Elke, der Schlingel
meinte Frau Hormann. „Morgen früh könnt ihr die Möbel wieder
einräumen.“
„Morgen früh muß noch mal mit Öl oder
Lack oder was das in der Flasche sonst ist, übergestrichen werden“, erwiderte
Elke sachverständig.
„Wir könnten es auch so lassen, wie es
jetzt ist“, schlug Katje vor.
„Das könntet ihr wirklich“, stimmte
die Nachbarin bei. „Ihr habt eure Sache sehr gut gemacht. Ich muß mich
wundern.“
„Mal sehen!“ gab Elke zu, denn das
rechte Handgelenk tat ihr von der Anstrengung des Malens noch ziemlich weh.
Die Freundinnen gingen früh zu Bett,
und obgleich sie sich vorgenommen hatten, daß Katje noch Geschichten erzählen
sollte — sie konnte das nämlich gut —, schliefen sie schnell ein.
Am Morgen hatte Elke wieder frischen
Mut zu neuer Malarbeit. „Ach was“, fertigte sie Katjes Einspruch ab. „Der
Drogist hat gesagt, ich muß zweimal streichen. Der weiß so was. Er hat mir auch
gute Farbe gegeben, sonst wäre sie heute morgen noch nicht trocken.“
Katje ergab sich.
Frau Hormann hatte ihr gestern beim
Weggehen leise gesagt, daß sie es nicht zugeben dürfte, daß ihre Freundin so
viel arbeite. Aber wenn Elke das nun durchaus wollte? Die Hauptsache war, daß
Elke heute nicht noch mal zum Dom gehen wollte!
Diese Hoffnung Katjes sollte sich
leider nicht erfüllen.
Elke hatte ihren Fußboden fertig, und
Katje hatte drüben bei der Nachbarin Pfannkuchen gebacken, und sie hatten nun
beide eben Mittag gegessen, da fing Elke wieder von dem Hundetheater an.
„Wir wollen dann auch man bald fort!“
meinte sie.
Katje machte ein unlustiges Gesicht.
„Wir haben doch gar kein Geld, den Eintritt zu bezahlen“, wandte sie ein. „Im
Hundetheater ist es teuer!“
„Nein, ‘reingehen können wir nicht“,
gab Elke zu. „Für das Geld, das ich noch vom Drogisten übrig hab’, darf ich nur
was für deine Mutter kauf en. Aber wir brauchen ja gar nicht in die Vorstellung
‘reinzugehen, wenn wir bloß die angezogenen Hunde sehen, die draußen sitzen!“
Es nützte Katje alles nichts. Sie
mußte auch heute nachmittag mit Elke auf den Dom gehen.
Elke war ganz begeistert von den beiden
kleinen Hunden, die auf Korbstühlchen vor dem roten Plüschvorhang saßen, der
ins Innere des Hundetheaters führte.
Zu niedlich waren sie!
Der eine, der schwarze, hatte eine
rote Hose und eine goldgestickte Weste an, und auf dem Kopf saß ihm ein kleiner,
grüner Filzhut mit einer, langen Feder. Und der andere, der weiße, trug ein
grünbunt geblümtes Dirndlkleid und einen weißen, blumengeschmückten Strohhut.
Der schwarze war scheinbar schon ziemlich alt, denn er hatte eine ganz weiße
Schnauze, und er saß frei auf seinem Stuhl, während der weiße nach zwei Seiten
hin an der ,Lehne des Korbstuhls angebunden war. Er sollte es vielleicht erst
lernen, still auf einem Platz zur Schau zu sitzen. Beide Hunde zitterten ein
wenig. Es war heute häßliches, naßkaltes Wetter.
„Sie frieren, glaube ich“, sagte Elke
und war ein bißchen traurig. „Müssen sie wohl den ganzen Tag so in der Kälte
draußen sitzen?“
Katje antwortete nicht. Sie stand in
einiger Entfernung von der Freundin, und zwar so, daß man sie von nebenan, von
der Kuchenbude her, nicht sehen konnte.
Elke sprach weiter: „Der schwarze Hund
hat ja eine wollene Weste an, und auch seine Hose ist aus Wollzeug, aber der
kleine weiße hat nur ein Sommerkleid an.“
Sie beugte sich über den Strick
hinüber, welcher außenstehende Zuschauer von den ausgestellten Hunden trennte,
und versuchte, den weißen Hund zu streicheln.
Aber die Ausruferin des Hundetheaters,
eine dicke, blondgelockte Person im Pelzmantel und auf diamantenbesetzten
Stöckelschuhen, mochte wer weiß was vermuten, was Elke tun wollte. Vielleicht
war sie auch nur wütend über das unfreundliche Wetter, das geringe Einnahmen
versprach. Sie kam von der anderen Seite des hölzernen Budenvorbaues her
angelaufen und schwang eine kurze, dicke Lederpeitsche.
Ehe Elke sich’s versah, hatte sie
einen Schlag über den Arm bekommen — über denselben Arm, der noch die Spuren
der Quetschung durch den Eisenring der Schiffsbrücke trug.
Es waren in dieser frühen
Nachmittagsstunde erst wenige Besucher auf dem Dom, und Elke und Katje waren
die einzigen, die sich vor dem Hundetheater aufgestellt hatten.
Aber es hatte doch jemand gesehen, daß
die Frau zugeschlagen hatte.
Der Schmalzkuchenbäcker August
Lohmeyer von nebenan, der gerade von der anderen Straßenseite kam,
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