Ellin
Fett, hergestellt wurde. Die gesamte Stadt summte wie ein Bienenstock und auch Ellin freute sich, trotz der erlittenen Verluste, auf das nächtliche Fest. Seit ihrer Kindheit hatte sie sich nicht mehr so frei und ausgelassen gefühlt. Die Sternenfeste auf der Felsenfestung hatte sie meist damit verbracht, dafür zu sorgen, dass Lord Wolfhard immer einen gefüllten Becher und ein Stück gebratenes Fleisch vor sich hatte. In Huanaco konnte sie zum ersten Mal wieder mit den anderen feiern. Aufgeregt betrachtete sie sich in der Vanadiumscheibe. Das bestickte Kleid stand ihr gut, auch wenn es für ihren Geschmack etwas zu weit ausgeschnitten war, und der muschelverzierte Gürtel, den sie von Nuelia bekommen hatte, wertete es um ein Vielfaches auf.
Nuelia und Ellin verzichteten auf die Hilfe einer Sklavin und frisierten einander, wobei Ellin, dank ihrer natürlichen Lockenpracht, nur ihr Haar hochstecken und einzelne Strähnen hervorzupfen musste. Nuelia dagegen weigerte sich, ihr Haar mit heißen Korbfruchtkernen zu malträtieren und ließ es glatt.
Sie trat neben Ellin und überprüfte ihr Spiegelbild. Statt fröhlich wirkte sie bedrückt und schweigsam.
»Du vermisst Butan«, stellte Ellin fest.
Nuelia nickte, Tränen standen in ihren Augen. »Und Geldis. Ich vermisse die beiden so sehr. Es gibt Augenblicke, da überlege ich ernsthaft, meinem Leben ein Ende zu setzen und Butan zu folgen. Mehr als ein Menschenleben habe ich bereits gelebt. Was will ich noch hier?«
Ellin griff nach ihrer Hand. »Du darfst nicht verzagen, Nuelia. Butan würde sicher nicht wollen, dass du so etwas tust.«
Nuelia nickte. »Ich weiß. Ich könnte es auch gar nicht tun, die Sorge um meinen Bruder hält mich davon ab.«
Sie wandte sich Ellin zu und legte die Hände auf ihre Schultern. »Sag mir, Ellin, liegt dir etwas an ihm?«
Ellin senkte den Kopf und blickte zu Boden. »Ich glaube schon.«
»Wie viel liegt dir an ihm? Glaubst du, deine Gefühle sind von Dauer?«
Ellin zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nichts über die Liebe. Aus diesem Grund kann ich nicht sagen, wie tief meine Empfindungen sind. Zudem ist es müßig darüber nachzudenken, denn wir haben keine Zukunft.«
Nuelia seufzte. »Er erwidert deine Gefühle.«
Ellin schüttelte den Kopf und löste sich von ihr. »Es fällt mir schwer, das zu glauben, er weißt mich ab und hält sich von mir fern. Wie kann er da etwas für mich empfinden?«
»Er ist nur ein Mann und ein Sturkopf noch dazu«, erklärte Nuelia. »Gib nicht so schnell auf, heute Nacht ist die beste Gelegenheit, ihn für dich zu gewinnen.«
»Ich weiß nicht, er beachtet mich doch nicht einmal. Wie soll ich da seine Aufmerksamkeit erringen?«
»Zwing ihn dazu, dich zu beachten und habe keine Scheu, er wird dich nicht abweisen, er verzehrt sich nach dir, das weiß ich.«
»Keinesfalls werde ich mich ihm an den Hals werfen«, wehrte Ellin entrüstet ab. »Ich bin doch keine Prasifrau.«
Nuelia seufzte. »Ach Ellin, du sollst dich ihm nicht plump an den Hals werfen. Verstehst du denn gar nichts von der Kunst des Verführens? Wirf ihm Blicke zu. Wer Augen hat wie du, sollte damit keine Schwierigkeiten haben.« Sie klimperte mit den Lidern, bevor sie sachte an einer Locke zupfte, die über Ellins Wange fiel. »Berühre ihn unauffällig, lächle ein wenig und spiel mit deinem Haar. Auf diese Weise raubst du Männern den Verstand.«
Ellin hob die Augenbrauen. »Nuelia, ich hätte nicht vermutet, dass du weißt, wie man weibliche Reize einsetzt. Das erstaunt mich.«
Nuelia lachte. »Es gibt noch vieles, was du nicht über mich weißt. Beherzige meinen Rat und Kylian gehört noch vor dem Ende der Nacht dir.«
»Wirklich?«
»Ich spreche die Wahrheit. Es fehlt nur ein kleiner Schubs in die richtige Richtung und er wird nachgeben.«
Ellin überlegte. »Nun gut«, sagte sie schließlich. »Ich werde es versuchen, doch wenn er mich zurückweist, wird es mein letzter Versuch gewesen sein.«
»Ein Versuch ist alles, was ich von dir verlange «, bat Nuelia. »Und jetzt lass uns zum Fest gehen, Jesh und Kylian warten sicher schon auf uns.«
Als sie die Kammer verließen, bestaunte Ellin die bunten Laternen, die überall in Nischen standen oder von der Decke hingen und die Wände des Palasts in farbiges Licht tauchten. Der Gang durch die Korridore war wie ein Spaziergang durch eine buntleuchtende Traumwelt. Neben dem Brunnen im Innenhof, an dessen Rand ebenfalls kleine Laternen brannten, warteten Jesh und
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