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Elli gibt den Loeffel ab

Elli gibt den Loeffel ab

Titel: Elli gibt den Loeffel ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tessa Hennig
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vorgestellt hätte, anstatt sie mit dieser Mischung aus Ekel und blankem Entsetzen anzustarren, wäre die Situation noch zu retten gewesen, aber diese Starre, die Barbara urplötzlich befallen hatte, war schier unerträglich.
    Die Sachlage war klar: Ein gutaussehender Mann hatte in der Regel eine gutaussehende Frau. Zwischen ihr und dieser Barbara lagen ganz offensichtlich Welten, wenn nicht gar Galaxien.
    »Möchtest du uns nicht vorstellen?«, hauchte Barbara mit honigsüßer Stimme.
    »Das ist Anja.«
    Konnte es sein, dass auf einmal eine Spur von »Das ist alles nur ein Missverständnis« in Paolos Stimme mitschwang? Schämte er sich etwa, dass er diesem Busenwunder ein deutsches Pummelchen präsentierte? Ihr abfälliges Lächeln sprach jedenfalls dafür. Die Italienerin wirkte siegessicher, und die Tatsache, dass ihre Hand sich immer noch wie ein Tentakel an Paolos Hüfte festgesaugt hatte, ließ sich nicht leugnen.
    »Una tedesca?« In Barbaras Stimme lag pure Abscheu. »Paolo!«, entrüstete sie sich verwundert.
    Das war zu viel. Der Traum entpuppte sich als Alptraum. Klar, dass sie jetzt abgeschrieben und vor allem unerwünscht war. Anja war zum Heulen zumute, aber diese Genugtuung wollte sie den dreien auf gar keinen Fall gönnen. Da war Davonlaufen eindeutig die bessere Alternative.
    »Anja, so warte doch!«, rief ihr Paolo hinterher.
    Das konnte er sich abschminken.
    »Anja, du verstehst das falsch. Ich war mal mit Barbara zusammen, aber...«
    Sie wollte einfach nichts mehr hören, schon gar kein halbherziges Aber.
    »Lass mich in Ruhe!«, brüllte sie in seine Richtung und hoffte auf ihrem Weg zur Landstraße auf ein vorbeifahrendes Taxi.
    Ein letztes Mal drehte sie sich um. Paolo lief ihr hinterher. Doch auf seine Erklärungen hatte sie keine Lust mehr. Betrogen! Nach Strich und Faden betrogen! Wie hatte sie nur so naiv sein können. Alles nur wegen dieser verdammten Pension. Bitte, lieber Gott, schick mir ein Taxi, schnell! Sie musste einen Schutzengel haben, denn das Taxi fuhr in Form eines Lieferwagens direkt auf sie zu. Der Fahrer konnte beim Anblick ihrer verweinten Gesichtszüge gar nicht anders, als sie mit zurück in die Stadt zu nehmen. Paolo erreichte die Straße zu spät. Mehr als noch einmal ihren Namen zu rufen und dem Taxi hinterherzuwinken, konnte er nicht tun.

    »Tut mir leid, Paolo. Ich wusste ja nicht...«, versuchte sich Barbara zu rechtfertigen.
    Paolo glaubte ihr und brachte es angesichts des Chaos, das sie ungewollt angerichtet hatte, sogar fertig, sie zum Abschied kurz zu umarmen, als sie am Eisentor ihres Grundstücks angelangt waren. Was für eine Farce! Barbara musste in ihrem freizügigen Outfit auf Anja wie eine Schlampe gewirkt haben. Obendrein hatte sie sich ihm völlig übertrieben an den Hals geworfen, was für Barbara typisch war und nicht notwendigerweise die große Leidenschaft bedeutete, doch für Anja musste es wie eine Kriegserklärung ausgesehen haben.
    Gerade mal zwei Monate waren sie letzten Sommer zusammen gewesen, eine Beziehung, leicht wie eine Sommerbrise. Wie sich im Nachhinein herausgestellt hatte, war die Tochter eines Hoteliers aus Rom die Wunschkandidatin seines Vaters, auch weil er mit ihrem alten Herrn seit Jahren zusammenarbeitete. Sie war vermutlich immer noch total in ihn vernarrt, und daran, dass er sich in eine Deutsche verliebt hatte, würde sie wohl noch eine Zeitlang zu knabbern haben. Immerhin war sie ehrlich genug, ihm zu gestehen, dass sein Vater sie angerufen und ihr gesagt hatte, dass sein Sohn wieder mal im Lande sei und sich auf sie freue.
    Sein Vater steckte also dahinter. Natürlich! So viel Niedertracht hätte er ihm gar nicht zugetraut, und von seinen Lügen hatte er nun endgültig die Nase voll. Paolo kochte vor Wut, als er seinen Vater im Garten suchte und ihn beim Lesen des Wirtschaftsteiles einer römischen Tageszeitung zur Rede stellte.
    »Na, wieder alles in Ordnung?«, fragte Roberto, was Paolo zur Weißglut trieb. »Ich weiß gar nicht, was du willst. Barbara war zufällig gerade in der Stadt, und es ist doch nichts dabei...«
    Die Unschuldsnummer war wirklich unfassbar. Es drehte sich alles anscheinend immer nur um seine eigenen Interessen. Was ging es seinen Vater an, mit wem er zusammen war?
    »Paolo, jetzt sei doch vernünftig. Du hast Anja nur mitgebracht, um mich zu ärgern. Das arme Ding muss ja glauben, dass du und sie...«
    Paolo wusste gar nicht, worüber er sich mehr aufregen sollte. Über die Unverschämtheiten,

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