Elfenzorn
fast komisch klang. Schimpfend wie ein Rohrspatz und schmutziges Stroh und Erdkrumen ausspuckend, rappelte sie sich hoch und zog gleich darauf mit einem fast noch komischeren Quieken den Kopf ein, als Flammenhufs Schwinge noch einmal wie eine gewaltige weiße Sense über sie hinwegzischte.
Pia hatte alle Mühe, vor Lachen nicht laut herauszuplatzen. Sie war unter der Tür stehen geblieben, nach Farlans Worten auf das Schlimmste gefasst, aber die kurze Szene, deren Zeugin sie jetzt wurde, kam ihr ganz im Gegenteil eindeutig komisch vor; und Eirann, der mit vor der Brust verschränkten Armen auf der anderen Seite des Stalls stand und kopfschüttelnd zusah, ganz offensichtlich auch. Sein Gesicht war so ausdruckslos und beherrscht wie gewohnt, aber in seinen Augen war ein amüsiertes Funkeln zu erkennen, und dann und wann zuckten seine Mundwinkel verräterisch. Pia hatte bisher nicht einmal gewusst, dass sein Volk Sinn für Humor hatte.
Die Einzige, die die Situation ganz und gar nicht komisch fand, war Alica. Flammenhuf versuchte nicht, sie noch einmal umzuwerfen, sondern hatte sich ganz im Gegenteil herumgedreht und wandte ihr demonstrativ den Rücken zu – beziehungsweise das Hinterteil mit dem prachtvollen weißen Schweif, der jetzt nervös hin und her zuckte. Pia vermutete, dass er allein kräftig genug war, um sie wie mit einem Peitschenhieb niederzustrecken.
»Du verdammter dämlicher Ackergaul!«, schimpfte sie, wich zugleich aber auch sicherheitshalber ein gutes Stück vor dem Pegasus zurück, als Flammenhuf den Kopf drehte und sie aus seinen klugen Augen ansah. »Was ist denn in dich gefahren, du blöde Schindmähre? Ich will doch nichts Schlimmes von dir!«
»Ich schätze, er mag bloß deinen Ton nicht«, sagte Pia, indem sie ihren Beobachtungsposten unter der Tür aufgab und ganz in den weitläufigen Saal trat, den man zu einem Stall für den Pegasus umfunktioniert hatte. Irgendwann musste das wohl einmal so etwas wie ein Palast gewesen sein, zumindest für hiesige Verhältnisse. Durch eine Anzahl schmaler, aber fast bis unter die Decke reichender Fenster strömten Licht und Luft schon fast im Übermaß herein, und auch hier waren die Wände mit kunstvoll ausgemalten Reliefarbeiten übersät. Unter dem Stroh auf dem Boden verbarg sich ein schon fast filigranes Mosaik (das Flammenhufs eisenharte Hufe jetzt genüsslich zuschanden trampelten) und es gab keine Boxen oder andere Unterteilungen. Der Raum war so groß, dass Flammenhuf selbst mit ausgebreiteten Schwingen zweimal darin Platz gefunden hätte, und roch nicht einmal wie ein Stall. Im Vergleich mit dem muffigen Zelt, in dem sie den Hengst das erste Mal gesehen hatte, war es wirklich ein Palast – aber ein Gefängnis blieb ein Gefängnis, selbst wenn seine Mauern aus Gold bestanden. Begriffen diese Leute denn nicht, dass Flammenhuf kein Tier war, sondern ein Geschöpf der Luft, das nicht einmal den Himmel als Grenze akzeptierte?
»Ja, genauso einen schlauen Kommentar habe ich jetzt gebraucht!«, fauchte Alica, sah aber nicht einmal in ihreRichtung, sondern musterte den weißen Pegasus aufmerksam aus zu engen Schlitzen zusammengekniffenen Augen. Wahrscheinlich suchte sie nach einem Weg, um sowohl an seinen gefährlichen Hinterläufen als auch an den kaum weniger bedrohlich wirkenden Flügeln vorbeizukommen. Pia registrierte erst jetzt, dass Alica etwas in der Hand hielt, was sie im ersten Moment für ein zusammengerolltes Lasso hielt und im zweiten als ledernes Geschirr erkannte.
»Du willst ausreiten?«, fragte sie.
Alica nickte grimmig. »Theoretisch schon. Und praktisch auch.« Damit steppte sie blitzartig nach rechts, dann nach links und dann wieder in die entgegengesetzte Richtung. Gleichzeitig duckte sie sich leicht, um auch einer eventuellen weiteren Attacke der gewaltigen Schwingen zu entgehen, während sie vorpreschte und das Zaumzeug hob, um es dem Pegasus überzustreifen. Flammenhuf wandte beinahe gelangweilt den Kopf und versuchte, weder nach ihr zu treten, noch die Flügel zu spreizen, sondern zuckte nur beiläufig mit dem Schwanz, wie um eine lästige Fliege zu verscheuchen. Diesmal schlug Alica gleich einen anderthalbfachen Salto, an dessen Ende sie mit dem Gesicht voran im Stroh landete und auch einige Sekunden lang benommen liegen blieb.
Pia ging kopfschüttelnd an ihr vorbei, ließ sich mit einer bewusst gezierten Bewegung in die Hocke sinken und hob das Zaumzeug auf, das sie mit spitzen Fingern und am ausgestreckten Arm weit von
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