Ellin
Verletzung war Ellin jedoch egal, alles, was sie spürte, waren seine Hände auf ihrer Haut und die Röte, die in ihre Wangen schoss. Seine Berührung erschien ihr plötzlich in einem völlig anderen Licht.
Wesentlich länger als nötig verweilten seine Hände an ihrer Wade, bis er schließlich abrupt aufstand und Richtung Wasserbecken strebte.
»Was habt Ihr vor?«, fragte Ellin.
»Meine Haut brennt. Ich muss mich waschen.« Mit diesen Worten streifte er das Hemd ab, stieg in das Becken und durchquerte es, bis er zu dem Wasserfall gelangte.
Verstohlen betrachtete Ellin seinen muskulösen Körper, die verschlungenen Linien auf seiner Haut, das schwarze Haar. Erst als er sich in ihre Richtung drehte, blickte sie weg und tat, als würde sie etwas aus dem Boden zupfen.
»Schließt Eure Augen, ich komme raus«, bat er.
Ellin kniff die Augen zusammen. Ihr Herz pochte. Kylian zog ein Schlaffell aus der Satteltasche und wickelte sich darin ein. Anschließend setzte er sich neben sie, verrupfte einen Gerstfladen, spießte die Stücke auf einen Stock und röstete sie über dem Feuer. Ellins Blick fiel auf seine Beine und auf die Linien auf seiner Haut. Zum ersten Mal konnte sie sie aus der Nähe betrachten.
»Habt ihr das von Geburt an?«, fragte sie.
Er nickte. »Es ist das Zeichen unserer Abstammung.«
»Es ist schön.«
Er grinste. »Das hat noch niemand zu mir gesagt. Findet Ihr das wirklich?«
»Ja, es macht Euch zu etwas Besonderem.« Neugierig streckte sie die Hand aus und berührte die Innenseite seiner Schenkel. Die Zeichnung fühlte sich wärmer an als die restliche Haut. Mit den Fingerspitzen folgte sie dem verschlungenen Verlauf, bis Kylian seine Hand um ihre Knöchel legte und sie stoppte.
»Entschuldigt. Ist Euch das unangenehm?«
Er blickte sie eindringlich an. Flammen spiegelten sich in seinen Augen und etwas, dass sie als Begierde erkannte. Bei Lord Wolfhard hatte sie dieser Blick angewidert. Bei Kylian genoss sie ihn, wollte mehr davon. Seine Aura pulsierte aufgeregt.
»Ist Euch vorhin nicht klargeworden, dass ich ein Mann bin, Ellin?« Seine Stimme klang belegt.
Sie lächelte unsicher. »Ja und?«
»Es mag Euch vielleicht überraschen, doch ich habe die Bedürfnisse eines ganz normalen Mannes und die Berührung einer schönen Frau erweckt diese.«
Schamröte schoss in ihr Gesicht, als sie verstand. Doch unter der Scham regte sich noch ein anderes Gefühl: Triumph. Ihm verlangte nach ihr, genauso wie ihr nach ihm verlangte. Dieses Wissen ließ sie innerlich jubeln.
»Ist schon gut, es muss Euch nicht unangenehm sein«, sagte er. »Es ist nur lange her, seit ich … bei einer Frau gelegen habe, also verzeiht, wenn ich Euch bitte, mich nicht derart zu berühren. Ich möchte Euch nicht in Verlegenheit bringen.«
Er zupfte ein geröstetes Fladenstück von dem Stock und reichte es ihr. »Hier esst, Ihr habt sicher Hunger.«
Oh ja, sie hatte Hunger, doch nicht auf Gerstfladen. Und wenn er schon lange nicht mehr bei einer Frau gelegen hatte, dann konnte das nur bedeuten, dass er nicht mit Yasu das Lager geteilt hatte. Natürlich bestand die Möglichkeit, dass er log. Doch warum sollte er das tun? Er wusste ja nicht, dass sie Yasu begegnet war. Plötzlich drängte es sie danach, noch einmal von ihm geküsst zu werden, seine Lippen auf den ihren zu spüren, seine Zunge in ihrem Mund. Immerhin zählte sie siebzehn Sternenläufe, ein Alter, indem die meisten Frauen schon längst den Bund geschlossen hatten. Nie zuvor war sie geküsst worden, sie hatte es auch nie gewollt, doch jetzt wollte sie es, sehr sogar. Verstohlen betrachtete sie sein altersloses Gesicht, die gekrümmte Nase, die grünen Augen, das kräftige Kinn und die schmalen Lippen, über die sich eine feine Narbe zog. Spuren eines Kampfes, den er beinahe verloren hätte und der ihn zu dem gemacht hat, der er heute war. Den Geschmack des Gerstfladens nahm sie kaum wahr, so sehr war sie von der Bewegung seiner Lippen gefangen.
»Wollt Ihr etwas trinken?«, fragte er.
»Was?«
»Habt Ihr Durst?«
»Äh, ja.«
Er erhob sich, löste den Wasserschlauch vom Sattel und reichte ihn ihr. Sie trank mit großen Schlucken und reichte ihn dann an Kylian weiter. Nachdem auch er getrunken hatte, befühlte er seine Kleidung. »Sie ist fast trocken«, stellte er fest. »Darf ich Euch eine Frage stellen?«
Sie nickte träge. »Natürlich.«
»Könnt Ihr auch meine Aura sehen?«
»Natürlich, wenn ich mich darauf konzentriere.«
Er zögerte, als
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