Elidar (German Edition)
schwindelig. Dann tat der dunkle Mann etwas mit seinem Bein, das Luca laut aufschreien und nach Halt suchen ließ. Der Schmerz war so ungeheuer, dass er sich voller Dankbarkeit in die erstickenden Arme der Bewusstlosigkeit fallen ließ.
»He«, flüsterte eine Stimme. Jemand stupste ihn sacht an. Er öffnete die Augen, aber es blieb dunkel. Er erschrak, aber dann nahm er den schwachen Schimmer von Mondlicht wahr, der durch das kleine Fenster fiel. Es war Nacht, er war nicht blind.
»Bist du wach?«, fragte die hartnäckige Stimme.
»Wach«, murmelte er mit schwerer Zunge. Schmerz klopfte dumpf in seinem Bein.
»Ich wollte sehen, wie es dir geht.«
Luca wandte mühsam den Kopf. Eine helle, schmale Gestalt. »Elidar.«
»Ja.« Besorgte dunkle Augen. »Du hast mir geholfen«, sagte sie. »Ich war zu langsam. Er hat dich geschlagen.«
Luca erkannte, dass sie weinte. »He«, sagte er. »Alles ist gut. Ich lebe und du auch.«
Wieder war Tag. Er erwachte und wusste sofort, wo er war.
Sein Kopf tat weh, aber noch stärker schmerzte sein Bein. Er richtete sich mühsam und fluchend auf. Die Kammer, in der er lag, war klein, eng und kahl. Wahrscheinlich war es eins der Gelasse, die hinter den Quartieren der Garde lagen und als Vorratsräume dienten.
Luca griff nach dem Becher, der auf einem Hocker neben seinem Feldbett stand. Dabei musste er sich etwas strecken, was neue Schmerzwellen durch Kopf, Rücken und das linke Bein jagte. »Verflucht«, murmelte er, während ihm der Schweiß ausbrach. Er hielt den Becher umklammert und sank auf sein Lager zurück. Nach dem zweiten Schluck des abgestandenen Wassers sank er wieder in unruhigen Schlaf.
Nacht. Er wurde ruckartig wach und stöhnte. Neben seinem Bett saß eine stille Gestalt.
»Sie kümmern sich nicht um dich«, sagte das Mädchen vorwurfsvoll.
»Ich werde versorgt«, entgegnete Luca. Er hatte am Nachmittag eine Suppe bekommen und ein Stückchen Brot, das er hineintauchen konnte, und hatte sich beim Essen so schwach wie ein Kind gefühlt. Aber es hatte gut getan, wieder etwas im Magen zu haben, auch wenn ihm gleich darauf übel geworden war.
Sie beugte sich vor, und er konnte ihr Gesicht im fahlen Mondlicht erkennen. Ein großer blauer Fleck saß auf ihrem Wangenknochen. »Du musst hier weg«, sagte er. »Da auf der Straße bist du nicht sicher. Auch nicht als Junge verkleidet. Das geht nicht mehr lange gut, weißt du? Du wirst älter.«
Sie legte das Kinn in die Hände. Ihre Augen waren unverwandt auf sein Gesicht gerichtet. »Ich kann mich schützen«, sagte sie.
Er schüttelte den Kopf und stöhnte, weil die Bewegung sein Gehirn schmerzhaft gegen die Schädelknochen schwappen ließ. »Das kannst du nicht«, sagte er. »Erinnerst du dich an unsere letzte Begegnung?« Es klang barscher, als er beabsichtigt hatte, aber der schmerzende Kopf machte ihn ungeduldig.
Sie biss sich auf die Lippe. »Sie haben mich überrascht. Und es waren zu viele auf einmal. Mit dreien werde ich fertig«, setzte sie stolz hinzu. »Ich bin kein kleines Kind mehr.«
Er lachte und richtete sich vorsichtig auf. »Das möchte ich sehen«, sagte er. »Was du mit dreien machst.«
Ihr Rücken wurde vor Empörung steif und gerade. »Soll ich es dir zeigen?« Sie hob die Hand, schloss die Augen und hielt die Luft an. Luca schmunzelte und wollte etwas sagen, aber die Worte blieben ihm im Hals stecken, als Elidar unvermutet den Atem ausstieß und gleichzeitig ein kleiner, blendend heller Blitz von ihrer Handfläche schoss und seinen Wasserbecher in tausend Stücke zerspringen ließ.
»Oh«, sagte sie und betrachtete erschreckt die Pfütze mit den Scherben. »Das tut mir leid. Ich hole dir frisches Wasser.«
»Halt, halt!« Luca schnappte nach Luft und hielt Elidar fest. »Was hast du … wie hast du das gemacht?«
Sie zog die Schultern hoch. »Es war dumm von mir. Ich hätte es dir nicht zeigen dürfen. Aber du hast mich geärgert.«
Sie hatte Angst, das konnte er deutlich sehen. Er hielt sie weiter fest und redete beruhigend auf sie ein, obwohl sein Herz immer noch bis zum Hals schlug und sein Kopf vor Schmerzen beinahe zersprang.
»Wie hast du das gemacht?«, fragte er schließlich erneut, als das Zittern ihrer Schultern unter seinen Händen sich beruhigt hatte.
»Einfach so. Es geht besser, wenn ich wütend bin. Das mit dem Zielen ist schwierig.« Sie seufzte, und ihr Gesicht war traurig. »Meine Ziehmutter hat immer gesagt, dass ich aufpassen muss, dass es keiner bemerkt. Sie
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