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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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verzog das Gesicht. »Aber du hast schon recht. Es tut weh.«
    »Du hast es wie üblich wieder einmal genau erkannt«, sagte Toni spöttisch. »Geschieht dir ganz recht … sich von einem Mädchen verprügeln lassen …« Er schenkte sich selbst einen Kaffee ein, nippte aber nur flüchtig daran und verzog dann dasGesicht, als hätte er versehentlich einen kräftigen Schluck Essig genommen.
    »Du hast dich also die ganze Nacht irgendwo versteckt?«, fragte er. Pia nickte. »Und du kannst dich nicht erinnern, wo?«
    »Überall und nirgends«, antwortete Pia. »Warum?«
    »Ach, nur so«, erwiderte Toni leichthin. Er war ein ziemlich schlechter Schauspieler, fand Pia. Aber eigentlich war er ja bei allem, was er tat, ziemlich schlecht. »Mir ist es ja auch völlig egal, und Max erst recht … aber Onkel José stellt manchmal die komischsten Fragen.«
    »Zum Beispiel?«, fragte Pia alarmiert.
    »Na ja, er fragt sich zum Beispiel, was das für ein komisches Kleid war, das du angehabt hast, als wir dich in Estebans Haus gefunden haben.«
    »Wenn ich mich richtig erinnere«, sagte Pia gedehnt, »dann habe ich gar nichts angehabt, als wir uns das erste Mal gesehen haben.«
    »Na dann eben das Kleid, das neben der Wanne gelegen hat«, antwortete Toni. Er gab sich redlich Mühe, weiter den Gelangweilten zu spielen, der einfach nur nachplapperte, was man ihm aufgetragen hatte, ohne dass es ihn interessierte, aber er war wirklich ein miserabler Schauspieler. Das Verhör war in vollem Gange. Und vielleicht hatte sie ihn doch unterschätzt.
    »Ah, das«, sagte sie. Ja, das war zweifellos eine Antwort, die sein Misstrauen sofort und restlos zerstreuen musste.
    »Ich versteh ja nichts von Mode«, fuhr Toni fort. »Kleider interessieren mich eigentlich nur, wenn sie neben ihrer Besitzerin auf dem Boden liegen, stimmt’s, Consuela?« Er zwinkerte der Köchen in dem knappen schwarzen Kleid zu, und sie schnitt ihm eine Grimasse und drohte ihm dann spielerisch mit dem Zeigefinger. »Aber Onkel José scheint sich da besser auszukennen … oder behauptet es jedenfalls. Er sagt, so ein Kleid habe er noch nie zuvor gesehen.«
    »Ich auch nicht«. antwortete Pia. »Es … lag im Haus rum. Muss wohl Alica gehören.«
    »Und da hast du es einfach angezogen?«
    »Es war das Erstbeste, was mir in die Finger gekommen ist«, antwortete Pia. »He, ich stand unter der Dusche, als die Kerle aufgetaucht sind! Ich hatte keine Zeit für eine Modenschau! Vielleicht gehört der Fetzen ja Alica.«
    »Du scheinst eine Menge Zeit unter der Dusche zu verbringen«, sagte Toni nachdenklich, machte aber auch eine rasche Geste, als Pia etwas sagen wollte. »Geht mich ja auch nichts an … und Onkel José eigentlich auch nicht, wenn du mich fragst. Er macht sich nur so seine Gedanken.«
    »Was für Gedanken?«
    »Seltsames Zeug, eben«, antwortete Toni. »Nichts als Unsinn, wenn du mich fragst. Weißt du, Onkel José ist ein netter alter Kerl, wirklich, aber manchmal denkt er einfach um drei Ecken. Er hat diesen Freund, von dem er dauernd redet, weißt du, den Juwelier, und der hat ihm irgendeinen Unsinn von dem Messer erzählt, und einer uralten Kultur, und dann sieht er dieses komische Kleid, und …«
    »Und?«, fragte Pia, als er nicht weitersprach.
    Toni hob die Schultern. »Nichts, und. Ich sollte dich das fragen, das ist alles.«
    Nein, dachte Pia. Das solltest du nicht. Du solltest mich verunsichern, das ist alles. Und es ist dir gelungen . Wie es aussah, hatte sie Onkel José wohl doch unterschätzt, und mindestens einen seiner Neffen auch.
    Etwas scharrte, ein Geräusch wie von einem Stuhl, der ein kurzes Stück weit über rauen Holzboden gezerrt wurde, nur auf unheimliche Weise … lebendig . In ihren Augenwinkeln war noch immer vage Bewegung, ein Zucken wie die Beine einer verendenden Spinne, aber sie sah nicht zum Fenster hin. Es wäre sinnlos gewesen. Sie wusste, dass sie dort nichts gesehen hätte. Die Bewegung war immer nur in ihren Augenwinkeln, ganz gleich,wohin sie auch sah, denn sie stammte nicht von etwas, das versuchte, in ihr Gesichtsfeld zu gelangen, sondern von etwas, das aus einer anderen Wirklichkeit herüberkriechen wollte.
    Sie schloss die Augen und versuchte das unheimliche Gefühl zu verscheuchen, aber es gelang ihr nicht. Hastig griff sie mit beiden Händen nach ihrer Tasse, aber ihre Finger zitterten plötzlich so stark, dass es ihr nicht gelang, sie auch nur halbwegs ruhig zu halten. Consuela trat wortlos neben sie, nahm ihr die

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