Ellin
wirkte entspannt, ein winziges Lächeln kräuselte seine Lippen, als träumte er einen schönen Traum. Zärtlich fuhr sie mit den Fingerspitzen über seine Lippen. Das war der Mann, den sie liebte, so sehr, dass sie es kaum erwarten konnte, den Bund mit ihm zu schließen und für den Rest ihres Lebens zu ihm zu gehören. Unglaublich, wenn sie bedachte, wie alles begonnen hatte.
Ihre Gedanken wanderten zu Affra und Mathýs. Sie fragte sich, was sie davon halten würden, wenn sie wüssten, dass sie die Gefährtin eines Uthra werden wollte. Wahrscheinlich würde Mathýs den Kopf schütteln und sie mit vorwurfsvollem Schweigen strafen, während Affra sie mit einer langen Rede von diesem Vorhaben abzubringen versuchen würde.
Kylian streckte sich und öffnete die Augen.
»Du bist hier, es war kein Traum«, stellte er lächelnd fest.
»Nein, das war es nicht.«
Er zog sie zu sich hinab und küsste sie.
Ein Schatten fiel über ihr Gesicht. »He, ihr seid ja immer noch da«, rief ein Wachposten. »Die Sternennacht ist vorüber. Steht gefälligst auf und haut ab.«
Beschämt fuhren Ellin und Kylian auseinander, erhoben sich und eilten in den Palast. Kylian begleitete sie in ihre Kammer hinauf und verabschiedete sich mit einem unanständig langen Kuss. Beschwingt schloss Ellin die Tür. Sie fühlte sich so leicht wie ein Vogel, als könnte sie die Flügel spreizen und in eine goldene Zukunft fliegen. Leise vor sich hin summend wusch sie sich, zog sich um und schlenderte in den Speisesaal, wo Nuelia und Jesh bereits auf sie warteten.
»Ich grüße euch«, sagte sie. »Ist Kylian noch nicht da?«
»Nein, aber er wird sicher gleich kommen«, erwiderte Nuelia und zwinkerte ihr zu. Jesh wiederum starrte auf seinen Teller, als wolle er ihn mit seinen Blicken zerbrechen.
»Nun ist es also endlich geschehen«, flüsterte Nuelia, als Ellin Platz nahm. Ellin nickte. »Werdet ihr den Bund schließen?«, fuhr sie fort.
Wieder nickte Ellin, sagte jedoch nichts, da sie Jesh nicht kränken wollte. Seinem Verhalten nach zu urteilen, wusste er von Kylian und ihr. Er schmetterte seinen Löffel auf den Tisch, erhob sich und stapfte wütend davon.
Betreten blickte Ellin ihm nach. Nuelia schubste sie aufmunternd an. »Mach dir nichts draus. Er ist verletzt, weil du dich für meinen Bruder entschieden hast, doch er wird es überstehen.«
Ellin nickte stumm. Das schlechte Gewissen nagte an ihr und verdarb ihr den Appetit. Halbherzig knabberte sie an einer in Kräuteröl gebackenen Brotscheibe herum.
Kylian erschien nicht zum Frühstück, doch als sie später in ihrer Kammer weilte, klopfte er an die Tür und teilte ihr mit, dass die Herrscherin einen neuen Auftrag für sie hatte und sie in zwei Tagen abreisen würden. Sie wäre gerne noch eine Weile in Huanaco geblieben, vor allem jetzt, nachdem Kylian und sie endlich zueinandergefunden hatten, doch sein zufriedenes Lächeln und ein Kuss, der heiße Wellen durch ihren Körper jagte, entschädigten sie für die schlechte Nachricht. Bevor er ging, reichte er ihr ein Päckchen und lud sie zu einem gemeinsamen Nachtmahl im Palastgarten ein. Der Inhalt entpuppte sich als wunderschönes, cremefarbenes Kleid, das mit kleinen, silberweißen Muscheln verziert war.
Ellins Herz hüpfte vor Freude über das Geschenk und auf den Abend zu zweit und sie begann entsprechend früh mit den Vorbereitungen. Schon bevor die Abendröte die Nacht ankündigte, nahm sie ein langes Bad, rieb ihre Haut mit Bergblütenöl ein und kämmte ihr Haar, bis es seidig schimmerte. Nachdem sie sich angekleidet hatte, betrachtete sie sich in der Vanadiumscheibe. Das Kleid schmiegte sich an ihren Leib, als wäre es für sie gemacht und betonte ihre Rundungen auf eine fast schon anzügliche Weise. Kylian bewies einen überraschend guten Geschmack. Sie drehte sich, sodass der duftige Rock um ihre Beine schwang. Wie eine zärtliche Berührung strich der Stoff über ihre Haut, kühl und weich.
Zur Feier des Tages ließ sie ihre Haare offen und so ergossen sich die Locken über den Rücken, gehalten nur von kleinen Zöpfen, in die sie weiße Bänder geflochten hatte. Sie lächelte. Zum ersten Mal in ihrem Leben fand sie sich schön.
»Du bist wunderschön«, erklang eine Stimme hinter ihr.
Erschrocken fuhr sie herum. »Jesh! Warum kommst du einfach in die Badekammer? Hast du nicht das Band gesehen?«
»Nein, bitte verzeih. Ich wollte ein Bad nehmen, bevor wir abreisen. Wer weiß, wann ich das nächste Mal die Gelegenheit
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