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Elidar (German Edition)

Elidar (German Edition)

Titel: Elidar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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die dahinter liegenden Gassen. Karren und die Aufbauten von Ständen und Buden lagen zertrümmert am Boden. Hier und da flackerte ein Feuer, und über allem lag das wortlose, wütende Gebrüll der Männer, die sich gegen die Mauern warfen.
    Luca sah sich das Schauspiel einen Moment lang an, ehe er sich abwandte und auf den Weg zum Serail machte. Elidar schien recht zu haben - es sah nicht so aus, als würde das Drachennest gerade im Sturm genommen. Aber dennoch erschien es ihm richtig, den Tesserar von den Ausschreitungen in Kenntnis zu setzen.
    Luca fand Aulus, Tesserar der Garde des Statthalters, in einem der inneren Höfe, wo er damit beschäftigt war, dem Schmied der Garde die Leviten zu lesen.
    »Ja?«, sagte er unwirsch und wandte seine Aufmerksamkeit Luca zu, der ihm von dem Aufruhr in der Stadt berichtete.
    Er lauschte schweigend, die Stirn gerunzelt, und kratzte sich dabei an der gebogenen Nase. »Und?«, fragte er, als Luca geendet hatte.
    »Ich dachte …«, erwiderte Luca überrascht. »Nun, ich dachte, wir … also die Garde, sollte …«
    »Etwa eingreifen?« Der Tesserar schnaubte. »Langweilst du dich, Luca? Dagegen könnten wir leicht etwas unternehmen.« Er deutete auf einen in der Ecke lehnenden Besen.
    »Aber wenn das Drachennest gestürmt wird …«, begann Luca.
    »Das ist der vierte Aufstand dieser Art, den ich miterlebe«, sagte der Tesserar müde. »Wenn es wirklich schlimm wird, zünden sie ihre eigenen Stadtviertel an, diese Irren. Aber meistens verprügeln sie sich nur gegenseitig, weil die Drachen so klug sind, die Köpfe unten zu halten und sich nicht blicken zu lassen. Woran wir uns ein Beispiel nehmen sollten, Gardist!«
    Er wandte sich ab und schrie: »Und wenn du mir noch mal so einen Mist lieferst, lasse ich dich auf deinem eigenen Amboss durchprügeln, Flavius!«
    Ein wenig unschlüssig stand Luca vor den Quartieren der Garde. Der Abendruf war noch nicht erklungen (und würde es heute wahrscheinlich auch nicht, denn die Bebefai’i standen wahrscheinlich wie alle anderen Männer der Stadt vor den Mauern des Drachennestes, brüllten mit ihren geschulten Stimmen Schimpfworte und Drohungen und warfen mit Steinen.)
    So oder so - er war vor dem Morgenruf noch nicht wieder im Dienst. Er konnte zurückkehren in die Stadt und nach dem Mädchen suchen. Es ließ ihm keine Ruhe. Sie hatte ausgesehen, als hätte sie eine schlimme Zeit hinter sich, und er verspürte ein seltsames Gefühl der Verantwortung für sie. Man musste ein Heim für sie finden, jemanden, der sich um sie kümmerte, ihr zu essen gab, ein Lager, auf dem sie schlafen konnte. Luca schüttelte den Kopf. Was für ein absurder Gedankengang. Da draußen in den Gassen der Stadt lebten Dutzende solcher Streuner. Wollte er sich um alle kümmern? Luca, der Wohltäter der Waisen?
    Er fluchte vor sich hin, als er seinen Helm aus seinem Quartier holte, und er schimpfte weiter, während er erneut die winkligen Gassen hinunterstapfte, die zur Altstadt führten. Immer noch waren sie menschenleer, und immer noch hörte er in der Ferne den Krawall und atmete Brandgeruch ein. In der Straße, durch die er ging, klappten Fensterläden zu. Er konnte die neugierigen und ängstlichen Blicke dahinter erahnen. Die einzigen lebenden Seelen, die sich auf der Straße aufhielten, waren scharrende und glucksende Hühner, magere Hunde, Ratten und ungezählte Katzen, die um die Abfallhaufen strichen. Es war gespenstisch.
    Wo sollte er Elidar suchen? Es war ohnehin gut möglich, dass sie sich vor ihm versteckte, und ohne Frage kannte sie die Altstadt im Gegensatz zu ihm wie ihre eigene Handfläche.
    Er wanderte ziellos herum und beschimpfte sich. Dies war sein freier Tag, und wie verbrachte er ihn? Ihm taten inzwischen die Füße weh, als hätte er zwei Wachperioden hindurch vor der Tür des Statthalters gestanden.
    Luca blieb stehen und lauschte. Rechts von ihm, in der Gasse, die schräg von dieser hier abging und steil wie eine Treppe hinabführte, hörte er laute Stimmen. »Hexendreck«, konnte er hören, und »Kleines Stück Drachenscheiße«.
    Er setzte den Helm auf, zog sein Schwert und bog in die Gasse ein. Ein Stück weiter unten hatte sich eine Gruppe von Männern um jemanden geschart, den sie zwischen sich herumschubsten. Das sah soweit ganz harmlos aus, aber zwei der Männer trugen schwere Knüppel mit sich herum und sahen so aus, als würden sie sie jeden Augenblick benutzen.
    »He«, rief Luca und sprang die steile Gasse hinab. Sie war so

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