Elidar (German Edition)
Inneres und erwartete die Stille und Leere, das Gefühl von kalter Asche, das sie seit ihrer Begegnung mit der schwarzen Sphäre erfüllte.
Aber sie fand das Feuer, und es war nicht der stille, glühende Kern, den sie schon ihr Leben lang beherbergte. Nein, dies war das rasende, tosende, brüllende Feuer der Drachenmagie, heiß genug, um eine ganze Welt zu verschlingen.
Elidar zog sich erschreckt zurück und beruhigte ihr rasendes Herz, den hastigen Atem und die sich überschlagenden Gedanken. Etwas war geschehen. Es hatte seinen Anfang genommen, als sie der schwarzen Sphäre begegnet war. Etwas in ihr sträubte sich dagegen, die Erscheinung als »Dunkle Nigh« zu bezeichnen, auch wenn Bär und seine Magnifizenz es taten.
»Die kleinen Schwestern«, sagte sie halblaut. Das klang richtig, auch wenn sie nicht wusste, was es zu bedeuten hatte.
Sie stand auf und zog sich vollständig an. Dann zögerte sie, die Hand an der Türklinke. Sie wandte sich zu dem winzigen Ofen um, der im Winter ihre Kammer zu erwärmen versuchte - wenn auch nicht sonderlich erfolgreich - und konzentrierte sich auf sein Inneres. Asche und angekohlte Späne lagen in seinem eisernen Bauch. Elidar griff nach dem Feuer, das in ihr brannte, und zuckte zurück. Es war so heiß! Warum stand sie hier und fühlte es in ihrem Inneren, warum verbrannte es sie nicht zu weißer Asche?
Zögernd tastete sie nach der Lohe, ergriff sie mit einem unwillkürlichen Schmerzenslaut und warf sie in den Ofen. Mit einem Zischen und einem kleinen Knall loderten die Späne auf, brannten einen Moment lang mit blauer Flamme und zerfielen dann zu Asche.
Elidar seufzte. Allem Anschein nach hatte Sturm wieder einmal Recht behalten. Ihre Kräfte waren immer noch da - aber sie hatten sich verändert, und diese Veränderung machte ihr Angst.
Kurzentschlossen zog sie die Kapuze ihrer Kukulle tief in die Stirn. Vielleicht gelang es ihr, sich zu seiner Magnifizenz ins Zimmer zu schleichen, ohne dass Bär sie dabei ertappte.
Das Haus war still und wie ausgestorben. Elidar eilte durch die Gänge des alten Gebäudes und verlangsamte ihren Schritt erst, als sie sich den Räumen seiner Magnifizenz näherte. Sie beugte die Schultern, um kleiner zu erscheinen, und zwang sich zu einem schlurfenden Schritt. Auf den ersten Blick mochte sie so wie einer der älteren Brüder erscheinen, der von der Bibliothek oder dem Refektorium in sein Zimmer zurückhumpelte.
Niemand hielt sie auf, auch nicht, als sie leise und vorsichtig die Tür zu Sturms Arbeitszimmer öffnete. Dies war der gefährlichste Moment. Wenn Bär bei seiner Magnifizenz weilte, würde sie ihm in die Arme laufen. Er hatte ihr sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass er keine Besuche bei dem siechen Ordensoberhaupt dulden würde, und sie wollte sich nicht ausmalen, was er sagen oder tun würde, wenn er sie dort antraf.
Sie schloss die Tür und lauschte. Nichts regte sich. Trotz der Wärme, die draußen herrschte, brannte ein Feuer im Kamin, das Holz knackte leise und die Flammen knisterten. Abgesehen davon war es still im Zimmer. Elidar ließ die Türklinke los und durchmaß leisen Schrittes den Raum. Die Tür zum Nachbarzimmer war nur angelehnt. Sie lauschte wieder, vernahm nichts und öffnete mit aller Vorsicht die Tür.
Stille. Auch hier brannte ein Feuer im Kamin, es war erstickend warm. Elidar spürte, wie ihr Schweißtropfen den Rücken hinunter rannen. Sie ließ die Tür einen Spalt offen stehen und trat ins Zimmer.
Im Lehnstuhl am Feuer regte sich jemand.
»Magnifizenz!«, sagte Elidar und eilte zu ihm. »Eure Magnifizenz, hört Ihr mich?«
Sie vernahm ein Seufzen und kniete neben dem Stuhl nieder. Sie versuchte, den magischen Schleier zu durchdringen, der wieder über dem Stuhl lag, aber sie konnte nur erahnen, dass dort jemand saß und sie ansah.
»Magnifizenz«, sagte sie, »Ihr hattet Recht. Ich bin durch einen seltsamen Traum aufgewacht und habe das Feuer und meine Kraft wiedergefunden.«
Die verhüllte Gestalt regte sich leicht. »Zeig es mir«, flüsterte der Mann.
Elidar atmete erleichtert auf. Casarius Sturm lebte und war bei Sinnen. Sie beugte sich vor und tastete nach seiner Hand. Seine Finger lagen trocken und erstaunlich fest und warm in den ihren. Sie öffnete ihren Geist und zeigte ihm das brüllende, lodernde Feuer in ihrem Inneren, und sie spürte sein Erstaunen.
»Ah«, flüsterte der Schemen triumphierend. »Drachenmagie! Ich habe es doch immer gesagt!«
Elidar riss ihre Hand fort.
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