Elizabeth - Tochter der Rosen
sollte. Es war schwer zu glauben, aber da sie die Vermählung aus freiem Willen eingegangen war, wünschte ich ihr das Beste. Und ich musste zugeben, dass ich sie vermisste.
An einem grauen Oktobermorgen saß ich im ummauerten Garten, der von meinem Schlafgemach abging, auf einer Bank und las Boethius, als Kate zu mir kam. Beim Anblick ihrer Miene fröstelte ich.
»Perkin und Edward wurden bei der Flucht aus dem Tower ertappt«, erzählte sie.
Sie setzte sich neben mich. Ich hatte ihr gesagt, was Henry plante, und so überraschte es uns nicht, dass den beiden gelungen war, was in der Geschichte des Towers noch niemand geschafft hatte. Ebenso wenig verwunderte es uns, dass sie so rasch wieder eingefangen worden waren und niemand die Geschichte anzweifelte.
Keiner, dem sein Leben lieb ist, stellt infrage, was Henry erzählt, dachte ich bitter . Trotzdem hatte Kate geweint, wie ich an ihren stark geröteten Augen erkannte. Seufzend nahm ich ihre Hand, und so saßen wir schweigend im Garten, wo der Herbst das Laub golden gefärbt hatte.
»Sogar die Bäume kleiden sich für den Tod«, sagte ich leise.
~
Wir mussten nicht lange auf die Ankündigung warten. Perkin sollte am dreiundzwanzigsten November, dem Fest von St. Clement, sterben. Es war ein Samstag, weil Henry glaubte, dieser Tag wäre sein Glückstag. Am Morgen wurde der jungeMann, von dem alle Welt außer England glaubte, dass er mein Bruder Richard, Duke of York, war, auf einer Stangenschleife von einem Pferd drei Meilen durch matschige Straßen voller Dung und Laub nach Tyburn gezogen. Dort wartete eine riesige Menschenmenge.
Kates Gemahl, William Courtenay, und de Puebla bezeugten die Hinrichtung, aber nur William war imstande, uns Einzelheiten zu berichten. De Puebla entschuldigte sich mit Tränen in den Augen, und ich gestattete ihm zu gehen. William stand vor uns in meinem Privatgemach. Ich hatte alle meine Damen bis auf Kate hinausgeschickt. Ihr Gemahl brauchte einen Moment, bevor er beginnen konnte.
»Eine große Menge war gekommen, ihn sterben zu sehen. Sie wollten sein Geständnis hören, denn Männer lügen nicht, wenn sie dem Tod ins Auge blicken«, erzählte William stockend und leise. »Perkin stieg im schlichten, knielangen weißen Hemd der Verurteilten die kleine Leiter hinauf zum Galgen. Seine Hände waren gefesselt, und er hatte Mühe, deshalb schoben die Wachen ihn halb nach oben. Als er auf dem Podest war, legte ihm der Henker den Strick um. Perkin sagte nicht, wer er war, doch er erklärte vor den Leuten, dass er nicht der war, für den man ihn hielt. Und am Ende seines Geständnisses bat er Gott, den König und alle anderen, die er beleidigt haben mochte, um Vergebung.«
William verstummte, weil er einen Moment brauchte, sich zu fassen. »Dann drehte er sich zum Henker und ging so demütig in den Tod, wie es von unserem Herrn Jesus gesagt wird. Ihm wurde Gnade gewährt und sein Leib nach dem Hängen nicht ausgeweidet. Er hing einfach nur da in seinem weißen Hemd und wartete geduldig auf den Tod. Die Menge beobachtete ihn und wartete mit ihm. Es dauerte eine Stunde, bis er tot war.«
Ich wandte mich ab und schluckte, weil meine Kehle so eng war, als würde ich ersticken.
»Manche in der Menge glaubten immer noch, dass er euer Bruder war, Richard of York, obgleich er keine Ähnlichkeit mehr mit ihm hatte«, murmelte William.
Stille trat ein.
»Möge Gott in seiner unendlichen Güte seiner Seele gnädig sein und ihm ewige Ruhe schenken!«, flüsterte ich und bekreuzigte mich. »Wer er auch war.«
~
Ich hatte gelernt, dass der erste Tag nach einem Tod der schwerste ist.
Man wachte mit einer klaffenden Leere in der Seele auf, die sich so grenzenlos erstreckte wie der Himmel über dem Kopf. Der Tagesanbruch ist stets düster und grau. Kirchenglocken läuten, Mönche singen, und es scheint, als weinte die ganze Welt mit. Dennoch ist man allein.
Perkin war mit vierundzwanzig Jahren gestorben, im Sommer seines Lebens. Ich wusste nicht, wer er war, aber tief in meinem Innern glaubte ich, dass er Dickon war. Dass er es leugnete, war ohne Belang. Henry hatte seinen Sohn in seiner Gewalt, und um sein Kind zu schützen, sagte Perkin, was Henry wollte, das England hören sollte. Wahrscheinlich wurde ihm dafür auch Gnade gewährt, und er wünschte, dass ihm die Pein einer Hand in seinen Eingeweiden erspart blieb, solange er noch lebte. Dickon war nie mutig gewesen und hatte Blutvergießen stets gehasst.
Ich dachte an Catherine, die um
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