Elke im Seewind
alles viel natürlicher. Und schließlich haben die Wilden uns ja neulich auch furchtbar angeführt mit ihrem gräßlichen Schlickschmier, der so an uns angeklebt ist, weil wir uns alle mit Sonnenbrandkreme eingerieben hatten.“
Fräulein Brunkhorst ist durchaus der Meinung, daß die Verabreichung der Seifenwasser-Schlagsahne als Überraschung geschehen kann.
„O feinl“ erwidert Elke begeistert und fuchtelt temperamentvoll mit den Armen in der Luft herum. „Wenn wir üben, sagen wir dann bloß, daß wir die Schlagsahne erst zum Strandfest mitbringen.’
Die Lehrerin lacht. „Schadenfreude scheint noch immer die beste Freude zu sein.’
In den beiden folgenden Tagen ist die Robinsonspielschar sehr beschäftigt. Fietje hält unter dem Beistand von Lotti zunächst eine große Kleiderschau ab. Von den Kreppröckchen müssen einige ersetzt werden, weil sie zerrissen sind. Das Geld für das neue Kreppapier stellt Elke zur Verfügung, die von ihrem Vater fünf Mark geschickt bekommen hat eigens für besondere kleine Ausgaben wegen der Aufführung. Piet Robinson und sein Sohn Michael sollen bei dem Strandfest Pfeil und Bogen und umgebundene Kaninchenfelle tragen, damit man ihnen gleich ansieht, daß sie auf der einsamen Insel von der Jagd leben.
Als das alles soweit klar ist, nimmt Elke einen ganzen Haufen voll beschriebener Papierbogen vor. Die Spielschar setzt sich in einer Sandmulde um sie herum, und viele haben einen Notizblock und einen Bleistift in der Hand. Jeder soll sich aufschreiben, was für seine Rolle wichtig ist. Für Michael schreibt Katje das Nötige auf. Michael ist ja erst sieben Jahre alt und noch nicht so fix im Schreiben.
Also jetzt alle aufgepaßt — Elke fängt an zu erklären.
Aber wie das so geht, wenn Kinder unter sich sind — es ist bald ein ziemlicher Tumult im Gange, weil jeder sagt, was ihm gerade einfällt. Alle Aufforderungen, Ruhe zu geben, fruchten nichts, und Elke wird schließlich so wütend, daß sie damit droht, bei Herrn Knesebeck die ganze Vorstellung abzusagen. „Ich tu das wirklich — darauf könnt ihr euch heilig verlassen!’ sagt sie funkelnd.
Das hilft, und Elke kann ihre Vorschläge von nun ab in verhältnismäßiger Ruhe machen. Worauf es ihr hauptsächlich ankommt, ist, daß alle genau wissen sollen, was sie in Norddorf aufführen wollen.
Also erstens: Die Familie Robinson kommt ganz durchnäßt am Strand an und ist froh, daß die Rettung geglückt ist. Sie sprechen darüber und umarmen sich und gucken sich um. Aha — das scheint hier eine einsame Insel zu sein. Sie schütteln sich das Wasser aus ihren Kleidern und von den Rucksäcken und Paketen und ziehen alles aus, bis auf Strandhose und Strandhemd, die sie sich praktischer-weise gleich untergezogen haben. Robinson sieht ein Brett am Strand liegen und nimmt das und beginnt sofort, eine Burg zu bauen. Seine Frau und Michael müssen mehr Strandgut heranholen. Sie finden Bretter und Kisten und Bambusstäbe und den Holzpantoffel, der das Wahrzeichen der Burg werden soll, und natürlich haben sie sich das alles vor der Aufführung so zurechtgelegt. überhaupt — nach Norddorf müssen sie noch alles mögliche hinschleppen. Aber davon wollen sie jetzt nicht reden.
Bei dem Anlandkommen von Robinsons soll es so gemacht werden, daß alle drei vorher schon ein ganzes Stück weit weg vom Aufführungsplatz ins Wasser gehen. Dann sind die Zuschauer ganz überrascht, daß da plötzlich jemand ganz angezogen aus dem Meer herauskommt.
Zweitens: Für die Wilden muß ein Boot beschafft werden, mit dem sie zu der einsamen Insel hinkommen. Der Bademeister hier in Nebel, dessen Onkel Bademeister in Norddorf ist, hat versprochen, für die Aufführung eines zu verschaffen. Fietje und einige Wilde sollen mal zu ihm hinkommen.
Die Wilden kommen also in ihrem Boot an. Robinsons merken das zuerst gar nicht. Sie müssen deshalb alle drei in eine andere Richtung gucken. „Nicht vergessen!’ mahnt Elke. „Das ist sehr wichtig.“
Die Wilden schleichen sich heran, zeigen auf die Weißen, fletschen die Zähne und reiben sich den Magen. Sie schubsen einen gefesselten Wilden vor sich her, lagern sich und beginnen einen Freudentanz und singen — aber nicht in Wildensprache, weil die Zuschauer das sonst nicht verstehen. Sie singen: Das ist unser Häuptling Kokonusso, und wir sind seine Untertanen. Unseren besiegten Feind hier wollen wir auffressen. Hah, fressen! Oh, der soll uns schmecken! Die Wildenfrauen führen einen Freudentanz
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