flammen. Ein drehender Wind wehte Wortbrocken heran. Verzweiflungsschreie, die hässlichen Geräusche eines Kampfes und das Gebrüll eines Verletzten, das gleich darauf verstummte.
    »Julia!«, schrie ich, »Julia!«
    Jeder Riemenschlag wurde zur Ewigkeit, das Land am anderen Ufer wollte nicht näher kommen. Die Flammen loderten höher und höher. Immer wieder wandte ich mich meinem Ziel zu, blickte über meine Schulter. Bullig wirkende Gestalten erahnte ich, die vor dem Hintergrund des Feuers umhersprangen und auf Verteidiger des Anwesens einschlugen. Die Angreifer befanden sich in deutlicher Überzahl. Ich schätzte sie auf mindestens hundert Frauen und Männer.
    Zehn meiner Freunde, darunter ein Elf und ein kampferfahrener Kentaur, waren zum Schutz Julias, ihrer Schwestern und des Vaters abkommandiert. Unter normalen Umständen hätten sie spielend mit einer Barbarenhorde fertig werden müssen ... Wer war der Gegner, dass sie ihm nichts entgegenzusetzen hatten?
    Ich ruderte, ruderte, ruderte. Rötungen und Blasen bildeten sich an meinen Handballen, doch ich achtete nicht auf sie. Was scherten mich Holzsplitter, die sich in meine nackten Oberschenkel bohrten? Ein Brandpfeil zischte knapp an mir vorbei und erlosch knisternd im Wasser. Ich hatte keine Angst. Nichts konnte mich verletzen. Ich war so sehr von Sorge und von Wut getragen, dass mein Herz wohl noch weiterschlagen würde, wenn es getroffen werden und stillstehen sollte.
    Ein Schrei. Schrill und in Todesfurcht ausgestoßen.
    Neuerlich drehte ich mich der Villa Urbana zu, suchte den nunmehr hell lodernden Horizont ab.
    Da sah ich ihn: Gaius Albus, umringt von drei seiner Töchter und mehreren Männern, die ihre Schwerter nur noch verteidigend hochhielten. Mehrere Barbaren, in Blut gebadet, verfolgten sie, trieben sie vor sich her in Richtung des Wassers. Eine vierte Frau fiel soeben

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