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Ellin

Ellin

Titel: Ellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Millman
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unsauberer wurde. Als sie mit der Tunika fertig war, zog sie ein Kleid aus ihrem Bündel und begann, einen Riss am Saum zu vernähen. Nach einer Weile spähte sie erneut über den Wurzelrand. Kylian kam wackelig auf die Beine und stützte sich an dem Baumstamm ab. Sein Blick fiel in ihre Richtung. Sofort senkte sie den Kopf, trieb die Nadel in den Stoff ihres Kleides, als hinge ihr Leben davon ab. Ihre Wangen brannten. Sie hörte, wie er nach Nuelia rief.
    Bis zum Abendmahl gelang es ihr, ihm aus dem Weg zu gehen, doch am gemeinschaftlichen Feuer konnte sie ihm nicht mehr ausweichen. Ihr fiel kein Grund ein, warum sie nicht mit den anderen speisen sollte und früher oder später musste sie ihm sowieso gegenübertreten. Gesenkten Hauptes setzte sie sich an das Feuer, so weit wie möglich von Kylian entfernt, nahm die gebratenen Erdknollenscheiben und das Wühlhornfleisch, welches ihr Jesh reichte, und begann zu essen. Sie spürte Kylians Blick, doch sie hielt den Kopf stur über die Schüssel gebeugt. Nachdem sie gegessen hatte, entschuldigte sie sich, eilte zu ihrem Fell, legte sich hin und tat, als würde sie schlafen.
    Ein Schatten fiel durch ihre geschlossenen Lider. »Ellin?«
    Widerwillig öffnete sie die Augen. Kylian. Natürlich. Aus der Nähe betrachtet sah er besorgniserregend blass aus. »Warum meidest du meine Nähe?«
    In diesem Moment wünschte sie sich, er wäre mehr wie die hohen Herren, die nie direkt aussprachen, was sie dachten, um sich und andere nicht in Verlegenheit zu bringen. Doch Kylian war kein hoher Herr, er verlangte nach einer Antwort.
    »Ich bin müde«, erwiderte sie. »Die Schwarze Leere steckt mir noch in den Knochen.«
    Sein Schweigen sagte ihr, dass er wusste, dass sie log. Trotzdem hoffte sie, dass er sie mit dieser Ausrede davonkommen lassen würde.
    »Ich wollte dir danken, ohne dich wäre ich …«, fing er an.
    »Schon gut«, unterbrach sie ihn. »Du musst mir nicht danken. Ruh dich aus, wir sprechen ein anderes Mal darüber.«
    Wieder ein kurzes Schweigen. »Wie du willst, für heute lasse ich es gut sein, doch morgen will ich den Grund für dein Verhalten erfahren.« Er wartete noch einen Augenblick, bevor er sich mit einem »Schlaf gut«, abwandte und ging.
    Ellin kniff die Augen zu und vergrub sich in dem Fell. Es dauerte lange, bis sie endlich einschlief und schon im Morgengrauen erwachte sie wieder, wagte aber nicht, aufzustehen. Sie legte sich auf den Rücken und starrte zur Baumkrone hinauf. Sonnenstrahlen blitzten durch die Blätter und kitzelten ihr Gesicht. Einerseits fürchtete sie sich vor dem Augenblick, wenn Kylian die Wahrheit entdecken würde. Andererseits wünschte sie sich, es endlich hinter sich zu haben.
    Als die anderen sich erhoben, stand auch Kylian auf, nahm sein Bündel zur Hand und stapfte zu dem Wasserlauf am Fuße des Hügels. Ellins Herz machte einen Sprung. Es war so weit. Angespannt spähte sie zwischen den Baumwurzeln hindurch und wartete. Es dauerte lange, sehr lange, bis er in das Lager zurückkehrte. Mit großen Schritten stapfte er auf Nuelia zu und zog sie zu seiner Schlafstatt. Seine Miene bestätigte Ellins schlimmsten Befürchtungen. Er sah aus, als wäre er dem Dunklen persönlich begegnet. Es folgte eine geflüsterte Auseinandersetzung, deren Wortlauf sie nicht verstand. Am Ende warf Kylian Ellin einen befremdlichen Blick zu, setzte sich dann mit versteinerter Miene auf seine Schlafstatt und starrte in die Ferne. Wie aus Stein gemeißelt saß er da, Stunde um Stunde, bis die Sonnen der Dunkelheit wichen und sein Gesicht im nächtlichen Schatten verschwand. Er aß nichts und trank nichts, saß nur da und starrte. Niemand wagte, ihn anzusprechen, selbst die spitzzüngige Bela machte einen großen Bogen um ihn.
    Ellin erschrak, als Nuelia zu ihr trat und sich neben sie auf die Wiese setzte. »Er hat es herausgefunden«, begann sie.
    Ellin seufzte. »Wie trägt er es?«
    Unsicher rupfte Nuelia Grashalme aus dem Boden. »Es hat ihn hart getroffen. Der Verlust seiner Freiheit und Jalos Tod waren schon ein Schock, doch der Verlust seiner Zeichnung erschüttert die Grundfesten seines Seins.« Sie richtete ihren Blick auf Ellin. »Was bleibt ihm jetzt noch? Er ist ein Unfreier, recht − und heimatlos und nun hat ihn auch noch Mabon verlassen.«
    »Glaubst du, dass er sich eines Tages davon erholen wird?«
    Nuelia zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Wenn es ihm überhaupt je gelingen wird, so wird es zumindest eine ganze Weile

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