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Elli gibt den Loeffel ab

Elli gibt den Loeffel ab

Titel: Elli gibt den Loeffel ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tessa Hennig
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kannte. Elli mitten in einer Verfolgungsjagd. Kintopp pur! Glücklicherweise sprach der Taxifahrer ganz passabel deutsch und stellte angesichts eines Fünfzigeuroscheines, den Doro geistesgegenwärtig sofort zur Hand hatte, keine weiteren Fragen.
    Fabrizios Wagen, ein Fiat Panda kurz vor der Rente, verließ den Parkplatz und fuhr in Richtung Ortsausgang. Irgendwie schien es dem Taxifahrer, einem kleinen, untersetzten älteren Herrn mit Schnurrbart, sogar Spaß zu machen, sich unter ihrer Regie an den Fiat zu heften. Mittlerweile war Elli davon überzeugt, dass Doro recht hatte. Fabrizio hatte irgendetwas vor ihnen zu verbergen. Selbst sein Fahrstil deutete daraufhin. Um ein Haar wäre ihm eine der Serpentinen, die sich an der Küste entlangschlängelte, zum Verhängnis geworden. Auf halber Strecke schob sich ein Sportwagen zwischen sie und den Panda. Auf diese Weise erregten sie wenigstens keinen Verdacht.
    »Irgendwie kommt mir der Weg bekannt vor.«
    Jetzt, da Doro es sagte, fiel es auch Elli auf. Das Kreuz am Wegesrand, die kleine Badebucht, die nur über steile Treppen zu erreichen war, die schroffe Felswand, in die eine Marienikone eingearbeitet war, die Zitronenplantagen. Kein Zweifel! Diesen Weg waren sie immer zur Casa Bella gefahren. Jetzt müsste jeden Moment die Abzweigung kommen, die an einem kleinen Hügel und einer Zitronenplantage vorbei direkt zu der Pension fuhren müsste. Fabrizios Wagen fuhr aber weiter, um nur wenige Minuten später doch ins Landesinnere abzubiegen. Die Taxifahrt führte zu einem Friedhof, einem ziemlich alten Friedhof, nach der verfallenen Friedhofsmauer zu urteilen.
    »Erbschaft und Friedhof, ein interessanter Zusammenhang. Findest du nicht?«, fragte sie Doro.
    Ellis Schwester war deutlich anzusehen, dass ihr Journalistenhirn bereits auf Hochtouren lief und unzählige Kombinationen durchrechnete. Offenbar versuchte sie, Fabrizios mögliche Motive wie ein Puzzle zusammenzusetzen.
    »Vielleicht liegt hier dieser Plantagenbesitzer«, mutmaßte Elli.
    »Glaub ich nicht«, erwiderte Doro und erweckte den Eindruck, als ob sie gerade mit den letzten Puzzleteilen spielte.
    Fabrizio ließ den Wagen einfach am Straßenrand stehen und verschwand schnellen Schrittes durch das Eisentor. Der Taxifahrer erfasste die Situation sofort und bog in einen kleinen Trampelpfad ein, dessen seitliche Böschung den Wagen ausreichend vor neugierigen Blicken verbergen würde.
    »Bitte warten Sie hier«, sagte Doro zu dem Taxifahrer, der ihr zunickte. »Was ist das für ein Friedhof?«, fragte sie dann.
    »Hauptsächlich Deutsche und Engländer sind hier begraben — und auch einige Reiche.«
    Elli konnte es nicht erwarten, den Friedhof zu sehen, und spürte, dass sie ganz dicht davor waren, Fabrizios Geheimnis zu lüften. Ihm diskret hinter Böschungen und auf Parallelwegen zu folgen, erforderte das Geschick eines Slalomläufers. Wohin das Auge auch sah, überall standen aufwendig gearbeitete Grabsteine, auf denen sogar die Namen von Deutschen zu lesen waren, verstorben Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. Der Taxifahrer hatte also recht. Engelsstatuen auf Portalen und sogar kleine Grabhäuser, die Elli sofort an Pere Lachaise in Paris erinnerten, säumten die begrünten und gepflegt wirkenden Wege, auf denen sie Fabrizio hinterherschlichen.
    »Er bleibt stehen.« Doro zog Elli am Arm und riss sie in die Hocke.
    Fabrizio stand vor einem eher schlichten Grab und redete wild gestikulierend auf den Grabstein ein. So etwas Skurriles hatte sie zuletzt auf einem Friedhof in New Orleans am Grab der Voodoo-Priesterin Marie Laveau erlebt, der man magische Kräfte nachsagte. Der leichte Wind und das Rascheln der Blätter machten es ihnen unmöglich, zu verstehen, was er sagte. Er lief auf und ab, wobei er unentwegt redete, und nun fiel er auch noch auf die Knie und sackte in sich zusammen.
    »Schuldig! Er fühlt sich schuldig«, diagnostizierte ihre Schwester, und wie es aussah, lag sie damit richtig.
    Mit einem Mal war der Spuk vorbei. Fabrizio bekreuzigte sich kurz und eilte zum Ausgang. Kaum außer Sichtweite, gab es kein Halten mehr. Das Grab! Darin lag vermutlich der Mann, mit dem ihre Mutter viele Jahre eine Affäre gehabt hatte.
    »Alessandro Castiglione«, las Doro die Inschrift keine Minute später vor. »Mein Gott, der ist ja erst seit zwei Wochen unter der Erde.« Um dies zu erkennen, hätte es noch nicht einmal eine Grabinschrift gebraucht. Die Erde war dunkel und flockig, das Grab war frisch bepflanzt,

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