Elfenzeit 9: Im Bann der Dunklen Königin - Schartz, S: Elfenzeit 9: Im Bann der Dunklen Königin
Und nun ist er tot. Unser Auftraggeber ist darüber ziemlich ungehalten. Er möchte wissen, warum und was die Oreso damit zu tun hat. Nur ein paar Fragen, mehr nicht, verstehst du? Unser Auftraggeber ist sehr reich und sehr gesittet, ihm geht es lediglich ums Geschäft. Für deine Freundin besteht keine Gefahr – im Gegensatz zu dir, wenn du nicht bald mit der Sprache herausrückst.«
Tom schmeckte Eisen im Mund. Er spürte, wie Blut aus seiner Nase rann, und hatte Angst vor den nächsten Prügeln. Und davor, dass sie ihn am Ende umbringen würden, einfach so. Ihm war, als wäre er in einer Sackgasse angelangt, und empfand Bitterkeit, weil er keine Gelegenheit gehabt hatte, sich darauf vorzubereiten. Und gerade jetzt, das war ungerecht.
»Seid ihr fertig?«, stieß er mühsam hervor und gab ein klein wenig seiner Igelstellung auf.
»Wir fangen gerade erst an.« Der Große hatte zum ersten Mal gesprochen und grinste breit. Er bückte sich, um nach Tom zu greifen.
In diesem Moment erklangen Stimmen von der Tür her. »Ist alles in Ordnung? Hallo? Was hat dieser Lärm zu bedeuten?«
Tom seufzte erleichtert. Das war der Segen einer übersichtlichen Stadt und von Altbauwohnungen – da taten die Nachbarn nicht so, als wären alle anderen Luft.
»Nichts, es ist alles in Ordnung, gehen Sie nur!«, antwortete der Breitschultrige mit ziemlich starkem Akzent.
Aus dem Augenwinkel sah Tom zwei Gestalten auftauchen. Diese Nachbarn hatte er in den letzten Wochen schon ein paarmal gesehen, Peter Uhrig von nebenan und Nicole Hutter vom Stockwerk drüber. Sie hatten immer mal ein paar Worte gewechselt, beide waren offen und freundlich und erkundigten sich stets nach der »netten Frau Oreso«.
»Was machen Sie denn da?«, rief Nicole Hutter. »In dieser Wohnung haben Sie ganz gewiss nichts verloren, und wieso liegt der Mann am Boden?«
Peter Uhrig sagte drohend: »Verschwinden Sie, oder ich rufe die Polizei!«
Kluger Mann
, dachte Tom dankbar. Uhrig wusste, dass er die zwei ohnehin nicht festhalten konnte, bis die Polizei kam. Und es würde jede Menge Scherereien geben, die am Ende nur zur gewohnheitsmäßigen Einstellung des Verfahrens führten.
Die beiden Amerikaner zögerten kurz, dann entschieden sie sich zu gehen. »Wir sehen uns«, sagte der Breitschultrige zu Tom, dann waren sie draußen.
Die beiden verstörten Nachbarn halfen Tom hoch aufs Sofa, die Frau holte Tuch und Wasser aus der Küche und der Mann einen Whisky aus Nadjas Bar.
»Was ist passiert?«, wollten beide wissen, während sie Toms Gesicht behutsam abtupften und ihm den Drink eintrichterten.
»Ich habe keine verdammte Ahnung«, antwortete er und prüfte seinen Kiefer. Sein Kopf brummte wie ein Bienenstock, aber Magen und Rücken ging es langsam besser. »Sie wollten wissen, wo Nadja ist.«
»Haben Sie es denen gesagt?«
»Natürlich nicht.«
So weit kam ich nicht
, fügte er in Gedanken hinzu. Aber das musste ja nicht jeder wissen.
»Sehr gut! Braucht nicht jeder zu glauben, dass wir so leicht einzuschüchtern sind.« Peter klopfte Tom anerkennend auf die Schulter, was ihm ein schmerzliches Stöhnen entlockte.
Nun, da er sich entspannte, wurden die Kopfschmerzen noch schlimmer; sein Gesicht schwoll an.
»Ich hole einen Krankenwagen«, entschied Nicole Hutter.
»Nein, ich komme zurecht.« Unangenehme Fragen hatten ihm gerade noch gefehlt, womöglich käme sogar die Polizei … Und er war sicher, dass er außer Blutergüssen nichts davongetragen hatte. Das wurde von selbst wieder.
»Oder soll ich Sie zum Arzt fahren?«, schlug Uhrig vor.
»Sie sind sehr hilfsbereit – und sehr mutig. Danke.« Tom lächelte die beiden schief an, soweit es ihm möglich war. Wahrscheinlich sah er aus wie ein Zombie, der in eine Zitrone gebissen hatte. Den Nachmittag im Park musste er wohl streichen. »Ich schaffe es wirklich, mir fehlt nichts weiter. Geben Sie mir nur ein paar Minuten, dann gehe ich nach Hause und bemitleide mich dort.«
»Na, wenn Sie meinen.« Die beiden Nachbarn zögerten sichtlich, doch dann folgten sie seinem Wunsch und ließen ihn allein. Aber sie würden aufpassen, versprachen sie, und sobald sie die beiden Typen wiedersähen, würden sie sofort die Polizei holen. Tom bedankte sich noch einmal aufrichtig und wusste, auf die beiden war Verlass.
Als Tom die Tür zuklappen hörte und allein war, ließ er sich gehen und jammerte vor sich hin. Er fühlte sich hundeelend und schlotterte immer noch vor Angst. Ab jetzt konnte er nie mehr
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