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Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Titel: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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und Sicilla vor sich hergetrieben, in meine Richtung. Uns trennten nur noch ein paar Schritte. Erbarmungslos spielte die Göttin ihr grausames Spiel mit den beiden Frauen und mir, trieb sie auf den tiefer und tiefer werdenden Morast links vom Anlegesteg zu. Sie genoss ihre Macht so sehr, so sehr ...
    Ich zückte Guirdach und stützte mich an dem kurzen Schwert hoch. Wankend bewegte ich mich vorwärts, meiner fürchterlichen Feindin entgegen. Ihr Geruch war der von Verwesung und abgrundtiefem Hass. Niemals hätte ich geglaubt, dass ein Geschöpf derart intensive Emotionen in sich speichern und abrufen konnte; sie war die Antithese zur Liebe, sie war all das, was man verachtenswert nennen konnte.
    »Komm zu mir, mein Kleiner!«, lockte sie noch einmal. »Du lässt dir viel zu viel Zeit. Ich überlege mir soeben, welche ich als Nächstes töte. Und
wie
ich’s machen soll.«
    Bellona zog einen Dolch aus dem ledernen, blutverschmierten Oberteil – und stach zu! In Julias Brust. Einmal, zweimal. Ich hörte den Schmerzensschrei meiner Liebsten; ich sah die Wunden, kaum fingerbreit, aus denen kein Blut trat.
    Die Verletzungen waren nicht tödlich. Sie sollten mich anspornen, mich dazu bringen, ein weiteres Mal über meine Kräfte hinaus zu agieren – und dabei völlig auszubrennen.
    Ich wankte auf sie zu. Ich spürte meine Beine nicht mehr. Alles an und in mir war abgestumpft. Ich war nur noch Qual und Angst und Hoffnung.
    Breitbeinig stand Bellona vor mir, ragte wie ein Felsblock hoch. Lachend wehrte sie meinen Hieb ab, lachend packte sie mich und schleuderte mich meterweise beiseite. Vorbei an Sicilla, die stumm dastand und sich längst mit ihrem Schicksal abgefunden zu haben schien, vorbei an Julia, die hustend am Boden lag und um ihr Leben rang.
    »Du hast meine Kreise gestört«, sagte Bellona, während ich erneut versuchte, auf die Beine zu kommen. Sie ging um mich herum und hieb mir mit der flachen Schwertklinge gegen Oberschenkel und Rücken. »Du hast dir angemaßt, etwas gegen mich und meinesgleichen unternehmen zu können. Doch du hattest niemals eine Chance, kleiner Elf. Ich lebe von den Emotionen dieses erbärmlichen Viehvolks, das sich Menschen nennt. Ich nähre mich an ihrem Wahnsinn.«
    Sie drehte mich auf den Bauch und drückte mich mit dem Gesicht ins Brackwasser. Verzweifelt rang ich nach Atem. Ich war so schwach, dass ich nicht einmal mehr die Arme zu heben vermochte, um
irgendetwas
zu unternehmen.
    »Aber weißt du was, Fiomha aus der Elfenwelt? Hast du eine Ahnung, was mir noch mehr Befriedigung verschafft?«
    Bellona stieß ein röhrendes Geräusch des Triumphs aus und zog mich am Haarschopf hoch zu sich. Meine Beine schwebten frei in der Luft. Das Gesicht der Annuna-Göttin war grässlich verunstaltet, mächtige Hauer ragten aus dem halb geöffneten Mund.
    »Ich will es dir sagen, mein Kleiner. Noch besser als der Wahn der Menschen schmeckt der Irrsinn eines Elfen. Also pass gut auf, was nun geschieht.«
    Mit ihrer freien Hand packte Bellona Julias zierlichen Körper. Für einen Augenblick berührten wir uns an den Händen. Dann schleuderte die Annuna meine Geliebte wie einen nassen Fetzen von sich. Dorthin, wo die Linie zwischen Schlamm und Wasser verlief.
    Julia platschte mit einem blubbernden, satt klingenden Geräusch in den Morast, wo sie gut und gern einen halben Meter tief einsank. Ihr Leib verschwand, verdeckt von stetig nachrinnendem Sand. Nur noch ihre Hände ragten hervor. Ihre dünnen und zierlichen Finger deuteten wie anklagend in meine Richtung. Luftblasen bildeten sich dort, wo ihr Gesicht sein musste. Ich blickte weg, hielt es einfach nicht mehr aus ...
    »Sieh genau zu!«, schrie mich Bellona an. Sie packte mich an den Wangen und drehte meinen Kopf ohne Anstrengung so, dass ich Julias Todeskampf weiterhin beobachten musste. Ich schaffte es nicht, meine Augen zu schließen. Wie unter einem innerem Zwang verfolgte ich ihre Agonie, ihr verzweifeltes und doch sinnloses Aufbegehren.
    »Du bist schuld, dass sie stirbt«, zischte mich Bellona an. »Du bist zu spät gekommen. Du hast nicht gut genug aufgepasst. Alle werden sie dich mit Verachtung strafen. Menschen wie Elfen. Sicilla. Barchoil. Die Kinder und die Erwachsenen. Jedermann, der dein Versagen beobachtet hat.«
    Aus den Augenwinkeln sah ich Cucurr heranhuschen. Der Bluthase schien mit jedem Moment an Geschwindigkeit und Kraft zu gewinnen. Ich wusste um seine Fleischlust und seine Gier, der kaum ein Lebewesen widerstehen konnte,

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