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Elina Wiik - 03 - Der tote Winkel

Elina Wiik - 03 - Der tote Winkel

Titel: Elina Wiik - 03 - Der tote Winkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kanger
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irgendwelche Unterlagen darüber?«
    »Normalerweise unterliegen unsere Akten der Geheimhaltung. Aber in diesem Falle fand ich, dass wir ihm helfen könnten. Es wirkte unwahrscheinlich, dass das uns oder diesem Verwandten hätte schaden können. Ich sah also nach. Uns lagen keine Informationen über eine Person mit diesem Namen vor.«
    »Wann haben Sie Jamal das erzählt?«
    »Ich rief ihn nach seinem ersten Anruf zurück.«
    »Und die beiden anderen Anrufe? Weshalb rief er da an?«
    »Soweit ich mich erinnern kann, wollte er wissen, ob es vielleicht noch anderswo Unterlagen geben könnte. Die Behörde hat schließlich mehrere Nebenstellen. Es war ihm ganz einfach sehr wichtig.«
    »Und was haben Sie unternommen?«
    »Ich habe das überprüft. Sein Verwandter hatte nirgendwo in Schweden eine Aufenthaltsgenehmigung beantragt.«
    »Die beiden waren Cousins. Und der andere verschwand vor über zwei Jahren. Hat Jamal schon früher einmal wegen dieser Sache angerufen?«
    »Nicht dass ich wüsste. Jedenfalls nicht bei mir.«
    »Warum hat er gerade Sie angerufen?«
    Yngve Carlström griff zu seinem Stift und begann wieder zu zeichnen. Einen runden Kopf mit Punkten als Augen.
    »Ich weiß nicht. Vermutlich hat ihn die Zentrale zu mir durchgestellt.«
    »Er hat aber direkt Ihre Durchwahl gewählt.«
    »Vielleicht hatte er die ja von der Zentrale. Keine Ahnung.«
    Elina lehnte sich zurück. Sie dachte nach: Sie konnte Yngve Carlström nicht fragen, ob Agnes Khaled Jamal an ihn verwiesen hatte. Damit hätte sie gewissermaßen versucht, einen Informanten der Länstidningen zu enttarnen. Damit hätte sie das Vertrauen von Agnes Khaled verloren. Das war zwar weniger wichtig, aber trotzdem. Außerdem würde Yngve Carlström diese Frage nicht beantworten, weil er damit eingestehen würde, vertrauliche Informationen der Migrationsbehörde weiterzugeben. Es handelte sich jedoch um einen Mordfall. Jamal war erschlagen worden. Vielleicht hatte ja sein verschwundener Cousin mit dieser Sache zu tun? Weshalb war er verschwunden?
    Sie konnte nicht beurteilen, welche Informationen wichtig und welche unwichtig waren. Noch nicht. Sie schlug einen Mittelweg ein.
    »Vielleicht hat ihn die Zentrale an Sie verwiesen, sagten Sie. Könnte auch jemand anderer ihn an Sie verwiesen und ihm Ihre Durchwahlnummer gegeben haben?«
    »Wer hätte das sein sollen?«
    »Vielleicht jemand, der Sie kennt?«
    »Fragen Sie doch Jamal, hätte ich fast gesagt. Aber das geht ja nun nicht mehr. Ich habe keine Ahnung.«
    Fragen Sie doch Jamal. Unangebracht persönlich, fand Elina.
    »Hatten Sie vorher schon einmal mit Jamal zu tun? Haben Sie beispielsweise seinen Asylantrag bearbeitet, als er 1998 hierherkam? Oder als dieser Antrag zwei Jahre später noch einmal verhandelt wurde?«
    »Nein, damit hatte ich nichts zu tun. Ich hörte erst im Herbst 2000 von ihm, als er die Aufenthaltsgenehmigung erhielt. Das schlug ziemlich hohe Wellen, da der Fehler auf das Konto meiner Abteilung ging.«
    »Darf ich Ihnen eine etwas allgemeinere Frage stellen?«
    Seine Antwort wartete sie nicht ab.
    »Was halten Sie persönlich davon, wie Asylanträge in Ihrer Abteilung gehandhabt werden?«
    »Wir halten uns an die Regeln, die von der Regierung und vom Reichstag vorgegeben werden.«
    »Und was halten Sie von diesen Regeln?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Was halten Sie von der schwedischen Einwanderungspolitik? Ist sie zu kleinlich oder zu großzügig?«
    Er schwieg. Elina vermutete, dass er darüber nachdachte, weshalb sie diese Frage stellte und wie er sie beantworten sollte.
    »Ich finde, dass sie durchaus großzügiger sein könnte«, erwiderte er dann. »Aber ich gehe bei der Bearbeitung der Asylanträge selbstverständlich von den geltenden Regeln aus. Ich kann natürlich bei der Beurteilung der Asylgründe jedes einzelnen Antragstellers besondere Sorgfalt walten lassen.«
    »Tun das nicht alle Sachbearbeiter?«
    »Sind diese Fragen Bestandteil einer formellen Vernehmung?«
    »Ich bin natürlich dienstlich hier, mache mir jedoch keine Notizen, wie Sie sehen können.«
    »Dann möchte ich es einmal folgendermaßen ausdrücken: Abgesehen von den Regeln gibt es bestimmte unausgesprochene Vorgaben von Politikern, bei denen es um den Grad des Wohlwollens geht. Wollen wir die Flüchtlinge hierbehalten, oder wollen wir das nicht? Sollen wir Sachbearbeiter den Angaben der Flüchtlinge misstrauen, oder sollen wir eher davon ausgehen, dass sie der Wahrheit entsprechen? Im Augenblick sieht

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