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Ellin

Ellin

Titel: Ellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Millman
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Leibeigener auf der Flucht und wirst zum Gejagten. Warte bis zu Nosaras Bestattung. Ich bin mir sicher, dass Fortas dir die Freiheit gewähren wird.«
    Fluchend schüttelte Kylian ihre Hand ab und trat gegen einen abgebrochenen Ast. »Ich darf keine Zeit verlieren.«
    »Bruder«, sagte Jesh. »Nur noch die Abenddämmerung trennt dich von der Freiheit.«
    »Was, wenn Fortas sich weigert, mir die Freiheit zu schenken?«, zischte Kylian.
    »Dann kannst du immer noch fliehen«, entgegnete Jesh. »Tu nichts Unbedachtes. Nicht jetzt, wo deine Freilassung zum Greifen nah ist.«
    Kylian verschränkte die Arme hinter dem Kopf und stapfte wütend auf der Lichtung herum. Sein linkes Auge zuckte. Nur mit größter Mühe gelang es ihm, seine Impulse zu unterdrücken und einen vernünftigen Gedanken zu fassen.
    »Könnt ihr vorausreiten?«, fragte er schließlich.
    »Wir stehen noch immer in Fortas’ Dienst«, erwiderte Nuelia.
    »Dann fragt euren Hauptmann, ob ihr Huanaco für eine Weile verlassen dürft.«
    Nuelia schnaubte. »Wie stellst du dir das vor? Selbst wenn uns der Heerführer ziehen lässt, was sollen wir tun, wenn wir die Felsenfestung erreichen? Wir können sie wohl kaum im Alleingang stürmen.«
    Ungeduldig wedelte Kylian mit der Hand. »Was weiß ich. Tut meinetwegen so, als würdet ihr verhandeln wollen, bietet Lord Wolfhard Reichtümer, Land, irgendwas, was ihn davon abhält, sie umzubringen. Sobald ich meine Freiheit erlangt habe, folge ich euch.«
    »Wir werden es versuchen, doch erhoffe dir nicht zu viel«, erwiderte Nuelia. »Vielleicht …«, sie zögerte.
    »Was?«, fragte Kylian unwirsch.
    »Vielleicht ist es an der Zeit, sie loszulassen. Sieh es ein, du kannst sie nicht retten. Ihr Schicksal liegt nicht länger in deiner Hand.«
    Fassungslos starrte Kylian seine Schwester an. »Wie kannst du das sagen? Zahllose Sternenläufe habe ich damit verbracht, mich selbst zu bemitleiden und alles und jeden zu hassen. Ellin schenkte mir Hoffnung. Sie hat mich befreit. Ich werde sie retten, das bin ich ihr schuldig. Und jetzt geht mir aus den Augen. Tut, was ihr für richtig haltet, ich folge meinem eigenen Weg.«
    »Bruder …«, setzte Nuelia an, doch Kylian hob die Hand und gebot ihr zu schweigen.
    »Spar dir deine Worte. Du kannst meine Meinung nicht ändern.«
    Jesh umfasste Nuelias Arm. »Komm, lass uns gehen.«
    Sie zögerte kurz, nickte dann und folgte ihm. Kylian wartete, bis sie die Lichtung verlassen hatten, nahm das Wams mit dem vecktanischen Wappen zur Hand und betrachtete es. Sein Körper bebte vor Wut und unbändigem Hass auf den Herrn von Veckta. Ihm die Kehle durchzuschneiden wäre noch viel zu milde für dieses Scheusal. Mit einem zornigen Schrei schleuderte er das Wams von sich, bestieg sein Pferd und preschte in den Palast zurück.
    Nosaras Einäscherung fand in der Festarena statt. Fortas’ Soldaten hatten sich rund um die Arena platziert und wachten über die zahllosen Menschen, die sich eingefunden hatten, um der Zeremonie beizuwohnen. Die Menge verharrte in angespanntem Schweigen. Fortas Miene war unbeweglich und kalt, durch nichts ließ er erkennen, wie es in seinem Inneren aussah. Kylian war sich sicher, dass er schrecklich nervös sein musste. Der Herrscher erhob sich, ließ seinen Blick über die Festarena schweifen und wartete geduldig, bis auch das letzte Wispern verklungen war. Dann begann er mit seiner Rede. Er sprach von einem geeinten Reich und einer goldenen Zukunft, bevor er Bela zur Hofherrin von Huanaco ernannte, wo sie in seinem Namen regieren und Recht sprechen würde. Er selbst würde nach Kismahelia zurückkehren. Zum Zeichen seiner Großzügigkeit und seines Edelmuts sicherte er jedem, der ihm offiziell die Treue schwor, eine Belohnung, gemessen an seinem Stand und seinen Vermögensverhältnissen zu. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer unter den Anwesenden. Stürmischer Beifall brandete auf und Hochrufe auf den neuen Herrscher, der sich so freundlich und großzügig zeigte.
    Der Seelenhüter trat vor, kaum dass Fortas seine Rede beendet hatte, breitete die Arme aus und sprach ein Gebet. Auf ein unsichtbares Kommando hin wurden die Scheite unter dem hölzernen Altar, auf dem Nosara aufgebahrt war, entzündet. Der Seelenhüter streckte die Arme vor und legte die Handflächen ineinander, als würde er Wasser schöpfen. »Wir halten die Seele der göttlichen Herrscherin in unserer Hand«, rief er.
    Die Menschen in der Arena ahmten die Geste nach. Als Nächstes

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