Elfenzeit 7: Wächter des Weltenbaumes - Themsen, V: Elfenzeit 7: Wächter des Weltenbaumes
nach Annuyn, dorthin kann dir keine Seele folgen. Löse dich, lass dich forttreiben
...
Das Licht pulsierte warm, ehe es sich auseinanderzog und den Blick in ein ebenmäßiges Grau freigab, in dem es keine Fragen und keine Leiden mehr gab. Einfach nur Ruhe, sich treiben lassen.
Gewaltsam riss David seinen Blick los und drehte den Kopf weg.
Rian!
Schlaff hing sie in seinen Armen, und das Band zu ihr wirkte seltsam unwirklich, wie ein zu lange der Witterung ausgesetzter Stoff. Hatte er sich länger ablenken lassen, als ihm bewusst war? Der Schatten wurde unaufhaltsam vom Tor angezogen und hatte sich bereits halb aus Rian gelöst. Doch entweder klammerte er sich an ihr fest, oder sie spürte den Sog des Leuchtens noch stärker als David, denn Rians Schatten löste sich ebenfalls.
»Rian!«, rief David laut. »Rian! Halt dich fest! Bleib hier! Bleib bei mir!«
Über das brüchige Band griff er nach ihr und versuchte, es mit seinem Geist wieder zu stärken, die Fäden nachzuweben und zu sichern. Rian öffnete die Augen, doch sie waren glasig und starrten in das Leuchten. David schob sich neben sie, ohne sie loszulassen, legte die Hand an ihr Kinn und zwang ihren Kopf zu sich. Ihr Widerstand war gering, aber spürbar.
»Rian, sieh mich an!«, forderte er. »Sieh mich an! Geh nicht!«
Sie sah ihn zwar an, doch ohne ihn wirklich zu sehen. Der fremde Geist hatte sich fast gänzlich gelöst, und die Schlieren hingen lang auseinandergezogen zwischen dem grauen Schimmern knapp über Rians Haut, das ihr Schatten war, und dem Grau Annuyns.
»Rian, du gehörst dort nicht hin!«, rief David beschwörend. »Du gehörst hierher! Nach Earrach, nach Crain, meinetwegen sogar in die Menschenwelt, aber nicht nach dort! Kämpfe dagegen an! Bleib bei mir! Du gehörst nicht zu Samhain, du gehörst zu mir!«
Das schwache Heben und Senken ihrer Brust war das einzige Zeichen dafür, dass sie noch lebte. Dann blinzelte sie kurz und bewegte die Lippen. David lehnte sich vor.
»Tue ich das?«, flüsterte sie.
Ein noch dunklerer Schatten huschte jenseits des Tores vorbei, und als hätte etwas die schwarzen Fetzen gepackt und zöge daran, schossen sie durch das Loch hindurch. Kaum war die letzte Spur des fremden Geistes vergangen, stürzten die goldenen Ränder auch schon zusammen. Für einen Augenblick bildete sich ein grell aufleuchtender goldener Punkt, dann verschwand auch dieser.
Rian blinzelte erneut und runzelte die Stirn. »David?« Sie klang erstaunt, als habe sie nicht erwartet, ihn zu sehen.
»Rian?«, gab David erleichtert zurück.
Verwirrt versuchte sie, sich aufzusetzen. »Du kannst mich jetzt wieder loslassen.«
»Wenn du darauf bestehst ...« David öffnete die Arme. Ihre Haut fühlte sich wieder warm und weich an. Keine Spur der Kälte war zurückgeblieben.
Jubelgeräusche brachen neben ihnen aus. Luftperlen stiegen auf, in denen sich das Licht der Pflanzen brach. Gurgeln und Pfeifen erfüllten den Raum und Töne, die von höchsten Höhen in tiefste Tiefen und wieder zurück schwankten. David sah auf die Schwarmmutter. Die Schlieren waren tatsächlich gänzlich verschwunden, und auch wenn ihr Körper noch immer Anzeichen der Schwächung aufwies, kam es ihm vor, als leuchteten die Schuppen wieder stärker.
»Wir danken euch«, rief einer der Nöck.
»Ihr habt uns geheilt!«, fiel ein anderer ein.
»Und wir werden unser Wort halten und euch weiterhelfen«, ergänzte ein Dritter. »Sobald ihr es wollt.«
David sah Rian an. »Wie geht es dir? Willst du dich ein wenig ausruhen?«
Sie schüttelte den Kopf, strich sich über das Haar und rückte ihre Jacke zurecht, die durch die Ereignisse etwas in Mitleidenschaft gezogen worden war. Mit Bedauern im Blick bemerkte sie einige Pailletten, die sich gelöst hatten. »Mir geht es gut. Eigentlich möchte ich nur möglichst schnell ins Trockene und Warme.«
David nickte. »Gut. Also, bringt uns bitte zurück zu unserem Schiff und helft uns, schnell so weit wie möglich nach Norden zu kommen.«
»Wir können euch ein ganzes Stück weit von der Tidenwelle tragen lassen. Wir verstärken sie in der Nacht, sodass sie euch den Fluss hinaufbringt.«
David hatte den Überblick verloren, welcher Nöck wann was sagte und wann ihre Sätze ineinander übergingen. In Wirklichkeit, das wurde ihm klar, sprach ohnehin die ganze Zeit nur eine – Nöck-Nareva.
»Wir möchten euch aber noch etwas schenken.« Die Schwarmkönigin streckte eine Hand aus, und eine durchsichtige Kugel schwebte
Weitere Kostenlose Bücher