Elfenzeit 9: Im Bann der Dunklen Königin - Schartz, S: Elfenzeit 9: Im Bann der Dunklen Königin
in der Welt der Magie sahen sie nahezu alles.
»Und jetzt noch einmal!«, befahl der Getreue drohend.
Der Aurenseher sank auf die Knie. »Herr, ich schwöre Euch … ich kann es nicht erkennen. Es ist völlig verschwommen. Die magischen Strömungen überlagern und vervielfachen sich, als ob die Königin sich wie ein Baum verzweigt. Aus einem mir unbekannten Grund ist keine klare Sicht darauf möglich. Erst mit dem Beginn des Öffnungszaubers kann ich sie wieder erkennen.«
Der Getreue war versucht, seine Kapuze zurückzuschlagen, um sich allen Versammelten im Thronsaal zu zeigen.
Aber das wäre natürlich nicht sinnvoll. Und er sollte sich in seinem Zorn mäßigen, sich mehr auf die Vernunft konzentrieren. Der Aurenseher konnte ihm nicht weiterhelfen, seine eigene Magie stieß an ihre Grenzen. Was blieb ihm jetzt noch zu tun?
»Melemida!«, rief der Verhüllte mit dröhnender Stimme.
Die Dryade stakste eilig herbei. »Gebieter?«
»Lass alle zusammenrufen, die im Eid der Königin stehen, und diejenigen, die ihr auch so folgen wollen. Wer kann, soll sich bewaffnen. Wachen und Throngarde sollen sich bereithalten. Sorgt dafür, dass Ruhe und Disziplin herrschen. Verlangsamt euch, damit ihr keinen Hunger erleidet. Steht zusammen. Hast du mich verstanden?«
»Alles, Herr. Ich werde es sofort veranlassen.« Die Stimme Melemidas klang plötzlich hoffnungsvoll. Es schien weiterzugehen, vorwärts, eine Lösung würde gefunden werden. Und vermutlich würde sich das auch bald auf die anderen Elfen übertragen. Sie würden alles tun, was er verlangte, in Aussicht darauf, dass es eine Zukunft gab.
»Gut. Ich verlasse mich auf dich. Keiner von euch verlässt das Schattenland. Ich mache mich nun selbst auf die Suche nach der Königin, und ihr werdet hier warten, bis ich zurückkehre.« Er hob leicht die Hand. »Du bist verantwortlich, Zofe. Ich hoffe, du bist dir bewusst, was das bedeutet.«
»Ich werde es gewiss nicht vergessen, Herr«, versicherte Melemida.
Der Getreue wandte sich an einen Elfenmann, der in der Nähe der Dryade stand. Er trug eine Art Rüstung und einen Waffengürtel, in dem Schwert und Messer steckten. »Du«, sagte er zu ihm, »verleihst ihren Worten Nachdruck, falls die anderen zögern.«
»Gewiss, Gebieter«, sagte der Mann und verneigte sich.
Der Getreue runzelte die Stirn. Hatte er diesen Elfen nicht schon einmal irgendwo gesehen? Die Aura eines Hirsches haftete an ihm, doch war er kein Corvide. Er konnte sich des Namens nicht entsinnen.
Unwichtig
, dachte er und schritt weiter.
Was ist da schiefgegangen?
, dachte der Getreue, während er sich wieder auf den Weg in die Menschenwelt machte.
Wo mag meine Königin nur sein?
Für einen Moment verspürte er wieder ein heftiges Ziehen in der Brust, gefolgt von tiefer Leere. Anscheinend litt er immer noch unter den Nachwirkungen der Ereignisse am Ätna.
Langsam und nachdenklich kehrte er in die Menschenwelt zurück, wo Cor und der Kau beunruhigt auf ihn warteten. Zu melden hatten sie nichts, verlangten jedoch von ihm rasche Aufklärung, und er gab sie ihnen.
»Wo sollen wir suchen?«, riefen sie daraufhin eifrig. »Schickt uns, wohin Ihr wollt, Gebieter, wir werden weder rasten noch ruhen …«
Doch nur einer von beiden war dabei aufrichtig. Der Getreue spürte sofort den aufkeimenden Widerstand im Kau, welcher sich schon lange gegen seine Abhängigkeit wehrte. Er war ein nicht minder boshaftes Geschöpf wie der Spriggans, jedoch wankelmütig und wenig verlässlich. Nun keimte in dem dürren kleinen Elfen umgehend wieder Hoffnung auf, sich endlich davonmachen zu können.
»Ihr werdet weiterhin hier Wache halten«, lehnte der Verhüllte ihr Angebot ab. »Niemand darf die Linie überschreiten, egal in welche Richtung. Ich habe zwar mit einer magischen Sperre vorgesorgt, doch in diesen Tagen weiß man nie. Und achtet vor allem darauf, dass keiner von der Gegenseite hier herumschnüffelt. Tötet jeden, der zu neugierig ist.«
»Gewiss, Meister«, sagte Cor. Der Kau schwieg.
Der Getreue neigte sich zu ihm hinab, und die Säume seines Licht schluckenden Umhangs schlugen leicht nach dem Diener, als wollten sie ihn umfangen. Der kleine Elf wurde aschfahl, und er legte unwillkürlich die Hände an seinen Kopf, als erwarte er Schläge. Seine dünnen langen Ohrspitzen zitterten.
»Ich weiß, was du willst«, flüsterte der Finstere. Die Feuchtigkeit seines Atems gefror in der von ihm ausströmenden Kälte zu winzigen Eiszapfen, die auf den Kau
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