Ellin
den Öffnungen. Der Gestank drang bis zu Geldis vor. Sie schlug die Hand vor Mund und Nase und versuchte, den Würgereiz zu unterdrücken.
Kylian erbrach sich und schlug dann tapfer weiter auf den Blütenkelch ein, hieb Stück um Stück aus der schillernden Wand. Das tiefe, brummende Vibrieren wurde stärker und begann, in den Ohren zu schmerzen. Geldis flehte die Götter um Beistand an, während Kylian wie von Sinnen auf die Talanis einschlug. Plötzlich rutschte sein Fuß in einen hervorbrechenden Spalt. Er stürzte, zerrte sich wieder auf die Füße und hieb, wilde Flüche ausstoßend, weiter auf die Blume ein, bis sich die gesamte Flüssigkeit aus dem Inneren des Kelches nach draußen ergossen hatte. Unschlüssig stand er da und sah zu Geldis hin.
»Fass hinein und zieh sie raus«, rief Geldis und eilte zu ihm.
Kylian tat wie geheißen. Das Gesicht vom Blütenkelch abgewendet tastete er im Inneren herum. Der Verwesungsgestank war unerträglich. Kurz darauf zog er etwas heraus und schleuderte es angewidert von sich. Der schleimbedeckte Schädel landete ein paar Doppelschritte entfernt in einem Spalt. Als Nächstes hielt er einen Oberschenkelknochen in den Händen und schmetterte ihn wütend gegen die Talanis. »Such weiter, schnell«, drängte Geldis.
Endlich zog er einen Fuß aus dem Spalt, gefolgt von einem Bein. Jesh eilte herbei und half bei der Befreiung. Geldis befürchtete das Schlimmste, als sie Ellin schließlich durch den Schlitz nach draußen zerrten. Sie war über und über mit dem Verdauungssaft besudelt. Aufgeregt tastete sie nach ihrem Puls. Das Mädchen lebte. Kylian riss den Ärmel seiner Tunika ab und befreite ihr Gesicht von der stinkenden Flüssigkeit.
Ellin riss die Augen auf, würgte und erbrach sich. Panisch blickte sie um sich. »Was ist das? Was ist geschehen?«
»Wir sind in ein Talanisfeld geraten und ihrem dämonischen Duft erlegen«, erklärte Geldis.
Erneut würgte Ellin, erbrach sich aber nicht. Stattdessen begann sie, zu zappeln und zu jammern. »Befreit mich von diesem Zeug, es brennt«, schrie sie.
Kylian nahm sie auf die Arme und trug sie an den Rand des Feldes. Geldis folgte ihm humpelnd. Der Boden unter ihren Füßen gab nach, sie stolperte und stürzte. Kylian sprang über einen sich plötzlich auftuenden Spalt und wich geschickt den zuckenden Blumen aus. Bei den Pferden hielt er inne und blickte zurück. »Macht schnell. Das Feld stürzt in sich zusammen.«
Geldis winkte ab. »Geh. Bring Ellin zum Wasserfall in den Bergen. Wir kommen nach.«
Kylian nickte, warf die zappelnde Ellin auf Jalos Rücken und stieg hinter ihr auf. Jesh und Nuelia stolperten hustend zwischen dem dichter werdenden Qualm herum. Jesh rutschte so plötzlich in einen Spalt, als hätte ihn die Erde verschluckt. Sofort sprang Kylian vom Pferd und rannte zu der Stelle, wo Jesh im Boden verschwunden war. Er steckte in der Erde und krallte sich verzweifelt in den bröselnden Rand, um nicht noch weiter abzurutschen. Schon wickelten sich kleine Schlingen um seine Fußgelenke und zerrten ihn hinab. Nuelia zückte ihren Dolch, schob sich über den Rand und versuchte, die Schlingen zu durchtrennen. Kylian griff nach Jeshs Armen und zog. Der Qualm wurde immer dichter, beißend drang er in ihre Lungen, raubte den Atem und ließ sie husten. Mit vor Anstrengung verzerrtem Gesicht schob Jesh ein Bein über den Rand.
»Verflucht, beeil dich!«, blaffte er Nuelia an, die fieberhaft die Schlingen an seinem anderen Bein durchtrennte. Endlich war es geschafft. Mit Kylians Hilfe zog er sich nach oben. Hustend und würgend kniete er auf dem Boden. Kylian und Nuelia fassten ihn unter den Armen und zerrten ihn fort. Geldis folgte ihnen torkelnd. Keine Sekunde zu früh erreichten sie den Rand des Feldes, denn schon brach das gesamte Erdreich weg, stürzte in sich zusammen, als wäre darunter nichts gewesen als ein riesiger, luftleerer Raum. Zurück blieb ein Krater, auf dessen Grund die stinkenden Talanisblumen glimmten. In ihrer Mitte die zerfetzte Königin. Keuchend starrten sie in die Tiefe. Erst Ellins Schreie rissen sie aus ihrer Fassungslosigkeit. Mit wenigen Schritten war Kylian bei Jalo und sprang auf seinen Rücken. »Ich reite voraus«, er deutete an den Kraterrand. »Nehmt den Karren dort mit. Wir treffen uns an der Quelle des Huanaco Flusses.«
»Lass mich mit ihr vorausreiten«, bot Jesh an.
»Ich bin auf Jalo schneller als du«, entgegnete Kylian, gab dem Hengst die Sporen und galoppierte davon.
Wie
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