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Elidar (German Edition)

Elidar (German Edition)

Titel: Elidar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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begleiten.«
    Der Junge sah im Bewusstsein seiner wichtigen Mission ernst zu ihr auf. »Ich habe aber die Anweisung, dich zu seiner Magnifizenz zu bringen.«
    »Dann walte deines Amtes«, erwiderte Elidar und verkniff sich ein Lächeln. Sie folgte ihm und betastete dabei den Stoff ihres Habits, der sich ungewohnt steif und neu anfühlte.
    »Magister Zorn, Eure Magnifizenz«, rief Avitus und klopfte an die Tür zu Sturms Arbeitszimmer.
    »Herein«, erklang es leise von drinnen.
    Der Novize öffnete die Tür und ließ Elidar eintreten.
    »Elidar, komm näher«, hörte sie Sturms Stimme. Wieder lag das Zimmer im Halbdunkel, die Vorhänge waren zugezogen und ließen nur an den Rändern ein wenig von dem strahlenden Sonnenlicht in den Raum dringen.
    »Magnifizenz, Ihr habt nach mir geschickt?«
    »Setz dich her«, sagte er. Sie sah die Hand, die sich hell auf der Armlehne seines Sessels bewegte.
    Beklommen setzte sie sich auf den Stuhl ihm gegenüber und blickte auf die Dunkelheit, die den Magier beinahe vollständig vor ihren Blicken verbarg. Es war nicht nur das Dämmerlicht des Raumes, ein zusätzlicher, tieferer Schatten hüllte ihn ein.
    »Du bist ernannt worden?«
    »Ja.«
    Ein Seufzen erklang aus dem Schatten. »Es ist falsch«, sagte Sturm.
    Elidar erwiderte nichts darauf. Nach einer Weile hörte sie ihn mit schwacher Stimme sagen: »Hüte dich, Kind.«
    Elidar wartete auf eine Erklärung, doch vergebens. »Wovor soll ich mich hüten, Magnifizenz?«, fragte sie schließlich.
    Er antwortete nicht sofort. Sie hörte seinen Atem, der schwer und röchelnd ging.
    »Er wird dich benutzen«, sagte er nach einer Weile. Wieder eine Pause, die Elidar nicht zu unterbrechen wagte. Dann fuhr Sturm fort: »Sei auf der Hut, Elidar. Er benutzt dich und er wirft dich weg, wenn du nicht mehr nützlich für ihn bist.« Er hustete.
    »Wer, Eure Magnifizenz?«, fragte Elidar verwirrt.
    Die Dunkelheit, die den Magier verhüllte, verschwand. Elidar verschluckte einen Laut des Schreckens. Das Gesicht, das sie anblickte, schien keinem Lebenden zu gehören. Haarlose Haut spannte sich über Knochen, papierdünn und zum Zerreißen gespannt. Die Augen lagen so tief in ihren Höhlen, dass sich kein Licht darin spiegelte. Die Lippen waren krampfhaft von den Zähnen gezogen und zu einem totenkopfähnlichen Grinsen erstarrt.
    Dennoch öffnete dieser Schädel erneut den Mund und flüsterte: »Bär.«
    Sie hörte seinen Atem wie einen löchrigen Blasebalg. Dann bewegte er die Hand, winkte sie näher heran. Elidar beugte sich vor, bis sie vor seinem Sessel kniete. Sein Atem strich über ihre Wange. Sie hatte erwartet, dass er nach Krankheit, Alter, Tod stinken würde, aber der Hauch, der sie traf, war so frisch und rein wie der eines Kindes.
    »Du warst mein liebster Schüler«, flüsterte Sturm. »Die Dunkle Nigh hat dich erkannt. Wärst du doch nur früher gekommen. Du hättest mein Nachfolger werden können, mein Sohn.« Eine einzelne Träne lief über sein regloses Gesicht.
    Elidar fröstelte. »Magnifizenz«, sagte sie. »Ihr hättet mich niemals zu Eurem Nachfolger gemacht. Ich bin nicht das, was Ihr euch erhofft habt.«
    Wieder füllte der keuchende, pfeifende Atem die Pause. Dann bewegte sich der Kopf des Magiers sacht. »Du bist der Äthermagier«, flüsterte er flehend. »Heile mich, Sohn. Du bist der Einzige, der das vermag.«
    Elidar ließ den Kopf auf ihre ineinander verschränkten Hände sinken. »Ich kann es nicht, Magnifizenz«, erwiderte sie gequält. »Meine Kräfte haben mich verlassen.«
    Ein seltsames Geräusch ließ sie aufblicken. Der alte Magus schien sich in Krämpfen zu winden, er ruckte vor und zurück, sein Kopf wackelte hin und her, und er stieß abgehackte, krächzende Laute aus. Sie erschrak, griff nach seiner knochigen Hand, und dann begriff sie, dass er lachte.
    »Dummer Junge«, keuchte er. Seine zitternde Hand wischte über sein Gesicht. »Du kannst sie nicht verlieren, so wenig, wie du deinen Namen verlieren kannst oder deine Eltern.«
    Er klopfte sich gegen die Brust. »Deine Kräfte sind bei dir. Immer.«
    Elidar schüttelte den Kopf. »Ich belüge Euch nicht, Magnifizenz. Sie sind verschwunden, seit ich der schwarzen Sphäre begegnet bin.«
    Er neigte den Kopf. »Die Dunkle Nigh«, sagte er, und aus seiner Stimme klangen Sehnsucht und Trauer zugleich. »Sie ist eine strenge Herrin, aber sie nimmt ihren Kindern nichts fort. Sie ist es doch, die uns die Gnade ihrer Magie gewährt.« Er pausierte mit geschlossenen

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