Elizabeth II.: Das Leben der Queen
damals den unmöglichsten aller Träume erlebt haben – ein Gesicht zu sein in der Menge, etwas unvorstellbar Kostbares für den Menschen, der sie dem Schicksal nach werden sollte: das herausgehobene Gesicht der Queen. «Es war eine der denkwürdigsten Nächte meines ganzen Lebens», wie sie später zugab.
Im Sommer 1946, es war während eines Landurlaubs, hält Prinz Philip auf Balmoral bei George VI. und seiner Königin um die Hand ihrer Tochter an. Die Eltern hatten geahnt, dass da durch Gegensteuerung kaum mehr etwas auszurichten war. Auch schätzte der König den 25-jährigen, vielfach dekorierten Navy Leutnant, aus Loyalität eines Mariners zu einem anderen.
Nur eine Bedingung legten die Majestäten den beiden auf: dass ihre Verlobung zunächst nicht bekannt gemacht werde. Das Königspaar plante für den Februar 1947 eine monatelange Reise nach Südafrika, das wie die übrigen Dominien während des Krieges kein Mitglied des Königshauses zu sehen bekommen hatte. Das Kriegsende machte jetzt den Weg frei, um lang aufgeschobene Besuche im Commonwealth nachzuholen und für die Unterstützung im Krieg mit Mannschaften und Material zu danken. Auch wollte George VI. so etwas wie eine Friedensdividende ernten, und das hieß für ihn: «us four», nur «wir vier» – zu viert noch einmal unbeschwert und ohne Ablenkung etwas gemeinsam erleben, wie es der Krieg so nicht erlaubt hatte. Ohnehin waren die Eltern noch nie in Begleitung der beiden Töchter auf große Reise gegangen. Bis zur Rückkehr sollte die Verlobung geheim gehalten werden. Elizabeth und Leutnant Mountbatten wurden also auf eine beträchtliche Geduldsprobe gestellt, fast ein Jahr lang. Wenn George VI. und seine Frau allerdings geglaubt haben sollten, diese neue Wartezeit könnte zu einer Abkühlung der Gefühle ihrer Tochter führen, dann sahen sie sich bald eines Besseren belehrt.
Derweil brachte der griechische Prinz so etwas wie frischen Wind in den Palast. Er hatte inzwischen einen Bürojob in der Admiralty in London übernommen und kam zum Palast im Sportwagen angerauscht, dem er mit Blazer und offenem Hemdkragen entstieg, um zielstrebig den Weg zu den königlichen Gemächern zu nehmen. Das konnte den Höflingen nicht verborgen bleiben und sollte es wohl auch nicht, von Philips Seite her. Seine Selbstsicherheit nahm eher zu, je mehr ihm das abweisende Flüstern der Hofmandarine zu Ohren kam. Er war ja ein rechter Habenichts, einPrinz ohne Land und Vermögen, seiner Kleidung sah man, wenn er nicht gerade im Sportwagen blendete, den typischen Nachkriegslook an. Bei seinem Besuch 1946 in Balmoral hatte er sich fast ein wenig vor dem Diener geschämt, der seine Sachen auspackte, darunter zwei alte Anzüge seines Vaters – seine einzigen. Zur Hochzeit in der Westminster Abbey im November 1947 trug er ein Paar gestopfte Socken; in ihre Flitterwochen würde Elizabeth fünfzehn Koffer mitnehmen, Philip zwei.
Die Gerüchte um die beiden verdichteten sich schon lange vor der Südafrika-Reise. Eines Tages kam Elizabeth sichtlich verstört von einem Fabrikbesuch zurück, um ihr Herz vor ihrer Gouvernante, die noch immer um sie war, auszuschütten. «Crawfie, die riefen andauernd: Wo ist Philip?» Öffentliche Auftritte waren für sie kein Vergnügen mehr. Dass wildfremde Menschen ihre geheimsten Hoffnungen und Gefühle gleichsam annektierten und damit ihr Innenleben bloßlegten, traf einen Nerv bei der so behütet aufgewachsenen jungen Frau und verletzte ihr Bedürfnis nach Diskretion zutiefst. Es war keine Entdeckung, die sie froh stimmte, als sie feststellen musste, wie stark ihre öffentliche Rolle sich mit ihrer Privatsphäre rieb. Als Folge ging sie in die Defensive, wurde zeitweilig sogar mürrisch und schottete sich gegen alles ab, was in ihr Privatleben eindringen wollte. Und so blieb es für den Rest ihres Lebens. Marion Crawford gelang in ihrer 1954 veröffentlichten Biografie «Queen Elizabeth II.» ein denkwürdiges Bonmot im Blick auf dieses Leben unter der permanenten Beleuchtung durch die Öffentlichkeit: «Die einzig wirklich private Etappe in der Existenz eines Mitglieds der königlichen Familie», so schrieb sie, «ist die zwischen Empfängnis und Bekanntgabe der Schwangerschaft.» Das ist besser nie formuliert worden.
Wenn sie sich nicht gerade als Opfer öffentlicher Zudringlichkeit fühlte, legte die Prinzessin ein strahlendes Lächeln an den Tag, unwiderstehlich für jeden Fotoreporter, der etwas auf sich hielt. Das International
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