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Elia Contini 03 - Das Verschwinden

Elia Contini 03 - Das Verschwinden

Titel: Elia Contini 03 - Das Verschwinden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Fazioli
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Flöße und die Kakteen, die ich im Wohnzimmer züchte. Ich habe Francesca gehen lassen, ich habe den Frieden, den ich mir gesucht hatte, abgelehnt und mir einen neuen Krieg gesucht. Ich weiß, Sie können mir auch nicht helfen, das alles zu verstehen. Vielleicht weil ein Leben ohne Dramen selber ein Drama wäre.
    Sichtlich ungeduldig sprang der graue Kater auf den Tisch. Sein Schwanz zuckte hin und her, er riss gähnend das Maul auf, und Contini sah ein, dass es irgendwann Zeit ist, mit dem Jammern aufzuhören und stattdessen ans Essen zu denken. Er stand auf und füllte die Schüssel des Katers mit Fleisch. Du hast schon Recht, Kater. Warum muss ich immer alles kompliziert machen, warum kann ich nicht das Einfache sehen? Das Leben, wie es ist.
    Contini ließ den Kater frühstücken und ging frische Luft schnappen. Es war ein heller Morgen Ende August mit blassblauem, leicht verschleiertem Himmel, und die Luft roch nach Brombeeren. Er ging nach hinten in den Garten und pflückte sich ein paar Beeren vom Strauch, und während er sie aß, beschloss er, an den Punkt zurückzukehren, an dem ihm der Überblick verloren gegangen war. Er kehrte ins Haus zurück, zog sich eine Barchenthose und einen Anorak an, setzte einen alten Hut auf, verließ das Haus durch den Hintereingang und schlug den Weg in den Wald ein.
    Er ging zwischen den Kastanien dahin, deren Früchte allmählich reif wurden, stieg immer höher hinauf und zu den Fichten und Tannen und Latschen. Nachdem er erst die Alp, dann den kleinen Felsenkamm und dahinter noch einmal den Tresalti überquert hatte, blieb er kurz stehen, und schon ertönte der Ruf: »Wer da?«
    »Rate mal«, rief Contini zurück.
    »Sieh an!« Der alte Jonas grinste. »Ist er wieder da, unser Contini. Und mit was für einer Leichenbittermiene!«
    Contini nahm seinen Hut ab und wischte sich die Stirn.
    »Du hast anscheinend die Zeitungen gelesen.«
    »Ich habe gesehen, dass der Fall, wie ihr zu sagen pflegt, gelöst ist.«
    Der Einsiedler trug wie immer seine Chicago-Bulls-Mütze und zerschlissene Militärjacke und hatte sein Jagdgewehr geschultert.
    »Mehr oder weniger …«
    Sie schlugen den Weg zu Gionas Behausung ein. Contini gab ihm eine Zusammenfassung der jüngsten Ereignisse, eingeschlossen die zwei Briefe von Kate und die Abreibung, die ihm Ferdis Schläger verpasst hatten.
    »Du bist anscheinend nicht glücklich, wenn du dich nicht verhauen lassen kannst«, kommentierte Giona.
    »Außerdem hat mir der oberste Chef, der Herausgeber der Zeitung, einen Rüffel verpasst.«
    »Armer Contini …«
    Giona hatte eine sehr flotte Gangart, sprang flink wie eine Ziege von einem Felsblock zum nächsten, und Contini keuchte erzählend hinter ihm her. Als Giona vernahm, dass Natalia nicht mehr nach Corvesco kommen wollte, verfinsterte sich seine Miene. Er wurde langsamer, blieb stehen, drehte sich zu Contini um und warf ihm hin: »Ihr habt einen Fehler gemacht. Alle reden zu viel.«
    »Wie bitte?«
    »Na schau, wir sind schon da.«
    Die Bergwiese vor Gionas Hütte leuchtete im Sonnenlicht. Der Alte brachte zwei Segeltuchstühle heraus, die gewiss noch aus den fünfziger Jahren stammten, und schlug Contini vor, »einen Aperitif zu verkosten«. Contini nahm gern an: Mit Giona durfte man es nicht eilig haben.
    Sie plauderten über Füchse und Wälder, dann berichtete Giona den neuesten Klatsch aus dem Dorf. Wie er es anstellte, ständig so gut informiert zu sein, war ein Rätsel. Ab und zu besuchte ihn zwar jemand, aber seine Gäste kamen ja nicht, um zu tratschen; er selbst klaubte hier etwas auf und schraubte dort etwas zusammen, wie ein Mechaniker, der seinen alten Motor in- und auswendig kennt.
    Später aßen sie Safranrisotto und tranken dazu einen halben Liter Merlot. Dann zündete sich Contini eine Zigarette an, und Giona zog eine Zigarre hervor, und als sie beide rauchend, mit einem Gläschen Grappa in der Hand beieinandersaßen, fragte Contini: »Wieso findest du, dass wir alle zu viel reden?«
    Giona erzeugte erst eine mächtige Rauchwolke, ehe er antwortete: »Die Polizisten schnüffeln im Tukan herum, ermitteln im Prostitutionsmilieu, verhören Verdächtige, machen halt, was die Polizei so macht. Aber ich dachte, dass wenigstens du bei Natalia bleibst.«
    »Ich hab’s ja probiert!«
    »Dabei schien gar nicht mehr viel zu fehlen.« Vom Rauch umwabert, sprach Giona mehr für sich. »Irgendwo ist ein Verzug, eine tote Zeit, jedes Mal. Aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, wer

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