Elli gibt den Loeffel ab
und es war eindeutig ein neuer Grabstein, auf dem nur der Name stand.
»Er war alleinstehend. Keine Familie«, schlussfolgerte Doro. Ihre Schwester musste Elli wohl angesehen haben, dass sie ihr nicht ganz folgen konnte. »Sonst würde doch Familie Castiglione auf dem Grabstein stehen.«
»Du meinst, es gibt keine Angehörigen, die etwas erben könnten?«
»Außer er hätte noch weitere Kinder.«
Alessandro Castiglione, hämmerte es in Ellis Kopf. »A. C., die Initialen«, brummelte sie vor sich hin.
»Was? Welche Initialen?«, fragte Doro irritiert.
»Mamas Teelöffel.«
»Welcher Teelöffel?«
»Sie hat ihn mir kurz vor ihrem Tod geschenkt, als Glücksbringer. Auf der Rückseite sind die Initialen A. C. eingraviert.«
»Hat sie dir gesagt, woher sie den Löffel hat?«
»Angeblich vom Flohmarkt.«
Doro lachte auf. »Sie hatte es ja wirklich faustdick hinter den Ohren, unsere liebe Frau Mama. Ich fasse es nicht.«
»Aber was will Fabrizio dann von uns? Was geht ihn das Erbe von diesem Castiglione an? Und vor allem, was haben wir damit zu tun?«
»Das, meine Liebe, werden wir herausfinden.«
Kapitel 8
In einer Stunde sollte die Fähre nach Messina ablegen. Die Schiffspassage vom italienischen Festland nach Sizilien dauerte nicht lange, doch Oskar tendierte auf Fähren dazu, förmlich auszulaufen. Gut, dass es inzwischen auch Reisetabletten für Hunde gab. Zwar musste er sich bei stärkerem Wellengang nicht mehr übergeben, aber seine Blase spielte verrückt. Wie üblich durfte der Autoreifen eines Lkws dran glauben.
Schon wieder fiel Heinz Elli ein — und ihr rostiger Käfer, den Oskar ebenfalls markiert hatte. Eigentlich fiel sie ihm ständig ein. Es gab fast nichts, was ihn nicht an Elli erinnerte. Auf der Straße von Neapel in den Süden hatte jemand neben ihm im Cockpit gefehlt. Da war eine Lücke, die selbst Oskar nicht auszufüllen im Stande war. Heinz hatte keinen Hunger mehr und fragte sich mit einem Mal, was er in Sizilien eigentlich wollte. Die Katakomben von Palermo kannte er doch schon. Sollte er allen Ernstes hinfahren, nur um sein Lieblingsrestaurant im Süden der Insel noch einmal zu besuchen?
Oskar schien es ähnlich zu ergehen. Auch er hatte kaum etwas gefressen, und immer wieder hüpfte er aus seinem weichen Hundekorb auf den Beifahrersitz, schnupperte daran und kuschelte sich in die Polster, auf denen Elli gesessen hatte. Ob der Hund sie ebenfalls vermisste? Heinz hoffte inständig, dass die Erinnerung an sie, dank all der neuen Eindrücke, die auf ihn warteten, verblassen würde. Elli hatte recht. Wir passen wirklich nicht zusammen, sagte er sich, als er die letzten Minuten vor der Abfahrt nutzte, um im Inneren seines Wohnmobils aufzuräumen. Als er dabei die Bierdose einer finnischen Marke fand, die gut ein Vierteljahr unter dem Sitz gelegen haben musste, machte ihm das nicht nur klar, dass er dabei war, zu verwahrlosen. Vielmehr erinnerte ihn die Dose schon wieder an Elli, nämlich daran, dass sie die Nase gerümpft hatte, als sie zum ersten Mal in das Wohnmobil gestiegen war.
Konnte er denn nichts mehr tun, ohne unentwegt an sie denken zu müssen? Das war ja schon fast wie ein Fluch. Neugierig lugte er unter den Beifahrersitz, doch statt der erwarteten Tüten und weiteren Dosen entdeckte er ein Lederetui. Darin waren Ellis Reisepass, verschiedene andere Dokumente, die Bescheinigung einer Auslandskrankenversicherung, Bargeld und ihr Personalausweis. Oje — sie hatte seine Handynummer nicht und umgekehrt. Ohne eine Sekunde zu überlegen, packte er Oskar zurück in seinen Korb, scherte aus der Warteschlange für die Fähre aus und nahm Kurs auf das Verkehrsschild, das den Weg auf die Autobahn nach Neapel wies. Der Gedanke, dass Elli ohne Pass und Geld dastand, war ihm schier unerträglich.
Es hatte Dorothea nur einen kurzen Anruf in der Redaktion gekostet. Ein einfacher Internetzugang hätte es auch getan, aber warum sollte sie umständliche und zeitintensive Nachforschungen anstellen, wenn sie zwei Praktikanten hatte, die für so etwas einsetzbar waren? Außerdem hätte es zu lange gedauert, wieder in die Stadt zu fahren, um dort ein Internetcafe ausfindig zu machen. Von den horrenden Taxikosten mal abgesehen. Alessandro Castiglione entpuppte sich als der Eigentümer der Casa Bella. Nun war alles klar. Deshalb war ihre Mutter also jedes Jahr dort hingefahren. Der Rabatt, den sie als alle Jahre wiederkehrende Touristen eingeräumt bekamen, hatte offenbar nichts mit ihrer Treue
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