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Elli gibt den Loeffel ab

Elli gibt den Loeffel ab

Titel: Elli gibt den Loeffel ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tessa Hennig
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gestellt hatte, noch dazu vor Doro, soweit sie sich erinnern konnte. Am liebsten hätte sie sich selbst eine Strafarbeit aufgebrummt. Etwa zehnmal untereinander »Josef war ein guter Mann« in Schönschrift ins Tagebuch schreiben. Das wäre dann aber doch ziemlich albern. Auf welch absurde Gedanken man in Katerstimmung kam.
    Wehmütig fiel ihr Blick beim Anziehen auf das schöne rote Kleid, das zum Lüften und Glätten am Fenster hmg — es war einfach umwerfend und absolut angemessen für den großartigen Abend und den edlen Rahmen. Gott sei Dank hatte es gestern nicht gelitten, zumal sie auch noch darin geschlafen hatte. Es war verdammt schön gewesen, seit langem wieder einmal groß auszugehen. Roberto wäre durchaus eine Sünde wert, und das auf ihre alten Tage. Genau dieser Gedanke verwirrte sie. Elli setzte sich aufs Bett und dachte beim ITaareföhnen darüber nach, ob er ihr tatsächlich als Mann gefiel oder ihr nur die Tatsache gutgetan hatte, dass ihr jemand so viel Aufmerksamkeit schenkte.
    Auch als die Haare bereits in Form waren, wollte ihr darauf keine schlüssige Antwort einfallen. Doro scheint sich ebenfalls für den Hotelier zu interessieren, überlegte sie, während sie das geliehene Kleid noch einmal in Form zupfte. Dabei fiel ihr Blick auf das Tagebuch. Kurzerhand griff sie nach dem Kugelschreiber, setzte sich an den kleinen Sekretär, der vor dem Fenster stand, und schrieb doch noch etwas hinein.

    Josef war ein guter Mann.

    Damit war die Strafarbeit zwar erledigt, aber ihr Gewissen wollte sich trotzdem nicht erleichtern. Kaum stand der Satz auf dem Papier, kamen ihr wieder Zweifel. Hatte sie Josef jemals leidenschaftlich geliebt? Hatte er sie leidenschaftlich geliebt? Geliebt ja, denn er hatte ihr so ziemlich alles gegeben, wobei alles durchaus relativ war. Alles umschloss gesellschaftliche Highlights, unzählige Reisen und...
    Was und? Sie hatten nie gestritten. Er war immer für sie da. Warum schrieb sie dann diesen absurden Satz in ihr Tagebuch? Mittlerweile hatte der Plastikkugelschreiber schon die ersten Einkerbungen, weil sie die ganze Zeit nervös daran herumknabberte. So konnte sie den Eintrag unmöglich stehen lassen und entschloss sich dazu, ihn mit einem Fragezeichen zu versehen, nur um sich danach noch alberner und verwirrter zu fühlen.

    Irgendwann hatte Dorothea es aufgegeben, die Briefe, die sie in der Nacht als Bettlektüre gelesen hatte, zu zählen. An Schlaf war nach den unglaublichen Eröffnungen ihrer Schwester, wenngleich im Suff, sowieso nicht zu denken gewesen. Scheinbar war der capresische Limoncello ein Wahrheitsserum. Elli hatte bestimmt nicht die leiseste Ahnung, wie tief sie sie gestern getroffen hatte. Nach außen waren Josef und ihre Schwester immer ein Vorzeigepaar gewesen. Perfekte Harmonie! Die wenigen Male, die sie sich begegnet waren, nachdem er sich für Elli entschieden hatte, waren sehr merkwürdig verlaufen. Josef hatte sie immer noch mit einem gewissen Begehren im Blick angesehen. Hätte sie doch damals nur um ihn gekämpft! Andererseits, welche Frau hätte besser zu Josef gepasst als eine Cineastin wie ihre Schwester? Waren sie und Elli wirklich schon immer wie Katz und Maus zueinander gewesen? Zumindest stand dies in einem Brief ihrer Mutter an ihre beste Freundin Charlotte.

    Wenn ich doch nur wüsste, was ich bei den beiden falsch gemacht habe. Sie streiten den ganzen Tag. Elli erträgt es nicht, dass Doro einfach alles gelingt und dass sie mit deutlich weniger Aufwand in der Schule besser ist als sie, und Doro ist nur dann glücklich, wenn sie ihre kleine Schwester necken kann. Vermutlich ist das ihre Art, Elli zu zeigen, dass sie sie doch liebhat. Vielleicht haben — wir Elli zu sehr verhätschelt. Sie war eben nicht so robust wie Doro.

    Dieser Brief hatte es wahrlich in sich. Was unter der capresischen Morgensonne so alles zutage kam. Dorothea spürte, wie ihr Mund auf einen Schlag förmlich ausgetrocknet war. Ein Glas Wasser musste her. Den ganzen Schlamm, den sie über Nacht in sich aufgesogen hatte, musste sie runterspülen. Sie setzte sich aufs Bett und starrte in sich zusammengesunken auf die Briefe, die kreuz und quer auf der Matratze verteilt lagen. Das Schreiben, nach dem sie gesucht hatte, war allerdings nicht auffindbar. Wo war nur der Brief, in dem ihre Mutter ihrer besten Freundin gestand, dass sie mit Alessandro zusammen war? Verschwunden. Stattdessen endlose Einsichten über ihre Kindheit, Reiseberichte, Briefe an Schulfreundinnen,

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