Elizabeth - Tochter der Rosen
Affe und blätterte Henrys neues Erinnerungsbuch durch. Sie boten ein lustiges Bild, doch war ich viel zu ernst gestimmt, um auch nur schmunzeln zu können.
»Zwei Shilling für einen Mann, der die Krähen um Sheen verscheucht? Ist das nicht übertrieben?«, fragte Henry. Der Affe keckerte.
Henrys Schatzmeister murmelte etwas, und mein Gemahl sah sich den nächsten Posten an.
»Ein ganzes Pfund für eine Frau, die mir Kuchen gebracht hat? Unmöglich habe ich so viele gegessen. Entweder zahlt sie uns die Differenz oder backt uns mehr Kuchen.« Er unterschrieb die Seite, und sein Affe schnalzte. »Ja, du bekommst welche von denen, die sie bringt, Prinz.«
An diesem Tag fühlte sich der Klang des Namens für mich an, als würde eine alte Wunde aufgerissen, und ich rang nach Luft.
Henry schaute auf. »Meine Liebe, was verschafft mir das Vergnügen?«
»Mylord, es gibt eine Angelegenheit von gewisser Dringlichkeit, die ich mit dir besprechen möchte.«
Henrys Kämmerer packte seine Bücher zusammen und zog sich mit den übrigen Dienern zurück. Ich trat auf Henry zu und stellte mich vor ihn. »Ich fürchte um Arthur«, sagte ich.
Henry runzelte die Stirn und blickte mich unsicher an.
»Harrys Betragen erinnert mich zunehmend an meinen Onkel Clarence.«
»Wie das?«
»Ihn trieb die Eifersucht zum Hochverrat. Er starb bei dem Versuch, meinem Vater die Krone zu entreißen.«
»Harry ist noch ein Kind«, erwiderte Henry abfällig. »Wie kannst du einen Zehnjährigen mit deinem Onkel Clarence vergleichen?«
»Mein Onkel Clarence war auch einmal zehn Jahre alt.«
Nun hatte ich Henrys Aufmerksamkeit, und ich nutzte sie, ihm Harrys Verhalten detailliert zu schildern.
»Verstehe«, murmelte mein Gemahl nachdenklich, als ich endete.
Einige Wochen später sprach er das Thema in meinen Privatgemächern erneut an.
»Ich habe viel über das nachgedacht, was wir besprachen«, sagte er. Er hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt und sah mich an. »Und ich habe entschieden, dass es das Beste für Harry ist, wenn er in Derbyshire lebt, weit entfernt vom Regierungssitz. Ich habe ihm die Burg Codmore gekauft. Sie ist von großen Ländereien, Herrenhäusern und einem eigenen Wildpark umgeben. Dort soll Harry eine glänzende, wenngleich beschränkte Zukunft genießen. Überdies erwäge ich, ihn zu einem Gottesmann zu machen, wenn Arthur einen Sohn und Erbenhat. Er kann Erzbischof von Canterbury werden. Das ist ein gutes Leben und wird seine politischen Ambitionen zügeln.«
»Was ist mit Skelton? Wird er entlassen?«
»Meine Mutter versichert mir, dass es keinen Grund zur Besorgnis gibt. Er hat nichts getan, das eine solche Beschämung rechtfertigt.«
Man musste mir mein Entsetzen ansehen, denn Henry ergänzte: »Alles ist gut, Elizabeth. Sorge dich nicht!«
Doch ich sorgte mich sehr wohl, und bald hatte ich Grund, es umso mehr zu tun. Am achtundzwanzigsten August präsentierte Skelton eine kurze Abhandlung darüber, wie ein König herrschen sollte, überreichte sie jedoch nicht Arthur, sondern Harry. Skelton hatte sie in schwarzer, roter und goldener Tinte geschrieben, was ihr ein merkwürdig bedrohliches Aussehen verlieh.
»Du hast meine Bedenken abgetan, Mylord, und es vorgezogen, auf den Rat deiner Mutter zu hören. Hier nun ist der Beweis, wie begründet meine Warnung an dich war. Harry kann nur König werden, wenn Arthur stirbt – Gott bewahre!« Ich bekreuzigte mich, während mir eiskalt vor Angst wurde. »Oder mittels einer Rebellion, wie Clarence es anstrebte.«
Henrys Züge verfinsterten sich. »Skelton wird nicht bloß entlassen, sondern er soll in den Tower gesperrt werden. Ein Aufenthalt dort dürfte ihn wieder zur Vernunft bringen.«
Obwohl Skelton durch einen neuen Lehrer ersetzt wurde, peinigten mich die Gedanken daran, welchen Schaden er bereits angerichtet haben könnte. Arthur war von robuster Gesundheit. Wäre er kränklich, hätten Ferdinand und Isabella nie ihre Einwilligung zu der Hochzeit gegeben. Trotzdem glaubte Skelton, dass Harry den Thron erbte. Wie konnte das sein?
Wie?
Sosehr ich Harry liebte, fürchtete ich ihn auch. Er war fordernd, stets auf den eigenen Vorteil bedacht und zeigte grausame Züge. Im Gegensatz zu Arthur mangelte es ihm gänzlich an Mitgefühl mit dem Leid anderer. Nachts wachte ich schweißgebadet auf. Führten Schüler und Lehrer Böses im Schilde? Wusste Skelton etwas? Plante jemand, Arthur loszuwerden und Harry auf den Thron zu setzen? War ein zehnjähriges
Weitere Kostenlose Bücher