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Elli gibt den Loeffel ab

Elli gibt den Loeffel ab

Titel: Elli gibt den Loeffel ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tessa Hennig
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eine überraschend bittere Pille. Medizin, die schlecht schmeckte, sagte man nach, dass sie wirkte. Insofern war sie zugleich dankbar, dass er nun weg war, ebenso dafür, dass er bei ihrer gemeinsamen Inselerkundung in den Dauergesprächen mit Doro sein wahres Gesicht gezeigt hatte.
    All das machte es ihr leichter, ihn abzuhaken, und in gewisser Weise schien es auch zu beweisen, dass ihr Verstand noch funktionierte. Dummerweise setzte die Wirkung der Pille nicht sofort ein und hielt vor allem nicht lange vor. Sie reichte gerade für die Dauer der Taxifahrt ins Zentrum.
    Kaum war Elli in der Boutique angelangt, um das Abendkleid zurückzugeben, sah sie vor ihrem geistigen Auge Oskar vor dem Schaufenster hin- und herwuseln. Sie vermisste den kleinen Kerl. Als sie im Laden das Abendkleid aus der Tüte zog und es ordentlich auf dem Tresen drapierte, fielen ihr wieder Heinz’ bewundernde Blicke ein und dass er sie fotografiert hatte. Nun musste sie das schöne Kleid zurückgeben. Jammerschade!
    »Nochmals vielen Dank«, sagte sie auf Englisch zu der jungen Verkäuferin, die das Kleid entgegennahm.
    Doch zu ihrer großen Überraschung legte sie es gleich wieder zusammen und schob es zurück in die Tüte. »Es gehört Ihnen.«
    Wie bitte? Elli hatte sich bisher im Englischen immer für ziemlich sattelfest gehalten. Sie musste sich verhört haben.
    »Aber ich habe es nicht bezahlt.«
    »Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Es ist alles in bester Ordnung.«
    Das konnte unmöglich sein. Welche Boutique konnte es sich schon leisten, Abendkleider zu verschenken?
    »Aber... aber...«, stammelte sie.
    Die Verkäuferin grinste immer breiter. »Ich glaube, es gibt da jemanden, der Sie wirklich sehr mag.«
    Elli stutzte. Wer um alles in der Welt hatte das Kleid für sie bezahlt? Am Ende gar Doro?

    Gleich zwölf Villen hatte Kaiser Tiberius hier auf Capri erbauen lassen. Anja war völlig fasziniert von den weitläufigen antiken Gebäuden, die teilweise noch gut erhalten waren.
    »Die wenigsten Touristen wissen, dass Tiberius auf der Insel seinen Lebensabend verbracht hat.«
    »War das nicht der Kaiser, der zu Jesu Zeiten gelebt hat?«
    »Gut in der Schule aufgepasst«, lobte Paolo.
    Sie hatten inzwischen den höchsten Aussichtspunkt der auf einem grünen Hügel thronenden Anlage erreicht.
    »Manchmal erinnert er mich ein wenig an meinen Vater. Der gleiche Größenwahn. Er baut hier auch ein Hotel nach dem anderen.«
    »Dagegen ist doch nichts einzuwenden. Er ist eben ein tüchtiger Geschäftsmann.«
    »Dafür aber ein lausiger Vater.«
    »Immerhin hat er dir keine Steine in den Weg gelegt.«
    Paolo sah sie erstaunt an.
    »Na ja, du konntest immer alles machen, was du wolltest. Er hat dich bei allem unterstützt.«
    »Jetzt redest du schon wie mein Vater«, sagte er leicht beleidigt.
    »Stimmt doch. Von meiner Mutter kann ich das jedenfalls nicht behaupten.«
    »Unterstützt sie dich denn nicht?«, fragte Paolo neugierig.
    »Momentan schon, zumindest gelegentlich, aber was glaubst du, was damals los war, als ich die Lehre angefangen habe?«
    Paolo nickte. »Man kann es seinen Eltern wohl nie recht machen.«
    »Dein Vater ist sicher stolz auf dich.« Im Gegensatz zu ihr hatte Paolo immerhin eine Promotion in der Tasche, noch dazu im Bereich Touristik.
    »Von wegen! Ich passe nicht in sein Schema. Ich möchte ganz andere Hotels führen, ökologische, mit Gewinnbeteiligung für das Personal, kein Massenbetrieb«, sagte er euphorisch, als sie einen weiteren Aussichtspunkt erreichten, der steil in die Tiefe führte.
    »Na, wenigstens bist du für ihn keine komplette Enttäuschung.«
    »Wenn ich so skrupellos wäre wie er, dann sicher nicht.« Anja folgte Paolos gedankenverlorenem Blick in Richtung des Abgrunds. »Eine Legende besagt, dass Tiberius hier all jene hinunterstoßen ließ, die sich ihm widersetzt haben. Meinem Vater würde ich so etwas auch Zutrauen. Verstehst du jetzt, was ich meine?«
    Anja machte einen Schritt nach vorn und blickte in die Tiefe. Nichts als steinige Felsen und eine schroffe Brandung.
    In dem Moment klingelte Paolos Handy. »Hallo, Papa? Wir sind unterwegs... mit Anja... heute Abend?« Paolo wirkte nun komplett durch den Wind und überlegte für einen Moment. »Gut, ich werde sie fragen.«
    Vermutlich hatte sich sein Vater schon gefragt, wo er die ganze Zeit über steckte.
    »Er will dich besser kennenlernen«, sagte er verwundert.
    »Was? Das glaube ich nicht.«
    »Hast du Lust?«
    Anja zögerte. Lust

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