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Elidar (German Edition)

Elidar (German Edition)

Titel: Elidar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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sich mit einer langen blaugrauen Zunge über die kugeligen Augen. Sein Mund war ein glatter, lippenloser Schlitz.
    Luca schluckte. »Ja«, brachte er heraus. »Ja, ich bin neu hier.«
    Der Dkhev nickte und lächelte, was ein beängstigender Anblick war. »Ich hoffe, du spielst Vierhand«, sagte er. »Gaius hier ist ein erbärmlich schlechter Partner.«
    Luca schüttelte den Kopf, um Worte verlegen.
    »Schade«, sagte der Dkhev. »Aber wenn du willst, bringe ich es dir bei.« Er wandte sich an Gaius. »Bring ihn mal mit.« Er nickte beiden Gardisten zu und ging.
    »Das war Yrga-Dag«, sagte Gaius, dessen Ohren immer noch glühten. »Halt dich lieber von ihm fern. Er ist ein Gauner.«
    Luca hatte danach häufiger mit Dkhevs zu tun. Nkar-Dag, der Legat des Dkhev-Oberhaupts, besuchte regelmäßig den Serail. Der alte Dkhev war ein freundlicher, umgänglicher Mann, der gerne mit den Gardisten plauderte, während er auf die Audienz beim Statthalter wartete.
    Keine Dkhev. Der Basar ohne grauhäutige, lässig dahinschlendernde Echsenmänner war ein seltsam beängstigender Anblick. Inzwischen war auch keine einzige Frau mehr auf der Gasse zu sehen. Viele der Buden hatten ihre Auslagen in die Gewölbe geräumt und die Tore geschlossen, dabei herrschte sonst bis tief in die Nacht geschäftiges Treiben im Basar. Irgendetwas schien ganz und gar nicht zu stimmen. Luca ertappte sich bei dem Wunsch, wieder hinter der sicheren Umfriedung der Serailmauern zu sein.
    Der harzige Qang-Geruch wurde immer intensiver. Ringsherum saßen, standen, hockten rauchende Yasemiten, und sogar aus einigen Kohlebecken stieg der durchdringende Geruch der Wurzel auf.
    Irgendwo hinter Luca, in einer der Seitengassen, erscholl Lärm. Das Klirren und Scheppern zerbrechender Gegenstände. Splittern von Holz. Rennende Füße. Geschrei.
    Luca reagierte, ohne nachzudenken. Er lockerte sein Schwert in der Scheide und rannte auf das Getümmel zu.

7
    H ätte man Luca vorher gefragt, er hätte gelacht.
    Kannst du dir eine Situation vorstellen, Luca, in der du deine Füße in die Hand nimmst und zusiehst, dass du Land gewinnst?
    Niemals, dachte der Gardist. Ganz und gar undenkbar. Jetzt hockte er hinter einem wackligen Stapel Kisten, betete zu Jason und beobachtete, was sich auf der Gasse abspielte.
    Er hatte die Männer von Kayvan als friedliche, freundliche, ruhige Bürger einer gemütlichen Stadt kennen gelernt. Sie feierten gerne und oft, rauchten ihre Pfeifen, pflegten in der Mittagshitze zu schlafen und dafür bis spät in die Nacht umgeben von ihren Frauen, Kindern, Enkeln und Haustieren ihrem Familienleben nachzugehen.
    Luca starrte ungläubig auf das Schauspiel, das vor seinen Augen ablief. Messerschwingende, mit den Augen rollende Yasemiten? Alte und junge Männer, mit Schaum vor dem Mund und triefend vor Schweiß? Und wer kein Messer hatte, schwang eben einen Knüppel oder einen Hammer, eine Mistgabel, einen Kochlöffel? Was war hier los, bei allen Teufeln der untersten Hölle? Und hinter wem war diese Meute her, die jetzt an seinem Versteck vorbeitrampelte und dabei brüllte, was die Lunge hergab?
    Er konnte Worte aus dem Geschrei heraushören: »Drachenbrut«, schrie ein junger Mann, fast noch ein Kind, mit sich überschlagender Stimme. »Verfluchte Hexerei«, krächzte ein Alter, der mühsam an Lucas Versteck vorbeihumpelte und seinen Stock schwenkte.
    Luca schluckte. Eine Hexenjagd. Das war übel. Er musste zurück in den Serail und die Garde alarmieren. Dieser Aufruhr war eine Nummer zu groß für die Stadtbüttel.
    Er sah sich um. Die Nische, in die er sich geflüchtet hatte, war gerade groß genug, um ihn aufzunehmen und bot keinen anderen Weg hinaus als zurück auf die Gasse. Luca griff nach einem zerrissenen Getreidesack, der auf der Erde lag, trennte ihn mit seinem Schwert ganz auf und legte ihn sich über die Schultern. Damit sah er immer noch nicht aus wie ein Yasemit, aber es mochte bei flüchtiger Betrachtung gehen. Seine Körpergröße konnte er durch gebückte Haltung ein wenig kaschieren.
    Luca humpelte um den Kistenstapel herum, lehnte sich mit abgewandtem Gesicht an die Hausmauer und imitierte recht gekonnt einen krächzenden Husten. Dann zog er den Sack eng vor der Brust zusammen, achtete darauf, dass sein Gesicht im Schatten blieb, und ließ sich von den Ausläufern der Menschenmenge mitreißen, die wie ein reißender Fluss hügelabwärts Richtung Hafen donnerte. Er lauerte auf eine Gelegenheit, sich von dem Aufruhr zu lösen, aber

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