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Elfriede im Salon (German Edition)

Elfriede im Salon (German Edition)

Titel: Elfriede im Salon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Milk
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könnte, für ihn eine ungeheure Behauptung und Verleugnung seines Lebenswerks. Im kleinen Universum des philosophischen Salons war die Rolle von Elli, vormals Elfriede, weiterhin ungeklärt, aber offensichtlich durfte sie bleiben.    
     
     
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    Professor Hügel hatte zwar etwas von einem Urknall gefaselt, aber es wäre doch eine sehr weit gehende Interpretation, diesen als einen Start für eine großartige Orgie anzusehen. Die atemberaubende Geschwindigkeit, mit der gegessen wurde, sagte vergleichsweise wenig über eine zukünftige Arbeitseffizienz aus. Keine Frage, es würde gelingen, dass die Glieder der Philosophen wieder anschwellen würden, vorausgesetzt die beiden Frauen wären etwas behilflich und sei es nur dadurch, dass sie freizügig ihre nackten Körper zeigten. Da die Ernsthaftigkeit des Abends gewahrt bleiben sollte, würde man nach dem Essen kein Strip-Poker spielen, obgleich ein Kartenspiel im philosophischen Salon zur Verfügung stand. Wenn man auch die Philosophie als ein großartiges Spiel deuten kann, war die Variante “Stripphilosophie” noch nicht erfunden und es war auch nicht zu erwarten, dass irgendeinem der Freigeister hier am Tisch ein passendes Regelwerk einfallen würde, um ein solches Spiel einzuleiten. Mögliche Diskussionsbeiträge hätten prämiert werden können; der Preis: die Hingabe einer jungen Frau. Durchaus umstritten ist, ob eine Frau wie Lulu sich bei der Ausübung ihres Geschäfts überhaupt hingibt bzw. hingeben kann. Eine äußerst schwierige Aufgabe lag vor den Philosophen, die innerhalb des zeitlich gesetzten Rahmens von einem Abend kaum gelöst werden konnte. Da die Frage nach dem Sex theoretisch und praktisch angegangen werden sollte, wäre vielleicht ein zeitlicher Rahmen von einem Jahr angemessener gewesen. Fünfzig Abende mit Lulu und Elfriede erscheinen hinreichend für ein Projekt mit solchem Gewicht. Das Projekt hätte allerdings Fördermittel des Bundes bzw. des Landes bedurft. Welch eine Aufgabe und was für ein Vergnügen, sie lösen zu dürfen. Um verschiedene Aspekte der körperlichen Liebe auszuloten, hätte es sich empfohlen, auf verschiedene Frauen zurückzugreifen. Die Rolle der Elfriede war in einem solchen Projekt weiterhin undefiniert. Vielleicht mochte sie den Moment der Eifersucht und Sehnsucht bewirken. Die Arbeit würde von einem Bericht begleitet, der seinesgleichen in der Welt der Philosophie suchen würde, und man hätte getrost annehmen können, dass das Werk unseres Autorenkollektivs auf den Bestsellerlisten der Fachliteratur zu finden wäre. Allerdings war zu befürchten, dass der Bericht, da von Laien verfasst, auf eine vernichtende Resonanz der Fachkritik gestoßen wäre. Trotz der schwierigen Mission, in der unsere Philosophen unterwegs waren, war noch nicht mal ein weiterer Abend ins Auge gefasst worden, der die Einsichten und Praktiken der Philosophen hätte vertiefen können. Da man gewöhnlich den Verlauf eines Abends nicht protokollierte, würde auch kein Paper in einer philosophischen Fachzeitschrift veröffentlicht werden. Dieses hätte Anstoß geben können für ein zeitlich großzügiges Projekt, unter der Federführung von Männern, die einen Lehrstuhl für Philosophie besaßen.
    Die zuständigen Organe der Philosophen begannen schon damit, das Essen zu verdauen, als Robert Unmuth zur Diskussion stellte, ob man sich nach dem Essen ausziehen solle, um sich in geeigneter Weise der weiteren Arbeit zu stellen. Ungefragt äußerte sich Elfriede, dass dies ein guter Vorschlag sei. Dieses permanente An- und Ausziehen würde nur unnötige Brüche verursachen. Sicherlich würde zu Anfang die Männer eine Beklemmung befallen, die sich aber vielleicht schnell legen würde, da man sich an die Nacktheit gewöhnen könnte. Dann würde ein weiteres Arbeiten um so leichter fallen. Elfriede stellte nicht in Aussicht, dass sie sich, dann ebenfalls nackt, auf den nackten Schoß von Professor Hügel oder Dr. Schwarz setzen würde.
    Obgleich sich - fast wie ein Wunder - eine optimistische Grundstimmung im Salon gebildet hatte, drohten nach diesen Diskussionsbeiträgen wieder dunkle Wolken des Schwachsinns und der Verlegenheit aufzuziehen. Es schien so, als ob mit dem Ablegen der Kleidung gleichsam die intellektuelle Kompetenz abgegeben würde. Sollte es noch schlimmer kommen, als es schon gewesen war? Lulu fragte, ob sie schon ihre Bluse ablegen

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