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Elixir

Elixir

Titel: Elixir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Duff
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einmal einen Nasenbeinbruch gehabt, der nicht richtig verheilt war. Und obwohl er noch sehr jung war, umkränzte seine Augen ein feines Zickzackgespinst. Das verlieh ihm etwas Besonderes; er sah aus wie ein Mann, der mit dem Leben gerungen und gesiegt hatte.
    » Warum hast du so lang gebraucht?«, fragte er, als er seinen Zylinder abnahm und sich unter der Tür hindurch duckte. » Ich habe mir schon Sorgen gemacht.«
    Ich drehte mich auf meinem Stuhl um, eine schnippische Antwort auf den Lippen, doch er lächelte. Ich entspannte mich und lachte. Er zog mich nur auf. Ich sagte ihm immer, dass er sich viel zu viele Sorgen um mich machte und ich das auf den Tod nicht ausstehen konnte, und nun machte er sich lustig über mich. » Du bist schlimm«, sagte ich.
    » Und du«, antwortete er und hielt mir einen riesigen Strauß roter Schwertlilien hin, » warst sehr, sehr gut.«
    » Hat es dir wirklich gefallen?«
    » Hamlet hatte nie eine bessere Ophelia.«
    » In über zweihundert Jahren?«, fragte ich. » Ich bin mir nicht sicher, ob du das wirklich beurteilen kannst.«
    Sein Mund verzog sich zu einem schiefen Grinsen. » Also, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich das kann.«
    Ich verdrehte die Augen und lächelte mit geschlossenen Lippen, wie fast immer, wenn ich nicht auf der Bühne war.
    Damit ließ er mich nicht davonkommen. » Du weißt, dass ich dein Lächeln wunderschön finde, Anneline.«
    Ich wurde rot. Er wusste, dass ich die kleine Lücke zwischen meinen Schneidezähnen hasste. Auf der Bühne konnte ich sie vergessen, doch im echten Leben störte mich dieser Makel.
    » Glaubst du ehrlich, dass die Leute enttäuscht von dir wären, wenn du mal nicht perfekt bist?«, fragte er sanft.
    Ich blinzelte die Tränen weg, die mir plötzlich in die Augen stiegen. Er erkannte immer den tieferen Sinn hinter allem, was ich tat, sogar wenn es etwas so Furchterregendes oder Persönliches war, dass ich es nie jemandem gegenüber geäußert, ja nicht einmal vor mir selbst zugegeben hätte.
    » Abgesehen davon, bist du perfekt «, fuhr er fort. » Jeder noch so winzige Makel macht dich erst perfekt. Macht dich zu dir. Das lieben die Leute. Und ich auch.«
    Ich musste schlucken, um die Tränen zurückzuhalten, doch es waren Tränen der Dankbarkeit. So war es vom ersten Tag an zwischen uns– als könne er mir direkt ins Herz blicken. Würde alles sehen, was mich je verletzt hatte, die alten Wunden untersuchen, dann die Infektion herausschneiden und mit seiner Liebe lindern, bis alles verheilte.
    Das Gefühl war zu gut, um wahr zu sein. Ich lächelte– ein echtes Lächeln– und wechselte schnell das Thema, indem ich mit dem Kopf zu dem Strauß Schwertlilien in seiner Hand und dann auf die Vase voller langstieliger Rosen auf meiner Frisierkommode wies. » Rosen und Schwertlilien? Du bist heute aber verschwenderisch.«
    Er schüttelte den Kopf. » Die Rosen sind nicht von mir.
    » Nicht? Auf der Karte stand: › Von deinem größten Fan. ‹ Sie wurden vor dem Auftritt angeliefert. Sie sind nicht von dir?«
    » Ich weiß, dass du Schwertlilien bevorzugst.« Er hielt den Strauß hoch. » Darf ich?«
    » Natürlich.«
    Er nahm die Rosen aus der Vase, damit er die Schwertlilien hineinstellen konnte, zuckte jedoch zusammen und ließ die Blumen fallen.
    » Alles in Ordnung?«, fragte ich.
    » Dornen«, sagte er und verzog das Gesicht, als mehrere Blutstropfen auf seiner Hand erschienen und schnell größer wurden. Er ballte eine Faust gegen den Schmerz.
    » Ich hole dir ein Tuch.«
    » Nicht nötig, es geht schon.«
    » Märtyrer.« Ich nahm ein Tuch aus einer Schublade und seine geballte Hand in meine. » Mach sie auf.«
    » Anneline, es geht mir gut.«
    » Mach auf.«
    Er tat es… und seine Hand war unversehrt.
    » Wie… was ist geschehen?«, fragte ich.
    » Es hat aufgehört zu bluten.«
    Ich fuhr mit dem Daumen über seine offene Handfläche und seine Finger. » Da ist gar nichts. Nicht mal ein Kratzer.«
    » Das war ja auch gar nichts.«
    » Dir ist das Blut über die ganze Hand gelaufen«, beharrte ich. Ich drückte kräftig auf seine Handfläche. Kein einziger roter Tupfen…. Nichts.
    » Au!« Er lachte. » Versuchst du, mich zum Bluten zu bringen?« Er schloss seine Hand um meine, mit der anderen hob er mein Kinn an, bis sich unsere Blicke trafen. » Es geht mir gut«, versicherte er mir. » Besser als gut. Zumindest könnte es so sein…«
    Während er noch immer meine Hand hielt, kniete er sich nieder und zog eine kleine

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