Ellin
dazu habe.« Sein Blick glitt über ihren Körper. »Das Kleid ist sehr hübsch.«
Verlegen blickte Ellin an sich hinab. »Es ist viel zu schade für ein Nomadenleben.«
»Du kannst es ja tragen, wenn du den Bund mit Kylian schließt«, entgegnete Jesh. Ein verächtlicher Unterton stahl sich in seine Stimme.
Ellin sah auf. »Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht kränken.«
Er betrachtete sie schweigend. Nervös nestelte sie an dem Gürtel herum.
»Warum hast du mir nicht gleich gesagt, dass du ihn willst und nicht mich?«, fragte er schließlich. »Warum hast du zugelassen, dass ich mich zum Narren mache?«
Ellin seufzte. »Ich hätte es dir gesagt, wenn ich angenommen hätte, dass Kylian und ich tatsächlich zueinander finden. Bis zum Sternenfest sah es nicht danach aus.«
Jesh ließ die Schultern sinken. »Er ist nicht gut für dich.«
»Wieso sagst du so etwas?«
»Weil es eine Tatsache ist. Er wird dich nicht glücklich machen. Niemals.«
Ellin stemmte die Arme in die Hüften und funkelte ihn herausfordernd an. »Woher willst du das wissen?«
»Ich kenne ihn. Er mag loyal, gerecht und ein guter Kämpfer sein, doch er ist auch hartherzig und berechnend. Ihr seid zu verschieden.«
Ellin schüttelte den Kopf. »Aus dir spricht die Eifersucht, sonst nichts.«
»Es mag Eifersucht sein, doch meine Liebe zu dir ist aufrichtig, Kylians dagegen nicht.«
Sie trat einen Schritt zurück. »Wie kannst du behaupten, dass seine Gefühle nicht aufrichtig sind?«
Jesh schnaubte. »Denk doch mal nach. Du hast die Gabe, und Geldis wollte dich lehren zu sehen, damit du ihren Platz einnehmen kannst.«
»Und was willst du mir damit sagen? Dass Kylian mich nur genommen hat, um einen Ersatz für Geldis zu haben?«
»Ja.«
Ellin steckte eine vorwitzige Locke hinters Ohr. »Du vergisst, dass Geldis mich nicht mehr lehren konnte, bevor sie starb, und dass Kylian und ich den Lebensbund schließen. Wir lieben uns wie einst Butan und Nuelia!«
Jesh ballte die Hände zu Fäusten und starrte sie schweigend an. Etwas lag ihm auf der Zunge, doch er sprach es nicht aus.
»Ich weiß, du bist verletzt«, fuhr Ellin fort. »Doch ich kann das, was ich fühle, nicht ändern. Bitte versuche, Kylian und mir zu vergeben. Du weißt, wie viel mir an dir liegt.«
Ein bitteres Lachen erklang. »Anscheinend nicht genug.«
Zögerlich trat sie auf ihn zu und legte eine Hand auf seinen Arm. Er zuckte kaum merklich zurück. »Ich bitte dich aufrichtig um Vergebung und ich bitte dich darum, ein Freund zu sein. Mehr kann ich nicht tun.«
Er reagierte nicht auf ihre Bitte, betrachtete sie nur stumm.
»Warum führen wir diese Unterhaltung überhaupt?«, fuhr sie fort.
»Ich will, dass du ihn verlässt, denn er wird dich ins Unglück stürzen«, stieß Jesh hervor.
Ruckartig zog Ellin ihre Hand zurück und setzte zu einer Erwiderung an, doch Jesh ließ sie nicht zu Wort kommen. »Und ich sage das nicht aus Eifersucht.«
»Wieso glaubst du das so fest?«
Er antwortete nicht. Das Schweigen dehnte sich aus, eine unangenehme Wahrheit mit sich tragend, die danach verlangte, ausgesprochen zu werden. »Jesh? Antworte mir!«, forderte Ellin.
»Es wird dir ergehen wie Geldis einst«, sagte er schließlich. »Kylian wird dich benutzen, bis du alt und grau bist und dann wird er dich fallenlassen und durch eine Jüngere ersetzen.«
Haltsuchend wich Ellin zurück, tastete nach dem Tisch in ihrem Rücken. Eine eisige Faust umklammerte ihr Herz. »Ich verstehe nicht.«
Er folgte ihr, seine Augen blickten plötzlich hart und unbarmherzig. »Du wirst sein, was Geldis für ihn war, solange bis er deiner überdrüssig wird.«
Ellin schluckte trocken. Etwas Kaltes und Schweres sackte in ihren Bauch, machte ihre Knie weich. »Bedeutet das, Geldis und Kylian waren mehr als nur Weggefährten?«
Er nickte. »Sie haben zwar nie den Bund geschlossen, doch sie haben sich das Lager geteilt, bis Geldis alt und unansehnlich wurde.«
»Was?« Ellin war starr vor Schreck. »Sprichst du die Wahrheit?«
»Frag Nuelia. Es ist wahr.«
Tausend Gefühle und Gedanken strömten auf sie ein. Mitleid für Geldis, die mit ansehen musste, wie ihr Gefährte sich einer Jüngeren zuwandte. Enttäuschung darüber, dass Kylian dies vor ihr verheimlicht hatte. Schmerz über den begangenen Verrat, Wut darüber, dass sie sich zu einer Spielfigur hatte machen lassen und Traurigkeit über den zerplatzten Traum.
Sie wandte sich ab, versuchte, ihren Schmerz vor Jesh zu verbergen. Er
Weitere Kostenlose Bücher