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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erkennen. Sie bezweifelte, dass die Besatzung des Hubschraubers tatsächlich das Feuer auf sie eröffnen würde – nicht mitten in der Stadt und aus dreißig oder vierzig Metern Höhe. Aber für die Männer in den Streifenwagen galt das nicht. Pia konnte sie nur als verschwommene Schemen in einem Meer aus gleißender Helligkeit erkennen, aber es waren viele .
    »Also, ich habe den Film nie gesehen«, murmelte Jesus. »Aber so ähnlich muss es am Ende von Bonnie und Clyde gewesen sein … sind sie nicht am Schluss draufgegangen?«
    »Das verwechselst du mit Butch Cassidy and the Sundance Kid. Da war es so ähnlich. Und sie sind nicht draufgegangen.«
    »Nein?«, fragte Jesus zweifelnd. Seine Hand schloss sich fester um den Griff der Magnum, die er wieder im Schoß liegen hatte.
    »Nein«, bestätigte Pia. »Der Film hört auf, als sie aus dem Haus stürmen.« Ihr Blick tastete immer verzweifelter über die Straße.
    »Du meinst die Szene, in der man die fünfhundert Pistoleros sieht, die draußen auf sie warten?«, fragte Jesus.
    »Es sind nicht mal dreihundert«, erwiderte Pia. Und damit auch nicht wesentlich mehr, als hier darauf warteten, dass sie aus dem Wagen stiegen und auch nur eine einzige falsche Bewegung machten, dachte sie. Sie saßen in der Falle, und zwar diesmal endgültig. Es war nicht das erste Mal in letzter Zeit, dass ihr dieser Gedanke kam … mit einem kleinen, aber entscheidenden Unterschied: Diesmal stimmte es.
    Das Licht des starken Suchscheinwerfers machte sie fast blind – was wohl auch der Sinn der Sache war –, aber sie erkannte trotzdem, dass sich die Straße vor ihnen in ein einziges Meer ausblitzenden Lichtern, Glas und Lack verwandelt hatte. Die meisten Polizisten waren ausgestiegen und hatten hinter offen stehenden Türen oder Motorhauben Deckung gesucht und zielten mit Pistolen und Revolvern auf sie; einer oder zwei auch mit einem Gewehr. Pia musste sich nicht herumdrehen, um zu wissen, dass es hinter ihnen genauso aussah. Jesus war vielleicht nicht von ungefähr auf seinen Vergleich gekommen. Die Szene hatte tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit mit dem einen oder anderen Hollywood-Film. Sie hatte solche Action-Szenen eigentlich immer gerne gesehen … aber doch nicht als Hauptdarstellerin , verdammt noch mal!
    »Vielleicht sollten wir wirklich aufgeben«, sagte Jesus leise. »Mit ein bisschen Glück schießen sie uns ja nur in die Beine.« Eigentlich flüsterte er nur noch. Pia musste ihn nicht einmal mehr ansehen, um zu wissen, wie schnell er abbaute. Selbst wenn sie wie durch ein Wunder hier rauskamen, würde er es vielleicht nicht schaffen.
    Aber so durfte es nicht enden!
    Ihr Fuß spielte nervös mit dem Gaspedal. Der Wagen zitterte, und das Motorengeräusch klang jetzt wirklich ungesund; ein mühsames Röcheln und Klappern, an dem nichts mehr an das luxuriöse sanfte Brummen erinnerte, mit dem ihre Amokfahrt begonnen hatte.
    »Nein, jetzt im Ernst« sagte Jesus. »Lass uns … aufgeben. Sie erschießen uns, wenn wir es nicht tun.« Seine Stimme war kaum noch mehr als ein Flüstern. Noch ein paar Augenblicke, begriff sie, und er würde das Bewusstsein verlieren; oder Schlimmeres. Sie sah sich noch einmal und noch verzweifelter um, aber es blieb dabei: Sie saßen in der Falle. Die Straße vor und hinter ihnen war blockiert. Nicht einmal der tonnenschwere Wagen konnte diese Barriere durchbrechen; ganz davon abgesehen, dass ihn die Polizisten mit ihren Gewehren und großkalibrigen Revolvern in ein Sieb verwandeln würden, bevor sie die Barrikade auch nur erreicht hatten. Auf der linken Seite erhob sich eine Reiheeinfacher Wohn- und Bürogebäude, hinter deren Fenstern ein Licht nach dem anderen anging – natürlich wollten die guten Leute dort die kostenlose Show genießen –, und der Anblick auf der anderen Seite war auch nicht wesentlich besser, außer dass es dort ein paar Ladengeschäfte mit hell erleuchteten Schaufenstern gab. Nirgends war eine Lücke zu sehen, in die auch nur ein Fahrrad gepasst hätte, geschweige denn der überbreite Wagen.
    Pia sah, wie sich einer der Polizisten vor ihnen hinter seiner Deckung aufrichtete, demonstrativ seine Waffe einsteckte und dann langsam und mit erhobenen Armen näher kam.
    »Bevor sie uns durchlöchern«, fragte Jesus matt, »verrätst du mir denn wenigstens noch, warum die ganze Stadt eigentlich hinter uns her ist?«
    So genau wusste Pia das selbst nicht; ebenso wenig wie der Großteil der Männer dort draußen, vermutete sie –

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