Elli gibt den Loeffel ab
charmanten Roberto sprach, hatte Dorothea schon auf dem Rückweg in der Limousine kaum noch ausgehalten. Was hatte sie ihm für schöne Augen gemacht, als er sie charmant mit einem angedeuteten Handkuss verabschiedet hatte.
»Diese Nacht. Dieser Sternenhimmel. Ich hab schon lange keinen so schönen Sternenhimmel mehr gesehen«, schwärmte ihre Schwester leicht lallend, als sie es endlich geschafft hatte, Elli in aufrechter Position auszubalancieren. Der arme Chauffeur. Er konnte ja nicht ewig mit seinem Wagen warten, auch wenn die Karosserie Elli als Stütze diente. Immerhin war ihre Schwester überraschenderweise doch noch in der Lage, aufrecht zu gehen.
»So ein schöner Abend.«
Jetzt nur nicht widersprechen. Sie war einfach zu müde, um sich über irgendetwas zu unterhalten, schon gar nicht über diesen Abend.
Aber Elli ließ nicht locker. »Meinst du, er mag mich?«
Sagte ihre Schwester das jetzt im Ernst oder um sie zu provozieren?
»Nun sag schon«, lallte Elli. Jetzt stieß sie sie auch noch kichernd in die Seite und hätte dabei fast das Gleichgewicht verloren. Die Frage musste also ernst gemeint sein.
»Er ist...« Elli verdrehte schon wieder die Augen.
»Umwerfend, charmant, galant, gutaussehend«, resümierte Dorothea, um das Ganze abzukürzen.
»Ja, ja, du sagst es«, freute sich Elli.
Dorothea verdrehte die Augen. Ihre Schwester war mehr als bettreif, und vermutlich hatte sie auch noch den Verstand verloren.
»Du willst ihn doch auch.« Nun war Elli offenbar auch noch in Stichellaune.
Natürlich wollte sie ihn nicht, aber ihre Schwester regte sie gerade so auf, dass sie nicht gedachte, ihr die Wahrheit zu sagen. Schon aus Trotz nicht. Stattdessen schenkte sie ihr ein zweideutiges Lächeln.
»Du willst ihn«, schlussfolgerte Elli. »Du kriegst ihn aber nicht.« Wieder dieses unerträgliche Kichern. Nur noch wenige Schritte bis zur Tür, dann mussten sie bloß noch durch das Treppenhaus. Dorothea nahm sich vor, ihre Schwester einfach aufs Bett fallen zu lassen. Umso demütigender, wenn sie morgens in diesem Zustand aufwachte. Angezogen in ihrem Kleid, das keine Knitterfalten abbekommen durfte, und hoffentlich mit schlimmen Kopfschmerzen.
»Ich war so dumm.«
Einsichten im Delirium? Welche Töne spuckte Elli denn da?
»Weißt du eigentlich, dass Josef mich nie in den Arsch gekniffen hat?«, kicherte sie.
»Tatsächlich?« Das Letzte, was Dorothea jetzt hören wollte, waren intime Details aus Ellis Liebesleben mit dem Mann, den sie ihr weggenommen hatte.
Ihre Schwester blieb schlagartig stehen. »Nie!« Sie schüttelte den Kopf und wirkte auf einmal traurig wie ein kleines Kind. »Ich dachte immer, er hätte mich richtig geliebt und ich ihn.«
Nun verschlug es Dorothea förmlich den Atem. Für einen Moment überlegte sie, ob sie ihre Schwester einfach auf der Treppe absetzen und zu Bett gehen sollte. Was hatte sie da eben gesagt? Dieses Miststück! Sie holte tief Luft.
»Ich hab so viel in meinem Leben verpasst. Und Roberto. Roberto... Er ist attraktiv. Ich bin doch auch nur eine Frau, verstehst du?«
Genug! Das reichte. Tür auf. Elli im Polizeigriff aufs Bett bugsieren. Mehr gab es nicht zu tun.
»Gute Nacht!«
Dorothea brauchte noch einen Moment. Musste noch einmal tief Luft holen. Fraglich, ob sie nach dem eben Gehörten überhaupt einschlafen konnte.
Es war weitaus schlimmer gekommen, als Heinz es sich in seinen kühnsten Träumen hätte ausmalen können. »Roberto... Er ist attraktiv. Ich bin doch auch nur eine Frau, verstehst du?«
Was er unfreiwillig von seinem Zimmer aus mit angehört hatte, machte ihm schlagartig klar, wie sehr er sich in Elli getäuscht hatte. Dorothea hatte recht, mit jedem Wort. Wie hatte er nur so dumm sein und sich einbilden können, dass Elli etwas für ihn empfand? Vermutlich schenkte sie dieses süße Lächeln jedem Mann, von dem sie etwas wollte. Sie war nett zu ihm gewesen, weil er sie nach einer Autopanne aufgegabelt hatte. Weiter nichts!
Elli war eine Reisebekanntschaft. Sie hatten sich einfach nur gut verstanden. Nichts Besonderes in einer aufregenden Stadt wie Florenz. Vermutlich neigten Männer, die zu lange keine Frau mehr gehabt hatten und nichts außer die Straße und die Zuneigung eines Hundes kannten, irgendwann dazu, Frauen völlig falsch einzuschätzen. Ausgerechnet ihretwegen hatte er die halbe Nacht kein Auge zugetan. Er hatte ihr die Daumen gedrückt, dass sie sich mit dem Investor einigen würde. Stattdessen hatte sie sich mit
Weitere Kostenlose Bücher